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Finanzen: Commerzbank & Co.: Corona beschleunigt das Sterben der Bankfilialen

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Commerzbank & Co.: Corona beschleunigt das Sterben der Bankfilialen

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    Nicht nur die Commerzbank spart und schließt Filialen.
    Nicht nur die Commerzbank spart und schließt Filialen. Foto: Daniel Karmann, dpa

    Jahrelang hatte die Commerzbank an ihrem Filialnetz festgehalten. Umso einschneidender sind die Kürzungen, die Commerzbank-Chef Manfred Knof und sein Team erklären müssen, wenn sie an diesem Donnerstag die Bilanz und die Pläne für das Institut vorstellen. Das Filialsterben könnte einer Studie zufolge in den nächsten Jahren rasant weitergehen.

    Wie die Bankfiliale der Zukunft aussehen könnte, ist dagegen in unserer Region zu sehen. Die VR-Bank Augsburg-Ostallgäu setzt auf einen ganz besonderen Video-Service.

    Die Commerzbank will bis zum Jahr 2024 rund 10.000 Vollzeitstellen abbauen, bundesweit soll fast jede zweite Filiale geschlossen werden. Die Pläne sehen vor, dass von 790 noch 450 Standorte bleiben. Angesichts eines Verlustes von 2,9 Milliarden Euro sind die Einschnitte nachvollziehbar. Die Commerzbank steht mit dieser Entwicklung aber längst nicht alleine da.

    Deutsche Bank und Postbank wollen 200 Niederlassungen schließen

    Kürzungen gibt es auch bei anderen Instituten. Die Deutsche Bank kündigte unlängst an, bis 2022 rund 100 ihrer derzeit noch 500 Niederlassungen bundesweit aufgeben zu wollen. Bei der Tochter Postbank sollen ebenfalls innerhalb von zwei Jahren 100 Filialen schließen. Die HypoVereinsbank hat bereits in den letzten Jahren ihr Filialnetz ausgedünnt. Auch bei den Sparkassen und Genossenschaftsbanken ist die Zahl der Niederlassungen rückläufig.

    „Das bisherige Konzept der Bankfiliale hat längst ausgedient und muss dringend auf den Prüfstand gestellt werden“, heißt es in einer Studie des Beratungsunternehmens Oliver Wyman. Die deutsche Bankenlandschaft habe in den vergangenen Jahren „eine drastische Schließungswelle“ erlebt.

    Gab es im Jahr 2004 noch rund 47.800 Bankfilialen in Deutschland, sankt die Zahl auf rund 29.700 im Jahr 2018 und rund 28.400 im Jahr 2019, das belegen Zahlen des Bankenverbandes.

    Malte Gündling, Oliver Wyman: "Corona-Pandemie beschleunigt das Filialsterben"

    Die Experten von Oliver Wyman gehen davon aus, dass sich dieser Trend fortsetzt, ja gar beschleunigt: „Die Corona-Pandemie beschleunigt das Filialsterben“, sagte Finanzfachmann Malte Gündling unserer Redaktion. „Wir gehen nun von einer Reduktion auf circa 17.500 Filialen bis Ende 2025 aus und damit fast 40 Prozent weniger als im Jahr 2019“. Gündling ist Co-Autor der Studie „Die Bankfiliale der Zukunft“. Bis 2030 könnte die Zahl der Standorte sogar auf 15.800 schrumpfen.

    „Banken realisieren zum einen, dass es auch ohne Filiale funktioniert, zum anderen steigt der Kostendruck kontinuierlich“, erklärt Gündling. „Überproportionierte Filialnetze gehören der Vergangenheit an – überregionale Filialbanken werden langfristig mit weniger als 400 Filialen auskommen“, prognostiziert er.

    Auch Sparkassen und Volks- und Raiffeisenbanken könnten Niederlassungen verlieren: „Die weitere Filial-Konsolidierung wird unausweichlich aus dem genossenschaftlichen und Sparkassensektor kommen“, sagt Gündling.

    Immer weniger Kunden kommen in die Geschäftsstellen

    Tatsächlich kommen immer weniger Bankkunden in die Geschäftsstellen. Überweisungen und andere Standardgeschäfte erledigen viele inzwischen online. Die Commerzbank deutet dementsprechend an, ihre digitalen Angebote auszubauen. In den Filialen solle es dafür eine vertiefte Beratung für Fragen rund um Vermögen und Finanzierungen geben. Das sehen die Experten von Oliver Wyman ähnlich: „Ganz auf die physische Präsenz vor Ort zu verzichten, wäre für die Branche fatal“, schreiben sie. Die Niederlassungen bleiben für die Mehrheit der Verbraucher ein wichtiger Bestandteil der Beziehung zu ihrem Kreditinstitut. Das gelte für ältere Kunden, erstaunlicherweise aber auch für einen großen Teil der jungen Generation.

    Wie die Bankfiliale der Zukunft aussehen könnte, ist bei der VR Bank Augsburg-Ostallgäu zu sehen. An neun Standorten im Ostallgäu hat die Bank ab dem Herbst 2017 einen Video-Service eingerichtet. In einem separaten Raum können die Kunden auch außerhalb der Öffnungszeiten mit einem Mitarbeiter per Video Kontakt aufnehmen und Bankgeschäfte erledigen. Sobald ein Kunde vor den dort installierten Großbildschirm tritt, taucht darauf ein Servicemitarbeiter auf und beantwortet Finanzfragen – „live und in Lebensgröße“, so die Bank. Es geht dann um Überweisungen, Termine, Daueraufträge oder Kartensperrungen.

    VR Bank Augsburg-Ostallgäu: Gute Noten für Video-Service

    Die Resonanz ist nach Angaben der VR Bank gut. Bei der letzten Zufriedenheitsumfrage hätten von 600 befragten Kunden 85 Prozent eine positive Bewertung für den Video-Service abgegeben. „Wir sehen die Kunden persönlich und kennen zu den vielen Namen jetzt auch die Gesichter“, sagt Videoagentin Ramona Schoder aus Pfronten. Sie selbst habe die Erfahrung gemacht, dass die Kunden nach dem ersten Video-Kontakt regelmäßig kommen. Das System ist eine Eigenentwicklung der VR Bank Augsburg-Ostallgäu und wird in ganz Deutschland verkauft.

    Banken setzen immer stärker auf Video-Beratung.
    Banken setzen immer stärker auf Video-Beratung. Foto: Alexander Kaya

    Inzwischen können sich Kunden der VR Bank zu Finanzthemen auch zu Hause, praktisch im Wohnzimmer, per Video beraten lassen – ähnlich wie bei einer Videokonferenz, wie man sie im Homeoffice kennt. Die Kunden brauchen dazu einen PC, einen Laptop, ein Tablet oder Smartphone. Seit November 2020 ist das Angebot flächendeckend im Einsatz. Das bisherige Fazit der VR Bank Augsburg-Ostallgäu: „Es wird von Kunden, die offen für technische Lösungen sind, gut angenommen – unabhängig vom Alter.“

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