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Gesicht der Finanzkrise: Trauriger Jahrestag: Adolf Merckle nahm sich das Leben

Gesicht der Finanzkrise

Trauriger Jahrestag: Adolf Merckle nahm sich das Leben

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    Adolf Merckle
    Adolf Merckle Foto: Roland Furthmair

    Er galt als einer der reichsten Männer Deutschlands - er gab der Finanzkrise auf tragische Weise ein Gesicht: Der schwäbische Firmenpatriarch Adolf Merckle verspekulierte sich an der Börse und führte sein Imperium mit 100.000 Mitarbeitern an den Rand des Zusammenbruchs. Weil er dies nicht verkraften konnte, beging er am 5. Januar 2009 Selbstmord.

    Ein Jahr danach geht der Verkauf von Ratiopharm - Perle in Merckles Imperium - auf die Zielgerade. Das Rennen um die deutsche Nummer zwei auf dem Markt für Nachahmer-Medikamente dürfte eher ein Unternehmen aus der Branche als ein Finanzinvestor machen. Der Verkauf soll noch in den ersten Monaten dieses Jahres über die Bühne gehen.

    Merckle sammelte Unternehmen wie andere Leute Briefmarken. Sein Firmenkonglomerat basierte vor allem auf dem Geschäftsmodell, Gewinne zu verlagern und Steuern zu sparen: "Mir ist fremd, etwas aufzugeben", lautete sein Lebensmotto.

    Sein Sohn, Philipp Daniel Merckle, sagte in einem Interview: Das Reich, das sein Vater aufgebaut hatte, war ein "unüberschaubares Konzerngeflecht" und die "Verschachtelung hatte durchaus Prinzip".

    Wenn die Wirtschaft um ihn herum in der Krise steckte, nutzte Merckle die Gunst der Stunde und baute sein Imperium durch Zukäufe weiter aus.

    Doch in der Finanzkrise wollten die mehr als 30 Gläubigerbanken Merckle schließlich nur noch einen Kredit gewähren, wenn er sich von einigen Firmenteilen trennt - darunter auch das Herzstück Ratiopharm.

    Merckle unterzeichnete nach zähen Verhandlungen eine Kreditstundung. Aber die Ohnmacht, nicht mehr die Kontrolle über sein Firmengeflecht zu haben, war größer als die Hoffnung auf Rettung. Adolf Merckle wurde unweit seines Heimatortes Blaubeuren von einem Zug erfasst.

    Der Freitod des "Paten aus Blaubeuren" war plötzlich das Sinnbild der Finanzkrise.

    Der älteste Merckle-Sohn Ludwig ist Alleinerbe. Er kam bei der Entschuldung schneller voran, als es viele für möglich gehalten hatten. Die Finanzverbindlichkeiten liegen, so wird angenommen, mittlerweile bei deutlich unter drei Milliarden Euro. Zum Höhepunkt der Finanzschwierigkeiten der Dachgesellschaften VEM und Spohn Cement hatten sich Schulden in Höhe von rund fünf Milliarden Euro angehäuft.

    Vor allem mit dem Abbau der Beteiligung am hoch verschuldeten Baustoffhersteller HeidelbergCement von knapp 80 Prozent auf rund 25 Prozent verschaffte sich Merckle größeren finanziellen Spielraum.

    Derweil lichten sich die Reihen der Interessenten für Ratiopharm: Mehrere Beteiligungsfirmen sind aus dem Rennen bereits ausgeschieden. Auch die amerikanische Investmentbank Goldman Sachs, die zusammen mit einem Finanzinvestor ein Gebot abgegeben hatte, ist offenbar nicht mehr im Boot.

    Als Finanzinvestor war zuletzt lediglich noch die schwedische Beteiligungsfirma EQT dabei. Aus dem Umfeld eines gescheiterten Bieters war zu hören, dass der Blick in die Bücher das Mindestgebot von 2,3 Milliarden Euro zum Erreichen der nächsten Bieterrunde nicht gerechtfertigt habe.

    Unter den strategischen Investoren aus der Pharmabranche werden neben dem weltgrößten Generikahersteller Teva Pharmaceuticals aus Israel der französische Pharmakonzern Sanofi- Aventis, der US-Generikahersteller Mylan und vereinzelt auch Pfizer genannt.

    Ludwig Merckle ist zuversichtlich, bald wieder volle Handlungsfreiheit im überschuldeten Imperium zu haben. Die Tilgung und Refinanzierung der Schulden komme gut voran. Klar sei, dass es die alte Merckle-Gruppe in dieser Form nicht mehr geben wird. "Mein Ziel ist es, möglichst viel von dem zu erhalten, was mein Vater aufgebaut hat", sagte

    Gute Nachrichten gibt es auch vom Pistenbully-Hersteller Kässbohrer, der ebenfalls zum Merckle-Reich gehört. Er hat im Geschäftsjahr 2008/09 einen Rekordumsatz erzielt. Die Erlöse seien auf mehr als 190 Millionen Euro gestiegen, sagte Vorstandssprecher Jens Rottmair. (dpa)

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