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Energie: Wirtschaft fordert mehr Tempo im Ausbau der Windenergie

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Wirtschaft fordert mehr Tempo im Ausbau der Windenergie

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    Im Vergleich werden in Bayern wenig Windräder gebaut.
    Im Vergleich werden in Bayern wenig Windräder gebaut. Foto: Marcus Merk

    An der Windkraft kommt Deutschland nicht mehr vorbei. Fast 20 Prozent trugen Windräder an Land im vergangenen Jahr zur Stromerzeugung bei. Das zeigen neue Zahlen des Bundesverbands Windenergie und des Maschinenbauverbands VDMA. Die Branche sichert rund 100.000 Arbeitsplätze. Doch der Ausbau reicht nicht, warnen die Verbände.

    Nach einem besonders schlechten Zubau-Jahr 2019 sind 2020 zwar wieder mehr Anlagen gebaut worden. Die Menge genüge aber bei weitem nicht, um die Klimaziele zu erreichen und den steigenden Bedarf der Industrie zu decken. „Vor allem im Süden beobachten wir mit Sorge den stockenden Ausbau der Windenergie“, sagte Hermann Albers, Präsident des Bundesverbandes Windenergie.

    In Bayern kamen im Jahr 2020 gerade einmal acht neue Windräder hinzu.

    Raimund Kamm: "Versagen der bayerischen Energiepolitik"

    „Das ist eine Zahl, die das Versagen der bayerischen Energiepolitik spiegelt“, sagte dazu Raimund Kamm unserer Redaktion, Sprecher der Landesvertretung Bayern des Bundesverbands Erneuerbare Energie. „Und es kommt noch schlimmer: Im Jahr 2020 wurde laut Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger in der Konferenz des Energiebeirats der Staatsregierung keine einzige Neugenehmigung beantragt“, berichtet Kamm.

    Genehmigungen und verfügbare Flächen als Nadelöhr

    Bundesweit sind den Verbänden zufolge im vergangenen Jahr 420 neue Anlagen gebaut worden. Dies entspricht einer Leistung von rund 1431 Megawatt – so viel, wie in etwa ein Block eines Atomkraftwerks erzeugt. Für die Energie- und Klimaziele bräuchte man aber eine jährliche Genehmigung von 5000 bis 6000 Megawatt, erklärte Matthias Zelinger vom Branchenverband VDMA. Was ist der Grund für die Lage? Vor allem Genehmigungen bleiben das „Nadelöhr“ für einen stärkeren Ausbau, sagen die Verbände. Auch sei die Bereitstellung von Flächen ein Problem.

    Raimund Kamm: „Neue Windkraftanlagen in Bayern erzeugen Strom sehr günstig.“
    Raimund Kamm: „Neue Windkraftanlagen in Bayern erzeugen Strom sehr günstig.“ Foto: Julia Sewerin

    In Bayern kritisiert Energie-Experte Kamm den schleppenden Ausbau: „Bayern ersetzt nicht den wegfallenden Strom der stillgelegten Atom- und Kohlekraftwerke, sondern macht sich immer abhängiger von Stromimporten“, sagt er. Der Freistaat habe über zehntausend Arbeitsplätze bei Zulieferern der Windindustrie, Planern und Projektierern verloren. „Dabei könnten wir die regionale Wertschöpfung gut gebrauchen“, sagt Kamm. „Wir können mit einem Mix aus Bioenergie, Erdwärme und Geothermie, Solar-, Wasser- und Windkraft unser Land zu 100 Prozent mit klimafreundlichen erneuerbaren Energien versorgen.“

    Windstrom muss dabei nicht teuer sein: Eine Kilowattstunde kostete 2020 im Durchschnitt 2,4 Cent, berichtete der VDMA und der Bundesverband Windenergie. Ein Haushalt zahlt im Vergleich dazu rund 30 Cent. Das liegt vor allem an Steuern und staatliche Umlagen.

    Bertram Brossardt, vbw: "Energiewende muss in der Landschaft sichtbar sein dürfen"

    Auch die Wirtschaft macht jetzt Druck: Der Ausbau der erneuerbaren Energien müsse schneller vorangehen, sagte Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw), bei der Vorstellung eines Berichts zur Energiewende im Freistaat. „Bayern hat im Bereich Photovoltaik bereits gute Erfolge erreicht. Wir müssen aber auch bei der Windenergie schneller vorankommen“, forderte Brossardt. Sein Verband unterstütze deshalb eine Überarbeitung der 10-H-Regel im Freistaat, wonach der Abstand eines Windrades zur Bebauung im Regelfall das Zehnfache der Höhe betragen muss. Zwar können die Kommunen von dieser Regel abweichen, nutzen die Option aber kaum.

    „Wir müssen die Verfahren beschleunigen, wann und unter welchen Bedingungen von 10-H abgewichen werden kann“, sagte Brossardt deshalb. Er kritisierte zudem den Widerstand gegen die Windkraft.

    Bertram Brossardt, vbw: "Energiewende muss in der Landschaft sichtbar sein dürfen."
    Bertram Brossardt, vbw: "Energiewende muss in der Landschaft sichtbar sein dürfen." Foto: Matthias Balk, dpa

    In Deutschland drehten sich Ende 2020 bereits 29.608 Windräder. Politik und Bevölkerung müsse bewusst sein, dass die Energiewende nicht unsichtbar vollzogen werden kann, forderte Brossardt. „Sie muss auch in der Landschaft sichtbar sein dürfen – mit Photovoltaik-, Windenergieanlagen und mit Stromnetzen“, sagte er. „Wer die Energiewende will, muss auch aushalten, dass sie stattfindet.“

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