Chefetagen sind finanziell oft weit entfernt von der einfachen Arbeitswirklichkeit. 52 Mal so viel wie ihre Angestellten kassierten Vorstände der Dax-Konzerne im vergangenen Jahr – im Durchschnitt. Damit war das Gehaltsgefälle in der ersten deutschen Börsenliga ebenso steil wie im Jahr 2017. Das hat die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, kurz DSW, gemeinsam mit der Technischen Universität München errechnet.
Am größten ist der Abstand nach der am Dienstag vorgestellten Studie bei Volkswagen. Bei dem Autobauer sind die Bezüge der Führungsetage jüngsten Zahlen zufolge 97 Mal höher als der durchschnittliche Verdienst pro Mitarbeiter. Am geringsten ist das Gehaltsgefälle demnach bei der Deutschen Börse, die ihren Vorständen im Schnitt das 25-Fache zahlt.
Vorstandsmitglieder verdienen bei VW im Schnitt am meisten
Die Aufsichtsräte seien gefordert, darauf zu achten, dass die Schere sich in einem Unternehmen nicht zu weit öffne, mahnte DSW-Hauptgeschäftsführer Marc Tüngler. Eine Deckelung des Wertes über alle Branchen hinweg sehen Experten skeptisch. „Das würde unternehmerische Entscheidungen indizieren, die mit unternehmerischer Realität nichts zu tun haben“, warnte der Münchner Wissenschaftler Gunther Friedl. Unternehmen könnten sich zum Beispiel gezwungen sehen, Mitarbeiter in Billiglohnländer zu verlagern.
Im Durchschnitt kam ein Vorstandsmitglied im Deutschen Aktienindex – inklusive der Konzernchefs – 2018 auf eine Gesamtvergütung von 3,51 Millionen Euro. Nach Jahren des Wachstums verringert sich die Summe erstmals wieder. Der Rückgang zum Vorjahr, in dem sowohl die Börsen besser liefen als auch die Gewinne kräftiger sprudelten, betrug 3,5 Prozent. Die Zahlen beziehen sich auf 29 der 30 Dax-Konzerne. Gemessen an der durchschnittlichen Bezahlung der Führungskräfte war VW 2018 Spitzenreiter im Dax: Bei dem Autobauer summierten sich die Bezüge eines Vorstandsmitglieds im Schnitt auf sechs Millionen Euro. Beim Pharmakonzern Merck auf Rang 2 waren es rund 5,2 Millionen Euro.
Dass die Deutsche-Bank-Vorstände mit durchschnittlich knapp 5,1 Millionen Euro auf Rang 3 landeten, überraschte die Studienautoren – schließlich befinde sich das Institut „augenscheinlich nicht auf einem Erfolgskurs“. Dazu kommt: Mit 55,2 Prozent stiegen die Vorstandsbezüge bei der Bank im Vergleich zum Vorjahr so kräftig wie bei keinem anderen Dax-Konzern.
Die Zalando-Manager verdienen am meisten
Während ein einfaches Vorstandsmitglied eines Dax-Konzerns im Schnitt auf knapp 3,1 Millionen Euro kam, kassierten die Chefs im Schnitt gut 5,4 Millionen Euro. Spitzenverdiener war dabei erneut SAP-Chef Bill McDermott, der mit 10,8 Millionen Euro Gesamtvergütung zum dritten Mal die Zehn-Millionen-Marke überschritt. Danach folgen VW-Lenker Herbert Diess (rund 7,9 Millionen Euro) und Bernd Scheifele von Heidelberg Cement (rund 7,3 Millionen Euro).
Im internationalen Vergleich wirken die nun von der DSW veröffentlichten Summen bescheiden: In Europa sticht demnach Carlos Brito, Vorstandsvorsitzender des belgischen Getränkegiganten AB InBev, mit 31,8 Millionen Euro heraus. In den USA kommt Disney-Boss Robert Iger sogar auf knapp 55,6 Millionen Euro Gesamtvergütung.
Und selbst in Deutschland wird Dax-Spitzenverdiener McDermott noch übertroffen: Bei dem im MDax gelisteten Mode-Versender Zalando summierten sich die Bezüge der Co-Chefs Robert Gentz, David Schneider und Rubin Ritter jeweils auf knapp 19,4 Millionen Euro. (dpa)
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