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Einkaufen: Das Sterben der Kataloge

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Das Sterben der Kataloge

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    Der Neckermann-Katalog hat ausgedient. Im allerersten, nur zwölf Seiten dicken Heft präsentierte das Unternehmen 1950 nur Textilien. 1955 hatte der Versandhändler „die Sensation des Jahres“ im Angebot: einen Fernseher „zum aufsehenerregenden Preis von 648 Mark“.
    Der Neckermann-Katalog hat ausgedient. Im allerersten, nur zwölf Seiten dicken Heft präsentierte das Unternehmen 1950 nur Textilien. 1955 hatte der Versandhändler „die Sensation des Jahres“ im Angebot: einen Fernseher „zum aufsehenerregenden Preis von 648 Mark“. Foto: dpa, Archiv

    Neckermann will noch rechtzeitig die Kurve bekommen. Das Schicksal von Quelle vor Augen, vollzieht der kriselnde Versandhändler einen radikalen Kurswechsel. Die Kataloge fallen weg, die Eigentextil-Sparte wird eingestellt, das Logistikzentrum in Frankfurt wird dichtgemacht. Das Unternehmen, das rund 2500 Mitarbeiter beschäftigt, will mehr als jede zweite Stelle streichen, wie am vergangenen Freitag bekannt wurde. Neckermann, das sich seit 2006 in die neckermann.de GmbH umbenennt, will ein reiner Online-Händler werden.

    Millionen-Investitionen im Internet, Tod der Kataloge

    Zwar gehört das Unternehmen zu den drei größten Online-Versendern in Deutschland und macht 80 Prozent seines Umsatzes im Internet – schleppt aber derzeit noch das schwächelnde Kataloggeschäft mit sich. Während der profitable E-Commerce zweistellig zulegt, ist das Katalog-Geschäft im Sinkflug. Im ersten Quartal 2012 ging der Umsatz in diesem Bereich um 50 Prozent zurück. Der Grund ist klar: Die Mengen im Katalog-Geschäft nehmen ab, die Kosten sind dagegen hoch. Seinen dicken Hauptkatalog hat Neckermann bereits eingestellt, nun folgen auch alle Sortiments-Kataloge. Dies soll Spielraum schaffen für Millionen-Investitionen ins Internet.

    „Die dicken Kataloge haben eine ganze Menge Nachteile“, meint Trendforscher Marco Atzberger vom Handelsinstitut EHI. In den sehr umfangreichen Hauptkatalogen müssten sich die Versandhändler für ein halbes Jahr auf ihr Sortiment und ihre Preise festlegen. Das sei ein klarer Nachteil gegenüber den reinen Online-Portalen, die jederzeit auf die Nachfrage bei Produkten reagieren könnten. Nach Einschätzung des Handelsexperten findet eine Kannibalisierung innerhalb des Versandhandels statt – ein Wechsel von den traditionellen Katalogen mit einer Bestellkarte und dem Anruf bei einer Hotline hin zum Einkaufen per Mausklick bei den Online-Portalen.

    Die Verbraucher werden nach Meinung von Branchenbeobachtern zwar auch in Zukunft noch Kataloge erhalten. Diese dürften aber schmaler sein und eher in Richtung Kundenmagazin gehen. Im Katalog wird also noch gestöbert – bestellt wird dann aber zum größten Teil im Internet. Der Trend zu Online-Bestellungen ist ungebrochen, 2011 lag der Anteil am Gesamtumsatz bereits bei 65 Prozent. Insgesamt boomt der Versandhandel seit Jahren. 2011 erzielte die Branche einen Rekordumsatz von 34 Milliarden Euro, das war ein Plus von mehr als zwölf Prozent – Tendenz steigend.

    Wer den Einkaufsboom per Internet verpasst, dem droht das Aus

    Wer aber den Einkaufsboom per Internet verpasst, dem droht das Aus – wie dem legendären Versandhändler Quelle. 2009 ging das einstige Vorzeige-Unternehmen in die Insolvenz. Zu spät war Quelle ins Internet-Geschäft eingestiegen, erste Erfolge beim radikalen Umbau wurden von der

    So gingen letztlich aus dem Konkurrenzkampf der großen, von ihren Gründern und Besitzern geprägten Versandhäuser wie Quelle, Neckermann und Otto die Hamburger als Gewinner hervor – auch dank ihres frühzeitig angeschobenen Online-Geschäftes. Aber auch bei der Otto Group in Hamburg, dem weltweit größten Versandhandelsunternehmen, herrscht Unruhe.

    Auch Marktführer Otto will Synergien schaffen

    Das Management will die drei deutschen Versandhändler Otto in Hamburg, Baur in Burgkunstadt und Schwab in Hanau stärker miteinander verzahnen und unter eine gemeinsame Leitung stellen. Die Details sind noch unklar. Die Otto-Führung musste sich deshalb vor wenigen Tagen auf einer Betriebsversammlung deutliche Worte vom Betriebsrat anhören, der eine klare Strategie für die Positionierung der Unternehmen vermisst.

    Otto weist das zurück. „Wir handeln als größter Mode- und Lifestyle-Online-Händler aus einer Position der Stärke und sind in einer völlig anderen Situation als Neckermann“, sagte ein Sprecher. Die Unternehmen erwirtschaften Gewinn, müssten aber wettbewerbsfähig gehalten werden. Bis zum Herbst wird sich herausstellen, ob es bei Otto zu betriebsbedingten Kündigungen kommt; dann soll mit der Umsetzung begonnen werden. dpa

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