Startseite
Icon Pfeil nach unten
Wirtschaft
Icon Pfeil nach unten

"Energie-Soli": Solarstrom-Erzeugern drohen saftige Zahlungen

"Energie-Soli"

Solarstrom-Erzeugern drohen saftige Zahlungen

    • |
    Von der Industrie bis zum Bürger soll ab 2015 eine pauschale Abgabe fällig werden für neue Anlagen, um sich selbst mit Strom zu versorgen.
    Von der Industrie bis zum Bürger soll ab 2015 eine pauschale Abgabe fällig werden für neue Anlagen, um sich selbst mit Strom zu versorgen. Foto: Patrick Pleul, dpa

    Manfred Guggenmos ahnt, dass hier nichts Gutes auf ihn zukommt. Der umtriebige Handwerker installiert mit seinem Betrieb und 20 Mitarbeitern in Warmisried im Allgäu Photovoltaikanlagen auf Hausdächern. Immer mehr Hausbesitzer machen sich unabhängiger von den Energieversorgern – und den steigenden Stromkosten.

    Sie bauen sich eine Solaranlage auf das Dach, speisen den Strom aber nicht wie früher ins Netz ein, sondern nutzen ihn selbst im Haus – zum Kochen, für die Waschmaschine oder zum Betrieb der Heizung. Das ist billiger, als Strom zu kaufen. „Wir installieren praktisch täglich so eine Photovoltaik-Anlage“, sagt Guggenmos. Jetzt gerät dieses Erfolgsmodell in Gefahr.

    Strom-Selbstversorger müssen in Zukunft "Energie-Soli" zahlen

    Denn künftig sollen alle Besitzer neuer Solaranlagen eine „Solidar-Abgabe“ auf ihren selbst genutzten Strom zahlen. Darauf haben sich die Unterhändler von Union und SPD geeinigt, hieß es gestern aus Koalitionskreisen. Alle Strom-Selbstversorger – vom Industrieunternehmen bis zum kleinen Bürger – sollen 40 Prozent der Ökostromumlage als „Energie-Soli“ entrichten. Das wären derzeit rund 2,5 Cent pro Kilowattstunde. Betroffen wären alle neuen Anlagen. Bestehende Anlagen sollen Bestandsschutz genießen. Bisher gibt es keine Abgaben auf den Eigenverbrauch.

    Hintergrund ist die Ökostrom-Reform von SPD-Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel. Dieser will die steigenden Stromkosten in den Griff bekommen, indem er das Erneuerbare-Energien-Gesetz, kurz EEG, überarbeitet. Derzeit befasst sich die Politik in Berlin mit den Entwürfen. Zum Beispiel geht es darum, die Vergütung für die Betreiber von Windparks zu senken. Aber auch wer auf dem Dach Sonnenstrom für den Eigenbedarf produziert, soll künftig einen Beitrag leisten.

    Wer zahlt für den Erhalt der Stromnetze?

    Elektromeister Manfred Guggenmos hält das für absurd: „Das ist, als würde man Radieschen im Garten anpflanzen – und müsste dann eine Abgabe darauf zahlen“, sagt er. Er befürchtet einen weiteren Rückschlag für die Branche und bezeichnet die Pläne als „Frechheit“. Energieunternehmen weisen dagegen auf ein Problem der Selbstversorgung hin: Wenn immer mehr Privatleute und Firmen ihren Strom selbst erzeugen, wer soll dann für den Erhalt der Stromnetze aufkommen? Durch die steigende Selbstversorgerzahl werden die Umlagen und Abgaben auf weniger Schultern verteilt, die anderen Verbraucher zahlen mehr. Auf einen Netzanschluss kann aber auch ein Selbstversorger nicht verzichten. Schließlich liefert eine Photovoltaik-Anlage zur trüben Jahreszeit kaum Strom. Somit ergebe es Sinn, dass sich Selbstversorger an den Umlagen beteiligen.

    Dass aber selbst Mini-Anlagen auf Einfamilienhausdächern betroffen sein könnten, das ist neu. Bisher ging man davon aus, dass Sigmar Gabriel allein das Gewerbe und größere Privathaushalte belasten will. Die Rede war von einer Abgabe in Höhe von 50 Prozent der Ökostromumlage. Kleinere Anlagen unter 10 Kilowatt Leistung sollten aber befreit bleiben, hieß es bislang.

    Bundesverband für Solarwirtschaft: "Energie-Soli" bestraft Klimaschützer

    Eine Abgabe für Eigenheimbesitzer stieß deshalb gestern auf harte Kritik: „Das schlägt dem Fass den Boden aus!“, schimpfte Carsten Körnig vom Bundesverband Solarwirtschaft. „Wer Klimaschützer derart bestraft, wird die Energiewende gegen die Wand fahren.“ Der Hauptgeschäftsführer warnte davor, dass mit der geplanten „Sonnensteuer“ kaum noch Investitionen in neue Solaranlagen getätigt werden. Die Bundesregierung könnte ihre eigenen Ziele für den Ausbau der Sonnenenergie verfehlen.

    Eigenverbrauch als Hoffnungsträger der Solarbranche

    Denn der Eigenverbrauch gilt als Hoffnungsträger der gebeutelten Solarbranche. Aufgrund der Förderkürzungen ist die Photovoltaik-Nachfrage zuletzt um zwei Drittel eingebrochen, berichtet der Bundesverband Solarwirtschaft. Strom ins Netz einzuspeisen, ist kaum mehr rentabel. Der Eigenverbrauch dagegen wurde mit den sinkenden Preisen für Solarmodule immer attraktiver. Beim Bundesverband Solarwirtschaft geht man derzeit von Erzeugungskosten, für Solarstrom in Deutschland, deutlich unter 20 Cent pro Kilowattstunde aus. Strom aus dem Netz ist teurer und nähert sich der 30-Cent-Marke an.

    Und da ein Durchschnittshaushalt rund 3500 Kilowattstunden Strom im Jahr braucht, hat die Sonnenergie nach wie vor viele Bauherren überzeugt. Ende 2013 waren rund 65 500 Ökostrom-Anlagen an das Netz der Lechwerke mit Sitz in Augsburg angeschlossen – das Meiste davon Photovoltaik. Wird eine neue Anlage gebaut, spielt der Eigenverbrauch dabei eine große Rolle: Über 90 Prozent der neuen Photovoltaik-Anlagen haben heute einen Eigenverbrauchsanteil, berichtet der Bundesverband Solarwirtschaft. (mit dpa)

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden