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Geldpolitik: Wieso will die EZB eigentlich die Inflation erhöhen?

Geldpolitik

Wieso will die EZB eigentlich die Inflation erhöhen?

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    In Deutschland steigen die Güterpreise. Warum soll das gut sein?
    In Deutschland steigen die Güterpreise. Warum soll das gut sein? Foto: Foto: Jens Büttner, dpa

    Was kosten Bananen? Was Duschgel? Was ein Haarschnitt? Jeden Monat schauen einige Bürger in Deutschland ganz genau auf den Preis. Sie tun dies im Auftrag des Statistischen Bundesamts. Preiserheber nennt sich der Job. Zweck des Ganzen ist es, die Entwicklung der Verbraucherpreise zu erfassen. Das Ergebnis für das vergangene Jahr dürfte zum Missfallen vieler Bürger ausfallen. Die Inflation hat in höchsten Stand seit fünf Jahren erreicht. Die Preise legten im Schnitt um 1,8 Prozent zu. Für einen bestimmten Betrag lassen sich also weniger Waren kaufen.

    Die anziehende Inflation dürfte die Europäische Zentralbank aufhorchen lassen. Seit Jahren wiederholt EZB-Chef Mario Draghi, dass das Ziel des Instituts eine Inflationsrate von unter, aber nahe zwei Prozent ist. Wenn Inflation aber einen Verlust an Kaufkraft bedeutet, warum ist die Zentralbank derart bemüht, die Inflationsrate zu erhöhen? Im Jahr 2016 lag diese zum Beispiel noch bei 0,5 Prozent.

    Angst vor Deflation

    Ein Hauptgrund für das Inflationsziel von knapp unter zwei Prozent ist die „Angst vor Deflation mit all ihren üblen Folgen“, sagt Finanzprofessor Wolfgang Gerke. Deflation ist das Gegenteil der Inflation – nicht steigende Preise, sondern ihr Verfall. Fallende Preise könnten dazu führen, dass die Bürger ihre Einkäufe und Firmen ihre Investitionen aufschieben – in der Erwartung, es könnte in Zukunft noch billiger werden. Damit aber bräche die Nachfrage ein, Unternehmen müssten Beschäftigte entlassen, die Wirtschaft geriete in einen Abwärtssog. Als warnendes Beispiel gilt die Weltwirtschaftskrise der 30er Jahre. Eine Inflation von knapp zwei Prozent bietet da einen ausreichenden Sicherheitsabstand zur Deflation, argumentiert die EZB. Vieles in der

    Wolfgang Gerke: „Der Sparer zahlt die Zeche.“
    Wolfgang Gerke: „Der Sparer zahlt die Zeche.“ Foto: Andreas Gebert, dpa

    Ein Instrument ist der Zinssatz, zum Beispiel der Leitzins. Sinken die Zinsen, werden Bankkredite billiger. Dies soll die Wirtschaft stimulieren. Wie es funktioniert, sehe man beispielsweise in Deutschland, sagt Finanzexperte Gerke: Günstige Immobilienkredite haben einen Bauboom befeuert, die Preise für das Bauen steigen. „Doch inzwischen sind die Zinsen so weit unten, dass die EZB keinen Spielraum mehr hat.“ Der Leitzins liegt schon bei null. Ein zweites Instrument, das der Zentralbank dann bleibt, ist die sogenannte Offenmarktpolitik. Die EZB kauft Staats- oder Unternehmensanleihen von Kreditinstituten und stattet den Markt mit mehr Geld aus. Diesen Kurs führt die EZB dieses Jahr fort. Sie kauft zwar weniger Anleihen – aber immer noch monatlich Papiere für 30 Milliarden Euro. Mittlerweile habe das Programm Dimensionen erreicht, „wie wir sie noch nicht erlebt haben“, sagt Gerke.

    Professor Wolfgang Gerke: „Der Sparer zahlt die Zeche“

    Ein Problem ist, dass die derzeitige Politik der EZB – Nullzinsen und steigende Inflation – den Sparern massive Verluste einbrockt. Ihr Erspartes verliert an Kaufkraft. „Der Sparer zahlt die Zeche“, bringt es der Präsident des Bayerischen Finanz-Zentrums auf den Punkt.

    Inzwischen stellen Fachleute bereits die Frage, ob die gewaltigen Anstrengungen der EZB noch angemessen sind. Denn anscheinend fällt es immer schwerer, die Inflation überhaupt zu beeinflussen. Denn auch wenn diese in Deutschland anzieht, liegt sie in Europa immer noch deutlich unter dem Ziel von knapp zwei Prozent.

    Dass es so lange gedauert hat, die Inflation zu bewegen, führt Gerke auf die Massivität der Finanzkrise 2008 und der Rezession in Europa zurück. Dies war derart „drastischer Natur“, dass es lange Zeit brauchte, bis sich Länder wie Griechenland erholten.

    Verliert die EZB die Fähigkeit zur Inflationssteuerung?

    Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer argumentierte kürzlich sogar, dass die EZB mit ihren Instrumenten die Inflation kurzfristig überhaupt kaum mehr beeinflussen kann. Grund sei die Globalisierung. „Wird Arbeit im Heimatland teuer, verlagern Unternehmen sie in andere, billigere Standorte.“ Das drücke die Inflation, ohne dass die EZB es verhindern könne. Diese riskiere durch ihre Politik aber „Blasen an den Finanz- und Häusermärkten“.

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