Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich gegen einen Euro-Austritt Griechenlands gewandt. "Ich will, dass Griechenland den Euro behält. Ich werde mich nicht daran beteiligen, Griechenland aus dem Euro raus zu drängen. Das hätte unabsehbare Folgen", sagte Merkel vor Studenten bei einer Veranstaltung am Dienstagabend in Berlin. Griechenland habe wesentlich größere Chancen, als es heute wahrnehme. Man dürfe Haushaltskonsolidierung und Wachstum nicht gegeneinander ausspielen.
Merkel warnte zudem davor, im Kampf gegen die Finanzkrise nationale Vorurteile zu verbreiten. "Ich bemerke, dass wir, seit wir diese Krise haben, wieder mehr von "die" sprechen." Das sei "genau das, was Europa in den Ruin geführt hat immer wieder".
Merkel übt Kritik an Deutschland
Es stimme nicht, dass Deutschland alle seine Hausaufgaben gemacht habe und andere Länder nicht. Bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder Pflege- und Sozialprogrammen seien andere Länder weiter. "Wenn man vergleicht, wie lange man braucht, um ein Stück Straße oder einen Bahnhof zu bauen, da ist Deutschland sicher nicht an der Spitze der europäischen Bewegung", sagte Merkel.
Griechen protestieren gegen Sparmaßnahmen
Unterdessen protestiert Griechenland. Wegen der jüngsten Sparmaßnahmen traten am Dienstag die beiden großen Gewerkschaftsverbände für die Privatwirtschaft und den öffentlichen Dienst in einen Generalstreik. Unter dem Motto "Es reicht" riefen die beiden Verbände ihre Mitglieder zu Streiks und Kundgebungen auf. Betroffen waren Schulen, Ministerien, Banken und Krankenhäuser und der öffentliche Nahverkehr.
Es droht die Entlassung von 15.000 Staatsbediensteten
In der Hauptstadt Athen setzten sich U-Bahnen und Busse mit Verspätung in Bewegung. Die Fährverbindungen wurden durch einen Ausstand der Seeleute behindert. Der Flugverkehr war indes nicht beeinträchtigt, da die Fluglotsen regulär arbeiteten. Gegen Mittag versammelten sich tausende Menschen zu einer Großkundgebung auf dem zentralen Syntagma-Platz. Auf Spruchbändern hieß es "Nein zu den Entlassungen im öffentlichen Dienst", "Nein zur Senkung des Mindestlohns" und "Vorwärts bis zum Sieg".
"Wir sind hier, weil wir von der Entlassung von 15.000 Staatsbediensteten in diesem Jahr als erste betroffen sein werden", sagt der 34-jährige Vassilis Bakalis, Konservator am Byzantinischen Museum in Athen. "Wenn wir alle gefeuert sind, werden sie wahrscheinlich die Museen schließen. Wer weiß, ob sie nicht auch noch die Akropolis verscherbeln", fügt er halb im Scherz, halb im Ernst hinzu.
Es droht die Pleite
Den letzten Generalstreik in Griechenland gab es am 1. Dezember. Die Gewerkschaften beklagen Versuche, das Arbeitsrecht auszuhöhlen und die Einkommen zu kürzen. Die Regierung in Athen verhandelt seit Monaten mit Vertretern der sogenannten Troika aus Europäischer Union, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) über die Bedingungen für ein zweites Hilfspaket im Umfang von mindestens 130 Milliarden Euro.
Daneben spricht Athen mit den privaten Gläubigern über einen Schuldenschnitt, der das Land um rund hundert Milliarden Euro entlasten soll. Die Zeit drängt, denn am 20. März muss das mit 350 Milliarden Euro verschuldete Land 14,4 Milliarden Euro zurückzahlen, andernfalls droht die Pleite.
Verhandlungen mit Gläubigertroika und Koalitionsparteien
Im Gegenzug für weitere Milliardenkredite soll die griechische Regierung die Ausgaben drastisch reduzieren. Gefordert ist die Senkung des Mindestlohns von 751 Euro brutto auf 570 Euro, die Abschaffung des 13. und 14. Monatslohns sowie die Entlassung von 150.000 Staatsbediensteten in den kommenden drei Jahren. Die Regierung unter Lucas Papademos verhandelt darüber mit der Gläubigertroika, aber auch mit den drei Koalitionsparteien - der konservativen Nea Dimokratia, der Panhellenischen Sozialistischen Bewegung (PASOK) und der ultrarechten LAOS-Partei. dpa/afp