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Gefährliche Produkte: Verbraucherschützer warnen vor riskanten Anlagen

Gefährliche Produkte

Verbraucherschützer warnen vor riskanten Anlagen

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    Demonstranten protestieren in Hamburg vor dem Rathaus gegen die Lehman-Bank.
    Demonstranten protestieren in Hamburg vor dem Rathaus gegen die Lehman-Bank.

    Neuer Name, gleicher riskanter Inhalt - die Banken bieten ein Jahr nach dem Zusammenbruch der US-Bank Lehman Brothers schon wieder hoch komplizierte und für Verbraucher gefährliche Produkte an. Zu diesem Resultat kommt Hermann-Josef Tenhagen, Chefredakteur von Finanztest. "Banker haben nichts kapiert" schreibt er in seiner Analyse über Zertifikate und warnt Anleger vor einem "Etikettenschwindel".

    "Verpackungskünstler" nennt Tenhagen etwa die DZ Bank, die ihre komplexen Finanzprodukte über Volks- und Raiffeisenbanken verkauft. Kreativ im Verstecken von Verlusten seien aber auch Landesbanken, die Commerzbank, die Hypovereinsbank und Morgan Stanley. Sie alle eint, dass sie mit Papieren auf dem Markt sind, deren Name oft schon monströs anmutet wie "

    "Es sind Wetten", verdeutlicht Tenhagen die Problematik dieser Anlagen im Gespräch mit unserer Zeitung. "Da können sie auch Pferdewetten machen, nur das die überschaubarer sind." Denn nach wie vor werden diese Finanzpakete am Computer konstruiert und setzen verschiedene Bedingungen voraus, um unter dem Strich vielleicht nach Jahren Gewinn zu bringen. Für einen unerfahrenen Kunden seien diese komplizierten Produkte aber nicht durchschaubar. Und so kommt Tenhagen zu dem Schluss: "Die meisten Zertifikate sind für Verbraucher nicht geeignet."

    Doch Zertifikate finden sich im Angebot der Banker kaum noch. Der Name ist spätestens seit der Pleite von Lehman bei den Bürgern negativ besetzt. Zertifikate heißen jetzt gerne "Anleihen". Um sie besser zu verkaufen, versprechen sie nicht selten eine "Kapitalgarantie", die aber weder vor einer Pleite noch vor einer schlechten Verzinsung schütze, erklärt Tenhagen.

    Um nicht in die Falle zu tappen, rät der Finanzexperte: "Denken Sie auf keinen Fall, Sie seien dumm, wenn Sie eine Anleihe oder ein Zertifikat nicht durchschauen." Und: "Fragen Sie Ihrem Berater Löcher in den Bauch und kaufen Sie nur, was Sie wirklich verstanden haben und wovon Sie überzeugt sind."

    Lehman-Geschädigte, die gestern in mehreren deutschen Städten demonstrierten, haben genau solche verschachtelten Papiere gekauft und haben mit den Zertifikaten nicht selten ihre ganze Altersvorsorge verloren. Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner forderte zwar gestern mehr Entschädigung für die Opfer, doch der Gerichtsweg ist mühsam.

    Die CSU-Politikerin nahm den Lehman-Jahrestag zum Anlass, auf das von ihrem Ministerium entwickelte Produkt-Informationsblatt hinzuweisen, das Verbrauchern bei der Wahl der Geldanlage helfen soll. Wichtig ist ihr vor allem der Ausweis der Abschluss- und Bestandsprovisionen. Denn der Kunde kann davon ausgehen, je höher diese Summe ausfällt, desto wahrscheinlicher ist die Gefahr, dass ihm ein an seinem individuellen Bedarf vorbeigehendes Paket verkauft wurde. An die Adresse der Banken schickte Aigner eine unmissverständliche Drohung: "Wenn das nicht auf freiwilliger Basis umgesetzt wird, dann werden wir das auch anderweitig lösen müssen." Um die Anleger stärker vor riskanten Produkten zu schützen, müssen Bankberater ab dem nächsten Jahr schriftliche Protokolle ihrer Kundengespräche führen. Auch eine Verlängerung der Verjährungsfristen gehört in dieses Paket.

    "Das Feingefühl für Fragen der Kapitalanlage ist enorm gestiegen", sagt Marco Cabras von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Die Lehman-Pleite am 15. September 2008 war somit ein Weckruf für mehr Anlegerschutz.

    (Daniela Hungbaur)

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