Startseite
Icon Pfeil nach unten
Wirtschaft
Icon Pfeil nach unten

Geld: Was Sparer rund um die höhere Inflation wissen sollten

Geld

Was Sparer rund um die höhere Inflation wissen sollten

    • |
    Die Inflation zieht an. Was bedeutet das für den eigenen Geldbeutel und das Ersparte?
    Die Inflation zieht an. Was bedeutet das für den eigenen Geldbeutel und das Ersparte? Foto: Matthias Becker

    Wer Großeltern hat, die die radikale Geldentwertung in der Weimarer Republik mitmachen mussten, weiß: Die Sorge vor „der Inflation“ bleibt ein Leben lang und kann quasi vererbt werden. Auch heute noch ist Inflation ein Thema, auf das die Deutschen sensibel reagieren. Vor allem wenn sie – wie gerade – wieder anzieht. Am Montag teilte das Statistische Bundesamt (Destatis) mit, dass die Inflationsrate im Mai – gemessen als Veränderung des Verbraucherpreisindex (VPI) zum Vorjahresmonat – voraussichtlich 2,5 Prozent beträgt. Und die Bundesbank hatte in ihrem jüngsten Monatsbericht analysiert, dass diese zum Ende dieses Jahres „vorübergehend“ sogar vier Prozent erreichen könnte. Was müssen Verbraucher und Sparer nun wissen? Hier die wichtigsten Fragen und und Antworten im Überblick.

    Was treibt die Inflation gerade?

    Laut Michael Stappel, Leiter Makroökonomik und Branchenresearch bei der DZ Bank, treiben sowohl die Energiepreise als auch die Dienstleistungen die Inflationsrate. Bei beiden spiegelt sich die wirtschaftliche Erholung aus dem Corona-Tief wider. Stappel sagt: „Die Energiepreise dürften noch bis zum Jahresende ein inflationstreibender Faktor bleiben. Bei den Dienstleistungen schlägt sich die wirtschaftliche Öffnung nach den monatelangen Corona-Einschränkungen nieder.“ So hätten zum Beispiel viele Friseure ihre Preise „merklich“ erhöht. Auch sogenannte „soziale Dienstleistungen“ haben sich verteuert. Für die kommenden Monate sei daher mit einem anhaltenden Teuerungstrend etwa bei Gaststätten und Hotels oder auch den Preisen für Pauschalreisen zu rechnen. Auch Stappel sagt: „Der Anstieg der Teuerungsrate dürfte sich in den kommenden Monaten also fortsetzen, im Herbst kann die Inflationsrate in Deutschland durchaus die Vier-Prozent-Marke erreichen.“

    Steigende Inflation: Wie ist die Perspektive für 2022?

    Besser. Oder anders formuliert: Wie in den vergangenen Jahren auch. DZ-Bank-Experte Stappel geht davon aus, dass der aktuelle Inflationsanstieg „nicht den Beginn eines längerfristigen Trends zu höheren Teuerungsraten darstellt“. Vielmehr handele es sich um „Anpassungsreaktionen“ nach der tief greifenden Krise. Bereits im kommenden Jahr dürfte seiner Einschätzung nach die Inflationsrate wieder unter die Zwei-Prozent-Marke sinken. Das sehen die meisten Fachleute so. DIW-Präsident Marcel Fratzscher sagte unserer Redaktion zuletzt: „Eine hohe Inflation sollte die geringste unserer Sorgen sein. Auch eine Inflation von vier Prozent in diesem Jahr wäre kein Grund zur Sorge, sondern eher eine willkommene Entwicklung. Denn im vergangenen Jahr sind die Preise in vielen Monaten gefallen, sodass es jetzt Aufholeffekte und eine Normalisierung bei den Preisen gibt.“ Mittelfristig dürfte die Preisentwicklung wieder schwächer sein, so wie dies bereits in den vergangenen acht Jahren meist der Fall war. Die Europäische Zentralbank (EZB) verfolgt übrigens das Ziel, die Inflationsrate auf mittlere Sicht „unter, aber nahe zwei Prozent zu halten.“

    Marcel Fratzscher ist Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW).
    Marcel Fratzscher ist Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Foto: Daniel Naupold/dpa/Archiv

    Wie entwertet die Inflation das Sparguthaben?

    Merten Larisch, Teamleiter Altersvorsorge-, Geldanlage- und Immobilienfinanzierungsberatung bei der Verbraucherzentrale Bayern, erklärt das so: Wenn Preise von Gütern oder Dienstleistungen steigen, kann man sich von einer gleichbleibenden Summe an Geld immer weniger davon kaufen, je weiter die Zeit fortschreitet. Bei durchschnittlich zwei Prozent Inflation pro Jahr wäre eine heutige Summe von 10.000 Euro in 35 Jahren nur noch die Hälfte der heutigen Kaufkraft wert. Also bedarf es eines Zinses oder einer jährlichen Rendite auf dieses Geld in gleicher Höhe. Im Beispiel also eine Verzinsung von 2 Prozent pro Jahr nach Abzug von Kosten und Steuern auf die jeweilige Geldanlage.

    Was müssen Sparer beachten, wenn die Inflation anzieht?

    Seit vielen Jahren ist die durchschnittliche Verzinsung von Bankeinlagen, Rentenpapieren und anderen verzinslichen Geldanlagen der privaten Haushalte bereits sehr niedrig. 2020 blieb – dank einer extrem niedrigen Inflation – noch ein kleiner positiver Realzins übrig, erklärt der DZ-Makroökonom Stappel. In diesem Jahr allerdings dürften die Minizinsen seiner Einschätzung nach nicht mehr ausreichen, um die Inflation auszugleichen. Stappel sagt: „Es drohen stark negative Realzinsen und damit massive Wertverluste des privaten Geldvermögens“. Je länger das anhalte, desto größer werde das Problem eines „negativen Zinseszinseffekts“.

    Was sollten Verbraucher bei einer steigenden Inflationsrate und bei anhaltend niedrigen Zinssätzen tun, die ihr Geld derzeit auf Spar-, Festgeld und Tagesgeld-Konten haben?

    Verbraucherschützer Larisch rät folgende Vorgehensweise: Auf Giro- und Sparkonten, die meist unterhalb der Inflationsrate verzinst sind, sollten erst einmal nur die Gelder liegen, die für die Begleichung der monatlichen Kosten und für kurz- wie auch mittelfristige Rücklagen oder bevorstehende Anschaffungen nötig sind. Außerdem braucht man ein wenig flexibles risikoloses Geld, wenn man seine Langfristanlagen mit Aktienanteil steuern möchte. Er rät: „Durch Zinsvergleiche kann man seinen Zinssatz vor allem für Festgeld immerhin auf 0,3 bis 0,8 Prozent pro Jahr hieven, die – ausreichend einlagengesichert – einige Banken je nach Laufzeit bieten.“

    Und wie lege ich mein Geld nun halbwegs inflationssicher an?

    Zur Inflationsabsicherung werden häufig Sachwerte herangezogen, wie Aktien, Gold oder Immobilien, sagt DZ-Bank-Spezialist Stappel. Er weist allerdings darauf hin, dass diese Anlageklassen Wertschwankungen und anderen Risiken ausgesetzt und weniger beliebig austauschbar sind als Bankeinlagen. Wichtiger als die Reaktion auf eine – womöglich vorübergehend – höhere Inflation sei daher eine „langfristige Anlagestrategie mit einem gut ausbalancierten Portfolio aus unterschiedlichen Anlageformen“. Merten Larisch von der Verbraucherzentrale betont, dass für längerfristige Geldanlagen das Gebot sein sollte, „keinen Kaufkraftverlust“ zuzulassen. Und hier komme man an Investitionen in Produktivkapital eben nicht vorbei. „Es ist nun einmal so, dass in der Marktwirtschaft die Mehrwertgewinne oberhalb der Inflationsrate durch Wirtschaftsunternehmen erwirtschaftet werden.“ Heißt konkret so Larisch: In ein langfristiges Anlageportfolio gehört „ein Schuss“ weltweiter Aktien-ETF-Indexfonds hinein. Ergänzt um eine schwankungsfreie Komponente zur Risikosteuerung in Form von breit streuenden Anleihen-ETFs oder wieder Tages- und Festgeld. Er warnt aber, sich dabei auf Finanzprodukte mit hohen Kosten und aktivem Management einzulassen, wie das oft bei üblichen Investmentfonds oder Fondsrentenversicherungen der Fall sei.

    Was muss man jetzt für seine private Altersvorsorge beachten?

    Finanzdienstleistungsspezialist Larisch macht hier wieder ein leicht verständliches Beispiel, das jeder für seine private Situation durchrechnen kann: Wenn die Miete heute beispielsweise 1000 Euro im Monat kostet, sollte sie durch jährlich durchschnittliche Mietsteigerungen von zwei Prozent in 30 Jahren mit rund 1800 Euro berücksichtigt werden. Heißt: „Für die Planung seines Ausgabenbedarfs ab Rentenbeginn sollte eine angemessene Inflationsrate in der Hochrechnung berücksichtigt werden.“

    Was bedeutet die Inflation für Schuldner?

    Wenn die Inflation von einer positiven Einkommensentwicklung begleitet wird, sagt DZ-Bank-Mann Stappel, und wenn die Kreditnehmer Festzinssätze vereinbart haben, kann das auf Dauer sogar entlastend wirken. Allerdings gingen nachhaltig hohe Inflationsraten häufig mit höheren Zinsen einher. Ein Zinsanstieg dürfte die Häuslebauer unter den privaten Haushalten, die eine Kreditaufnahme planen, also nicht freuen. Stappel sagt aber auch: „Einen starken Zinsanstieg erwarten wir auf absehbare Zeit aber nicht.“

    Lesen Sie dazu auch:

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden