Ein junger Mann steht in der Küche, vor ihm auf der Arbeitsfläche leuchtet etwas auf, das aussieht wie das Display eines Tablets. Er wischt nach links und schaut sich ein Rezept näher an. Doch das, was da leuchtet, ist kein Mini-Computer, es ist eine Projektion direkt auf die Arbeitsplatte.
Sie lässt sich steuern wie jedes Smartphone oder eben Tablet, sie ist mit dem Internet verbunden und der junge Koch muss nicht fürchten, auf ihr Wasser- oder Fettspritzer zu hinterlassen. Das System dahinter nennt sich Pai und wurde vom Hausgerätehersteller BSH entwickelt. Eines von vielen Zukunftsprojekten, an dem die Bosch-Tochter momentan arbeitet.
BSH in Dillingen wird Vorreiterwerk für Industrie 4.0
Normalerweise fertigt das Unternehmen in 42 Werken weltweit Kühlschränke, Geschirrspüler, Waschmaschinen, Staubsauger, Kaffeemaschinen oder Backöfen. Die Marken Bosch, Siemens, Neff und Gaggenau zählen zum Portfolio. Doch in jüngster Zeit befasst sich das Unternehmen auch damit, wie diese Geräte intelligenter werden. Hardeware+ nennt sich diese Strategie. „Wir wollen innovative Haushaltsgeräte herstellen, die die Lebensqualität der Kunden verbessern“, beschreibt sie der Vorstandsvorsitzende Karsten Ottenberg. Deshalb soll nach und nach in alle Geräte der sogenannte System-Master eingebaut werden, eine Art Festplatte und gleichzeitig das Gehirn der Maschine, beschreibt es Silke Maurer, die im Vorstand für das operative Geschäft zuständig ist. Alle Geräte lassen sich dann wiederum über eine Plattform aus dem Hause BSH auf dem Smartphone oder Tablet steuern.
Vorreiter bei dieser Umstellung ist das Geschirrspülerwerk in Dillingen. Etwa 2500 Menschen arbeiten an dem Standort, der „brummt“, wie Maurer sagt. Dort laufe momentan die alte Produktlinie aus und die neue – intelligente – an. Eine große Umstellung, sagt sie. In Dillingen will BSH ausprobieren, was es heißt, Industrie 4.0 umzusetzen. Arbeitsplätze seien durch die Umstellung nicht bedroht, sagt sie. „Die Aufgaben werden andere werden, aber wir schulen unsere Mitarbeiter um“, sagt sie.
Umsatz von BSH ist um 3,2 Prozent zurückgegangen
Wie ernst dem Konzern dieser Schritt in Richtung der Digitalisierung ist, lässt sich auch daran ablesen, dass er sich nach und nach von sämtlichen Kleingeräten im Portfolio trennt. Schon im vergangenen Jahr ist die Bügel-Sparte verkauft worden. Bis 2020 sollen Produkte wie Föhne oder Lockenstäbe folgen. Stattdessen wolle sich BSH auf drei Bereiche konzentrieren: Putzen, Küchen und Getränke. Diese Fokussierung, wie Ottenberg es nennt, schlägt sich auch in den Geschäftszahlen nieder.
Acht Jahre lang ging es für den Hausgerätehersteller nur bergauf – bis 2018. Vergangenes Jahr machte das Unternehmen zwar einen Umsatz von 13,4 Milliarden Euro – der zweithöchste in der Unternehmensgeschichte –, das sind allerdings 3,2 Prozent weniger als im Vorjahr. Und auch dieses Jahr sieht es nicht rosig aus. BSH ist international tätig und damit auch vom weltweiten Einbrechen der Konjunktur betroffen.
Eine genaue Prognose für 2019 wolle Ottenberg nicht abgeben. „Ich weiß es einfach nicht“, sagt er. In China, der zweitgrößte Absatzmarkt für BSH, sei die Kauflaune eingebrochen. Die wirtschaftliche Lage in der Türkei und Russland sei weiterhin instabil. Und auch in Deutschland – dem wichtigsten Absatzmarkt für das Unternehmen – sieht die Lage nicht besser aus: Der Markt in Deutschland hat sich vergangenes Jahr leicht negativ entwickelt. Er ist um zwei Prozent zurückgegangen. Das ist schon ungewöhnlich für ein Land, in dem Vollbeschäftigung herrscht“, sagte Marketingvorstand Matthias Ginthum.
In China bringt BSH einen intelligenten Kühlschrank auf den Markt
Dennoch hält BSH an dem Ziel fest bis 2025 die 20-Milliarden-Euro-Umsatzmarke zu knacken. Und noch etwas möchten die Münchner: Möglichst viele Geräte intelligenter machen. Momentan habe man etwa drei Millionen dieser Geräte verkauft. Die Zahl soll sich jedes Jahr verdoppeln.
Bislang registriert sich etwa jeder dritte Besitzer eines intelligenten Geräts auch im Netz. Ihm sagt dann zum Beispiel der Geschirrspüler, wann die Tabs leer sind. In anderen Ländern – zum Beispiel China – sei die Nachfrage nach solchen Angeboten wesentlich höher und die Skepsis wesentlich geringer als in Deutschland. Deshalb hat BSH dort nun einen Kühlschrank auf den Markt gebracht, der nicht nur anzeigt, wann welche Lebensmittel ausgehen oder ablaufen, sondern passend zum Inhalt auch Rezepte vorschlägt. Und auch den Projektor Pai gibt es momentan nur in Fernost.