"Raider heißt jetzt Twix, sonst ändert sich nix": Als das Unternehmen Mars Inc. seinen beliebten Schokoriegel 1991 auch in Deutschland einfach umbenannte, ohne das Geringste an der Rezeptur zu verändern, war Mark Zuckerberg sieben Jahre alt. Ob der Facebook-Chef in diesem Schokoriegel-kompatiblen Alter verstanden hat, dass ein Ändern der Hülle bei Gleichbleiben des Inhalts ein cleverer Schachzug sein kann? Eher unwahrscheinlich.
Wahrscheinlicher ist, dass Zuckerberg sich mit der jetzigen Umbenennung seines Unternehmens Facebook in Meta ein Beispiel an Google genommen hat. 2015 hat dessen Chef Sundar Pichai den vielen Diensten rund um die größte Suchmaschine der Welt eine neue Mutter geschenkt. All die Google-Dienste sind seither zusammengefasst unter dem Dach von Alphabet.
"Alphabet"?, werden viele Leserinnen und Leser nun möglicherweise fragen. Auch sechs Jahre nach der Gründung können die meisten Internetnutzerinnen und -nutzer mit dem Namen wenig anfangen. Das Unternehmen hat wenig bis gar nichts in die Markenkommunikation investiert. Bis heute dürfen die weltbekannten Einzelmarken des Alphabet-Universums stark bleiben: Wer etwas im Netz sucht, der tut das meist bei Google. Wer Videos konsumiert, geht zu YouTube. Wer Orientierung braucht, startet Google Maps. Auch das Netzwerk Facebook wird weiter Facebook heißen, Instagram bleibt Instagram, WhatsApp firmiert weiterhin unter dem Namen WhatsApp.
Wieso sich Unternehmen wie Facebook und Google einen neuen Namen geben
Wieso dann überhaupt eine Dachmarke? Das hat bei Google wie bei Facebook wohl zwei Gründe:
1. der offizielle Grund: Alphabet und Meta sind mittlerweile Multikonzerne. Sie sind mit jeweils einer Anwendung gestartet: einer Suchmaschine beziehungsweise einem sozialen Netzwerk. Heute haben beide Unternehmen Dutzende Dienste im Portfolio. Die einen – Alphabet – unter anderem eine Videoplattform, einen Kartendienst, ein Unternehmen fürs "Schlaumachen" der eigenen vier Wände. Die anderen – Meta – einen Dienst fürs Verschicken von Nachrichten, ein Netzwerk fürs Eintauchen in fremde Leben dank Fotos und Videosequenzen, einen Anbieter von Equipment für virtuelle und erweiterte Realität. Beide Unternehmen wollen mit der Gründung eines Mutterkonzerns dem Rechnung tragen, dass sie sich von einer einzelnen Anwendung längst emanzipiert haben und Neuentwicklungen unter einem neuen Dach ermöglichen.
Meta will virtuelle und tatsächliche Realität verschmelzen
Für Facebook hat Mark Zuckerberg am Donnerstagabend deutscher Zeit aufgezeigt, dass er nicht nur die Hülle ändern möchte. "Meta wird sich darauf konzentrieren, das Metaversum zum Leben zu erwecken und den Menschen zu ermöglichen, sich mit Freundinnen und Freunden und Familie zu vernetzen, Gemeinschaften zu finden und Unternehmen aufzubauen." Aus Facebook soll der Marktführer für sogenanntes immersives Erleben werden.
Was sich der Firmenboss dabei erträumt? Menschen sollen sich etwa durch Nutzung von Angeboten und Produkten aus dem Hause Meta innerhalb weniger Momente in eine andere Umgebung bewegen können. Nicht physisch – wie in Science-Fiction-Filmen mitunter dargestellt –, sondern rein virtuell (aber dabei nicht minder realistisch). Die Technik würde ermöglichen, virtuell einzukaufen, in digitalen Büros virtuell zu arbeiten und Freundinnen und Freunde virtuell zu treffen. Alles so, als seien die Nutzerinnen und Nutzer gerade tatsächlich an diesem anderen Ort. Zwischen virtueller und tatsächlicher Realität käme es, so Zuckerbergs Vision, zu einer Verschmelzung.
"Wir werden heute als Social-Media-Unternehmen gesehen, aber im Kern sind wir ein Unternehmen, das Menschen verbindet", sagte Zuckerberg am Donnerstag. Der Name Facebook habe nicht mehr die Angebotspalette des Konzerns widerspiegeln können.
Der Name Facebook hat Schaden genommen
2. der inoffizielle Grund: Alphabet und Meta sind beide in Momenten gegründet worden, in denen Google und Facebook der Wind besonders stark ins Gesicht blies. Beide sahen (und sehen) sich Vorwürfen wie dem Ausnutzen einer Quasi-Monopolstellung ebenso ausgesetzt wie dem laxen Umgang mit Daten von Nutzerinnen und Nutzern.
Aktuell lassen Tausende geleakte Dokumente zudem glauben, Facebook wisse seit Jahren um systematische Manipulation von Menschen mithilfe seines Netzwerks. Die ehemalige Mitarbeiterin Frances Haugen tritt als Whistleblowerin auf und wirft Facebook vor, Profite über das Wohl seiner Nutzer zu stellen.
Weder US-, noch EU-Politiker haben es bislang geschafft, Facebook wirklich zum Umlenken zu bewegen. Ein neuer Name samt Hype um die Ankündigung, so könnte das Kalkül sein, könnte Druck von den Einzelmarken nehmen.
Mark Zuckerberg verändert mit Facebook das Leben vieler
Meta-Chef Zuckerberg hat seit jeher den Drang, die Welt zu verändern – durch das permanente Weiterentwickeln des Inneren seines Unternehmens. Die Umbenennung ist dahingehend ein logischer und konsequenter Schritt. Facebook hat seit seiner Gründung immer wieder Wege gefunden, das Leben von Menschen nachhaltig zu verändern.
Damit Meta aber dem Wind auf Dauer standhalten kann, der Facebook gerade entgegenbläst, müsste Mark Zuckerberg noch deutlich mehr am Inneren seines Unternehmens verändern. Zum Beispiel sollte wohl deutlich weniger Hass und Manipulation in die "Rezeptur" als heutzutage.