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Europa: Wird Macron wie Schröder zum Reformer?

Europa

Wird Macron wie Schröder zum Reformer?

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    Macron will Frankreichs Arbeitsmarkt reformieren.
    Macron will Frankreichs Arbeitsmarkt reformieren. Foto: Michel Euler, afp

    Die Erwähnung Gerhard Schröders löst in Frankreich meist starke Reaktionen aus – sie reichen von Abscheu bis Bewunderung. Für die einen ist der Ex-Bundeskanzler ein Schreckgespenst, da er mit den Hartz-4-Maßnahmen dem gefürchteten „Neoliberalismus“ nachgegeben und die Verarmung in Deutschland vergrößert habe. Den anderen gilt er als Vorbild für Reformmut, mit dem er den einst „kranken Mann Europas“ wieder zu wirtschaftlicher Stärke geführt habe. Wäre eine Agenda 2010 auch in

    Diese Frage kommt regelmäßig auf, gerade seit der Wahl von Emmanuel Macron zum Präsidenten. Er will den Unternehmen mehr Flexibilität gewähren, um die Arbeitslosigkeit (derzeit bei 9,6 Prozent) zu senken und die Wirtschaft anzukurbeln. Es war sein Kernversprechen. Mit der Umsetzung soll es schnell gehen – positive Auswirkungen sind ohnehin erst mittelfristig zu erwarten.

    Frankreichs Parlament hat nun den Weg für die von Macron gewollte Lockerung des Arbeitsrechts endgültig freigemacht. Einen Tag nach der Nationalversammlung gab am Mittwoch dieser Woche auch der Senat grünes Licht für die erste große wirtschaftspolitische Reform aus dem Wahlprogramm des sozialliberalen Staatschefs. Die Regierung kann die umstrittenen Änderungen nun mittels Verordnungen erlassen. Dies soll im September geschehen.

    Parallel verhandelt die Regierung mit den Gewerkschaften, deren Chefs Macron persönlich getroffen hat. Die meisten geben sich aufgeschlossen, doch die kommunistisch geprägte CGT hat für 12. September einen Demonstrationstag angekündigt; die radikale Linke will mit Protesten folgen. Auch sozialistische und kommunistische Abgeordnete warnen vor einem „Ausverkauf von Arbeitnehmerrechten“.

    Dabei handelt es sich bei den geplanten Vorhaben keineswegs um die französische Version von Hartz-IV-Gesetzen. Zunächst sollen bei Themen wie Arbeitszeit oder Kündigungsschutz Abmachungen auf Betriebsebene gegenüber jenen auf Branchen-Ebene gestärkt werden, um den Betrieben mehr Handlungsspielraum zu geben. Außerdem sind ein kürzeres Einspruchsrecht und die Deckelung von Abfindungen vorgesehen, da hohe Entschädigungszahlungen Unternehmen nicht nur hemmen, Mitarbeiter zu entlassen – sondern auch neue einzustellen. Die Bedingungen für betriebsbedingte Kündigungen könnten verändert und verschiedene Arbeitnehmervertreter-Instanzen fusioniert werden.

    Ob es nach der Sommerpause zu einem „heißen Herbst“ kommt, ist offen. „Ich halte Frankreich prinzipiell für reformierbar“, sagt der ehemalige Debitel-Chef Axel Rückert, der in Frankreich lebt und mehrere Bücher über seine Wahlheimat geschrieben hat. „Die Chancen für Erfolg sind größer, wenn die Beiträge fair und gleichmäßig verteilt werden und die Regierung mit offenen Karten spielt“, sagt Rückert. Anders als bei Ex-Präsident François Hollande, der die linken Wähler mit einem wirtschaftsfreundlichen Kurs verschreckte, sei dies bei Macron der Fall.

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