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Gespräch mit Seelsorger: Wut und schlechtes Gewissen bei Schlecker-Frauen

Gespräch mit Seelsorger

Wut und schlechtes Gewissen bei Schlecker-Frauen

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    Zeit der Ungewissheit für die Schlecker-Beschäftigten. Nach zahlreichen Demonstrationen suchen Mitarbeiter Hilfe bei Seelsorgern. Foto: Markus Scholz/ Archiv dpa
    Zeit der Ungewissheit für die Schlecker-Beschäftigten. Nach zahlreichen Demonstrationen suchen Mitarbeiter Hilfe bei Seelsorgern. Foto: Markus Scholz/ Archiv dpa

    Der katholische Betriebs-Seelsorger Alfons Forster ist seit der Insolvenz der Drogeriekette Schlecker mit rund 50 Mitarbeiterinnen aus Ehingen, Ulm und Biberach in Gesprächen. Bei vielen komme der Ärger jetzt erst richtig auf. Andere plagten Gewissensbisse, warum es gerade sie nicht getroffen hätte, sagte Forster im Interview. Einige wiederum schafften den Blick nach vorn - nach

    Wann sind die Schlecker-Mitarbeiterinnen zu Ihnen gekommen?

    Forster: "Im Zuge der Insolvenz habe ich ganz stark von mir aus den Kontakt aufgenommen. Ich habe Besuche in Filialen gemacht. Ich bin da mit Mehreren intensiver im Gespräch, auch weiterhin. Ich begleite sie teilweise bei den Fragen um die Arbeitsagentur und das Jobcenter. Wir versuchen, gemeinsam zu überlegen, wie was weitergehen könnte. Das sind ja mehrere Schockwellen in kürzester Zeit gewesen. Es zeigt sich, dass sie sehr unterschiedlich damit umgehen. Manche sind völlig verstört und fühlen sich vor den Kopf gestoßen, und andere sind schon relativ nach vorn orientiert. Also ganz unterschiedlich, wie Menschen so sind."

    Womit haben die Frauen am meisten Probleme?

    Forster: "Ich sehe nach wie vor eine große Unsicherheit. Manche haben das schlechte Gefühl: "Warum bin ich jetzt noch drin und die anderen nicht?" Damit haben schon einige deutlich zu kämpfen, gerade wenn man jahrelang zusammengearbeitet hat. Bei den anderen Frauen nehme ich wahr, dass die Akzeptanz der Entscheidung, gekündigt worden zu sein, teilweise ganz schwer ist. Andere sind so, dass sie einen Schlussstrich ziehen. Und etliche sind sehr wütend, weil sie sich fragen, wie läuft es jetzt mit der Arbeitsagentur, mit dem Jobcenter. Es gibt auch viele Teilzeitkräfte, die jetzt aufstocken müssen. Der konkrete Ärger, der kommt bei manchen jetzt erst noch mal richtig."

    Was sagen Sie diesen Frauen? Wie können Sie helfen?

    Forster: "Für mich ist es wichtig, in Kontakt zu sein und das Signal zu geben, ihr könnt zu mir kommen. Ich kann nicht alle über einen Kamm scheren und sagen, schaut nach vorne. Ich schaue, was ich der Person mitgeben kann in die Zukunft. Ich sage, wo ich sie als stark, kompetent und kraftvoll erlebe. Diese Frauen sind alles andere als kraftlos. Sie sind ja durch ihre Situation in den Filialen sehr kompetent. Sie mussten mit vielen Situationen klarkommen: Vom Betrieb her, schlechte Lieferungen, schlechter Umgang mit Mitarbeitern in vielen Bereichen. Aber auch von der Kundschaft her; sie waren in ihren Filialen teilweise ein sozialer Treffpunkt für viele Menschen. Das heißt, sie haben sich eine große soziale Kompetenz angeeignet. Sie bringen Erfahrungen mit, die sie hoffentlich an anderer Stelle einbringen können." dpa

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