Wer trägt die Lasten der Corona-Krise? Die Frage beantworten die Parteien aus dem linken Spektrum den Wählerinnen und Wählern mit einer klaren Aussage. Es sollen die Reichen und die Unternehmen sein, die einen fairen Anteil an den Kosten der Pandemie schultern müssten. SPD, Linke und Grüne planen die Wiedereinführung der Vermögensteuer. Aus Privat- und Betriebsvermögen wollen sie jedes Jahr einen Teil für die Allgemeinheit abzweigen. Logisch, dass das Unternehmerinnen und Unternehmern in Deutschland nicht gefällt. Die Stiftung der Familienunternehmen hat daher den bekannten Ökonomen Clemens Fuest beauftragt, die Wirkung dieser Steuer durchzuspielen.
In seiner Analyse, die unserer Redaktion vorliegt, kommt der Chef des Münchner ifo-Instituts zu dem Ergebnis, dass die Abgabe das Wirtschaftswachstum bremsen würde. Er hat ausgerechnet, dass eine Vermögensteuer von einem Prozent, wie es zum Beispiel die SPD plant, jedes Jahr 0,3 Prozentpunkte an Wachstum kosten würde. Bei einem Durchschnittswachstum von jährlich zwei Prozent in den zehn Jahren vor der Corona-Pandemie ist das ein spürbarer Anteil.
Clemens Fuest sagt, die Steuer wirke krisenverstärkend
Denn die zusätzliche Abgabe würde Investitionen weniger rentabel machen, weshalb sich Unternehmerinnen und Unternehmer dagegen entscheiden könnten. Baut eine Firma zum Beispiel eine neue Halle oder schafft neue Maschinen an, steigert das den Wert des Betriebs. Dadurch steigt die Vermögensteuer an, wenn der Staat diese fordert. Sie wirkt außerdem krisenverstärkend und nimmt keine Rücksicht auf die Liquiditätslage der Unternehmen, sagt Fuest. Den Grund dafür sieht der Wirtschaftsprofessor darin, dass sie auch anfiele, wenn Unternehmen Verluste machen.
Der Vorsitzende der Stiftung, Rainer Kirchdörfer, warnt wegen dieses Effekts vor dem Weggang der Unternehmen aus Deutschland. „Eine solche Steuer setzt einen Anreiz zum Kapitalabfluss ins Ausland“, sagt Kirchdörfer. Die Vermögensteuer wurde hierzulande bis 1997 erhoben. Zuvor hatte sie das Bundesverfassungsgericht in ihrer damaligen Ausgestaltung für grundgesetzwidrig erklärt. Die Abgabe ist allerdings nicht abgeschafft, sondern nur ausgesetzt. Zuvor war sie in Deutschland über Jahrzehnte vom Fiskus eingezogen worden. Im Vergleich zu den „großen Brocken“, wie Einkommens- oder Umsatzsteuer, brachte sie überschaubare Einnahmen. Fuest rechnet bei einer Neuauflage je nach konkreter Ausgestaltung mit Einnahmen zwischen zehn und 17 Milliarden Euro pro Jahr.
Unternehmer könnten ihre Firmen verkaufen
Seinen Anteil dafür entrichten müsste auch Stefan Fuchs, Chef des Mannheimer Schmierstoffherstellers Fuchs Petrolub. Der MDax-Konzern mit über 5500 Mitarbeitern zahlt dem Chef zufolge heute rund 30 Prozent Steuern auf die Gewinne. Die Besteuerung des Vermögens sei besonders schädlich, „denn eine Vermögensteuer schwächt die Unternehmen, weil sie aus der Substanz der Firmen gezahlt werden müsste“, sagt Fuchs.
Ihn enttäuscht, dass bei der Diskussion über die Vermögensteuer der Vorwurf mitschwingt, die Unternehmer seien zu reich geworden. „Die Familienunternehmer bekennen sich zu ihrer unternehmerischen Verantwortung“, sagt Fuchs. Aber man dürfe ihnen das Leben nicht zu schwer machen. Sonst, so befürchtet der Chef in dritter Generation, könnten sich viele Unternehmer von ihren Firmen trennen und verkaufen. „Interessenten gibt es genug.“ In den vergangenen 25 Jahren haben mehrere Partnerländer die Vermögensteuer abgeschafft, darunter Dänemark, Niederlande, Finnland und Schweden.