Startseite
Icon Pfeil nach unten
Wirtschaft
Icon Pfeil nach unten

Essen: Total regional

Essen

Total regional

    • |
    Ob das Gemüse wirklich aus der Region kommt, ist oft schwer nachzuvollziehen.
    Ob das Gemüse wirklich aus der Region kommt, ist oft schwer nachzuvollziehen. Foto: Fred Schöllhorn

    Neulich hat Heiner Sindel wieder eine Mogelpackung entdeckt. Er zeigt auf den Tetrapak mit den weiß-blauen Rauten und der Aufschrift „Bavaria Orange“. Mit einem Produkt, welches das Prädikat „regional“ verdient, hat das nichts zu tun. „So weit, dass wir in Bayern Apfelsinen anbauen können, sind wir noch nicht.“

    Der Begriff „regional“ ist nicht gesetzlich geregelt

    „Wer weiter denkt, kauft näher ein“, steht auf den Flyern, die Sindel verteilt. Er ist Vorsitzender des Bundesverbands der Regionalbewegung, einer Organisation, wie es hunderte in Deutschland gibt. „Regionalität ist in Zeiten der Globalisierung ein großer Trend“, sagt Sindel, der in Feuchtwangen einen Gasthof betreibt. Das hat auch die Lebensmittelindustrie erkannt und bewirbt ihre Produkte mit Slogans wie „Aus der Region“. Wie viel Heimat darin wirklich steckt, kann der Kunde schwer nachvollziehen. Das liegt daran, dass der Begriff „regional“ nicht gesetzlich geregelt ist. Ein Problem, das Ilse Aigner kennt. „Nicht überall, wo Berg draufsteht, ist auch Berg drin“, sagt die Verbraucherministerin.

    Aigner will den Verbrauchern mehr Transparenz bieten, wenn sie zu Lebensmitteln aus der Region greifen – und dafür auch mehr Geld zahlen. Sie setzt dabei auf ein „Regionalfenster“, in dem aufgeführt wird, welche Bestandteile eines Produkts aus der Heimat kommen und wo es verarbeitet wurde. Die Hauptzutat muss zu 100 Prozent aus der Region stammen. Ein Siegel soll das quadratische Feld nicht sein, sondern eine zusätzliche Kennzeichnung. Geprüft wird diese von einem Verein, dem neben Handelsketten wie Edeka und Rewe auch Anbauverbände angehören.

    Die Marke „Geprüfte Qualität Bayern“ garantiert, dass ein Produkt zu 100 Prozent in Bayern erzeugt und verarbeitet wurde

    Bioland-Präsident Jan Plagge glaubt, dass Aigners Modell mehr Transparenz schaffen kann. Er warnt jedoch vor falschen Erwartungen: „Das Regionalfenster ist eine reine Herkunftsdeklaration.“ Über artgerechte Tierhaltung oder ökologischen Anbau sage es nichts aus, betont der Augsburger. Wie die Kunden reagieren, werde sich zeigen. Bis April gibt es Produkte mit dieser Kennzeichnung in 20 Testmärkten zu kaufen – unter anderem in Baden-Württemberg.

    Im Freistaat geht man dagegen einen eigenen Weg. Während Aigner ihre Zusatzkennzeichnung am Donnerstag auf der Grünen Woche präsentiert, führt Bayerns Landwirtschaftsminister Helmut Brunner morgen ein eigenes Siegel für regionale Lebensmittel ein – bundesweit das erste. Der Freistaat greift dabei auf die etablierte Marke „Geprüfte Qualität Bayern“ zurück, die garantiert, dass ein Produkt zu 100 Prozent in Bayern erzeugt und verarbeitet wurde. Erweitert wird sie um einen regionalen Zusatz. „Jede Region hat etwas Spezielles zu bieten“, sagt Brunner. „Mit dieser klaren und verlässlichen Kennzeichnung können wir unseren Produkten ein Gesicht geben.“

    Die Schaukäserei Ettal darf ihre Produkte ab sofort mit dem Siegel „Geprüfte Qualität – Ammergauer Alpen“ kennzeichnen. Derzeit laufen die Vorbereitungen für ein fränkisches Siegel. Und auch im Allgäu denkt man darüber nach. „Die Marke

    Auch die Futtermittel sollen aus der Region stammen

    Hermann Sindel ist überzeugt, dass glaubwürdige, regionale Produkte nur eine Chance haben, wenn die Politik Regionalinitiativen wie im Allgäu fördert. Sein Verband fordert ein „regionales Siegel“, das verlässlichen Kriterien unterliegt. Neben den Rohstoffen sollen die Futtermittel aus der Region stammen – und die Vermarktung vor Ort erfolgen. „Das Regionalfenster geht nicht weit genug“, sagt Sindel, da dort auch brasilianisches Soja als Futter zugelassen sei. Und er ist sich sicher: „Bei der nächsten Grünen Woche werden wir klare Kriterien vorstellen.“

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden