Startseite
Icon Pfeil nach unten
Wirtschaft
Icon Pfeil nach unten

EEG: Nach dem Klima-Urteil: Druck für zügigeren Ökostrom-Ausbau steigt

EEG

Nach dem Klima-Urteil: Druck für zügigeren Ökostrom-Ausbau steigt

    • |
    Selbst die Industrie setzt sich für mehr Ökostrom ein.
    Selbst die Industrie setzt sich für mehr Ökostrom ein. Foto: Matthias Becker, dpa (Symbol)

    In seinem wegweisenden  Klima-Urteil hat das Bundesverfassungsgericht der Regierung den Auftrag auf den Weg gegeben, die Senkung von CO2-Emissionen nicht zulasten der jungen Generation auf die lange Bank zu schieben. Eine Schlüsselfunktion dürfte dabei auch dem Erneuerbare-Energien-Gesetz, kurz EEG, zukommen, das den Ausbau der regenerativen Energien von Wind, Sonne oder Biomasse steuert. Kürzlich hat die Bundesregierung die Ausbauziele für das kommende Jahr angehoben. Doch Ökonomen und die Industrie warnen, dass das nicht reicht.

    Wirtschaftsministerium: "Verdreifachen die Ausschreibung 2022 für Photovoltaik"

    Die schwarz-rote Koalition hatte sich im April entschlossen, kommendes Jahr mehr Kapazitäten für den Zubau von Wind- und Solaranlagen auszuschreiben. „Wir verdreifachen die Ausschreibungsmengen 2022 für Photovoltaik von 1,9 Gigawatt auf 6 Gigawatt und erhöhen sie für Wind an Land von 2,9 Gigawatt auf 4 Gigawatt“, berichtet das Bundeswirtschaftsministerium von Peter Altmaier, CDU. Zudem werden Ersatzinvestitionen in Windkraftanlagen erleichtert – das sogenannte Repowering.

    Claudia Kemfert: "Laufen sehenden Auges in eine Ökostromlücke"

    Nach Ansicht der Energieökonomin Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung ist dies allein aber zu wenig. „Es ist überfällig, dass die Regierung die Ausbauziele der erneuerbaren Energien zumindest leicht erhöht“, sagte die Professorin. So werde nicht noch mehr Zeit vergeudet. „Und doch laufen wir noch immer sehenden Auges in eine Ökostromlücke, da die Ausbauziele erneuerbarer Energien noch immer nicht ausreichen“, warnt Kemfert.

    Die Regierung rechne mit einem zu geringen Strombedarf, argumentiert Kemfert. Durch die Elektromobilität und den Einsatz von Wärmepumpen in Gebäuden werde dieser höher ausfallen als die Regierung annehme.

    Claudia Kemfert ist Energieökonomin am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung und Buchautorin.
    Claudia Kemfert ist Energieökonomin am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung und Buchautorin. Foto: Oliver Betke

    „Wie wir in einer neuen Studie zeigen, müssen die Ausbauziele mindestens vervierfacht beziehungsweise versechsfacht werden. Mindestens 20 Gigawatt Solar- und knapp 10 Gigawatt Windenergie müssen pro Jahr zugebaut werden, um eine Ökostromlücke zu vermeiden und die Klimaziele zu erreichen“, berichtet Kemfert.

    Holger Lösch, BDI: "Hohe Mengen erneuerbaren Stroms nötig"

    Selbst die Industrie fordert ein höheres Tempo: „Der aktuelle Ausbau verläuft schleppend und muss auf Zielkurs gebracht werden“, sagte der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Bundesverband der Deutschen Industrie, Holger Lösch, unserer Redaktion.

    „Notwendig ist ein schneller und kosteneffizienter Ausbau der erneuerbaren Energien sowie ihre Integration in das deutsche Energiesystem“, fügt Lösch an. „Ein rascher Ausbau ist umso dringlicher, als der Wandel hin zu klimafreundlichen Industrieprozessen sehr hohe Mengen erneuerbaren Stroms benötigt“, betont er.

    Die Industrie mahnt zudem, die stärkere Nutzung von grünem Strom nicht durch hohe Strompreis zu konterkarieren – beispielsweise durch eine zu hohe Umlage für erneuerbare Energien, die EEG-Umlage.

    Das ist auch der Politik bewusst: „Wir sorgen dafür, dass die EEG-Umlage weiter sinkt – in den Jahren 2023 und 2024 soll sie höchstens 5 Cent pro Kilowattstunde betragen“, teilte das Wirtschaftsministerium auf Anfrage mit.

    Industrie fordert bezahlbare Strompreise

    Die Industrie fordert bei den Preisen dagegen rascheres Handeln: „Die Strompreise in Deutschland zählen weltweit zu den höchsten und schaden der Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes. Die Bundesregierung muss die beschlossenen Reduktionen der EEG-Umlage nahtlos weiterführen, mit dem Ziel, die Umlage bis 2025 abzuschaffen“, sagte BDI-Vertreter Lösch. „Nur so wird die Nutzung von immer grünerem Strom wirtschaftlich attraktiv.“

    Mit Blick auf das Klima-Urteil des Bundesverfassungsgerichts bekundet das Bundeswirtschaftsministerium auf Anfrage unserer Redaktion, schnell Gespräche zu führen: "Die Bundesregierung hat sich zur Klimaneutralität bis 2050 verpflichtet. Dazu gibt es fortlaufende Gespräche - auch und vor allem im Hinblick des jüngsten Bundesverfassungsgerichtsurteils zum Klimaschutzgesetz", teilte das Ministerium mit. Die Bundesumweltministerin, die federführend für das Klimaschutzgesetz zuständig ist, habe bereits Vorschläge angekündigt. "Das Bundeswirtschaftsministerium ist bereit, diese Vorschläge zügig zu prüfen und uns zügig einzubringen", berichtete das Wirtschaftsministerium in Berlin weiter. "Die Gespräche dazu sind bereits am Wochenende gestartet."

    Es werde dann die Aufgabe der Bundesregierung sein, auf dieser Basis verbindliche Klimaziele für die Jahre nach 2030 und gleichzeitig ambitioniertere Klimaziele bis 2030 im Klimaschutzgesetz zu verankern, so das Wirtschaftsministerium.

    Lesen Sie auch:

    FDP-Politiker Buschmann: "Unser Klimakonzept ist das härteste"

    Bayern will bis 2030 klimaneutral werden

    "Strombedarf wird signifikant höher sein als die Regierung annimmt"

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden