Startseite
Icon Pfeil nach unten
Wirtschaft
Icon Pfeil nach unten

E-Reader „Tolino“: Weltbild greift Amazon an

E-Reader „Tolino“

Weltbild greift Amazon an

    • |
    Das Gerät, das Amazons "Kindle" Konkurrenz machen soll: der „Tolino“.
    Das Gerät, das Amazons "Kindle" Konkurrenz machen soll: der „Tolino“. Foto: dpa

    Die führenden deutschen Buchhändler setzen in Zukunft auf eine strategische Partnerschaft, um bei der Digitalisierung des Buchmarktes mithalten zu können. Gemeinsam mit der Deutschen Telekom bringen Weltbild, Hugendubel, Thalia und Club Bertelsmann am kommenden Donnerstag ihren eigenen E-Book-Reader auf den Markt, den „Tolino“. Diesen stellten die Vertreter der jeweiligen Unternehmen gestern in Berlin bei einer Pressekonferenz vor. Damit wollen sie mit Amazons Erfolgsprodukt, dem Lesegerät „Kindle“, in Konkurrenz treten.

    Bislang machen laut einer Statistik der Gesellschaft für Konsumforschung elektronische Formate einen Anteil von 3,2 Prozent am deutschen Gesamtbuchmarkt aus. Doch die Tendenz ist steigend, allein im vergangenen Jahr haben sich die Verkäufe im Vergleich zu 2011 verdoppelt. In den USA ist bereits jedes vierte verkaufte Buch ein E-Book. Eine solche Zahl hält auch Michael Busch, Vorsitzender der Geschäftsführung der Thalia Holding, in den kommenden Jahren in Deutschland für möglich.

    Amazon gilt im E-Book-Geschäft als Marktführer

    Ein Trend, der nicht aufzuhalten ist und bei dem sich jetzt auch Weltbild und die anderen kooperierenden Buchhändler ihre Marktanteile sichern wollen. „Die Zukunft der deutschen Buchbranche soll auch weiterhin bei uns liegen und nicht in den Händen börsennotierter amerikanischer Konzerne“, sagte dazu Carel Halff, Vorsitzender der Weltbild-Geschäftsführung. Gemeinsames Ziel sei es, zu den ersten Adressen beim digitalen Lesen zu gehören.

    Bislang gilt Amazon im E-Book-Geschäft als Marktführer, der Onlinehändler nennt aber von Anfang an keine Absatzzahlen zu seinen Lesegeräten und digitalen Büchern. Es heißt immer nur, die E-Reader seien das populärste Produkt im Angebot. Marktbeobachter gehen auf jeden Fall von Millionen verkauften Geräten aus.

    Weltbild, Hugendubel, Thalia und Club Bertelsmann bieten Amazon die Stirn

    Weltbild, Hugendubel, Thalia und Club Bertelsmann machen laut Michael Busch mit ihren bisherigen elektronischen Angeboten 30 bis 40 Prozent in der neuen Sparte des Buchhandels aus. Diese Marktanteile wollen sie auch in Zukunft und bei steigenden Verkäufen halten, erklärt Busch. Inwiefern noch höhere Ziele gesteckt sind, wollte er bei der gestrigen Pressekonferenz nicht sagen.

    Das ist Amazon

    Gegründet wurde Amazon 1994 von Jeff Bezos.

    Sitz der Konzern-Zentrale ist Seattle, die europäische Firmenzentrale ist in Luxemburg.

    Deutsche Zentrale von Amazon ist in München. Logistikzentren gibt es in Graben, Bad Hersfeld, Leipzig, Rheinberg, Werne, Pforzheim, Koblenz und Brieselang. Kundenserviezentren betreibt Amazon in Berlin und Regensburg.

    Der weltweite Netto-Umsatz von Amazon betrug 2015 rund 107 Milliarden US-Dollar.

    Bei Amazon sollen weltweit über 300.000 Menschen beschäftigt sein. Die Zahlen schwanken aber stark. Gerade im Vorweihnachtsgeschäft beschäftigt der Konzern Massen von Leih- und Saisonarbeitern.

    Wegen seiner Arbeitsbedingungen steht Amazon regelmäßig in der Kritik.

    Gewerkschaften kritisieren, dass Amazon Leiharbeiter schlecht behandle. Zudem ist von Lohndrückerei und hohem Kontrolldruck die Rede.

    Amazon hat nach eigenen Angaben die weltweit größte Auswahl für Bücher, CDs und Videos im Internet.

    Amazon zählt neben Apple, Google, Facebook und Ebay zu den wichtigsten und einflussreichsten Online-Unternehmen der Welt.

    2014 brachte Amazon sein eigenes Smartphone mit dem Namen "Firephone" auf den Markt - was allerdings kein rechter Erfolg wurde.

    Gegen die Konkurrenten im E-Book-Geschäft soll sich der „Tolino“ vor allem wegen seines offenen Systems durchsetzen. Der Nutzer kann auf eine Bibliothek mit über 3000000 Titel zugreifen. Die erworbenen, elektronischen Formate werden in einer Cloud, also einer persönlichen Plattform im Internet, gespeichert. Auf die kann der Nutzer entweder über sein Internet zu Hause, an über 11000 Hotspots der Telekom oder in den jeweiligen Filialen der beteiligten Buchhändler zugreifen.

    E-Reader „Tolino“: Weltbild erhofft sich einen Wachstumsschub

    Die Beratung und der Service vor Ort sollen sich mit der neuen Cloud-Strategie ergänzen. Thomas Kiessling, Innovationschef der Telekom, betonte als weiteren Vorteil die Unabhängigkeit vom Endgerät. Die Inhalte lassen sich nicht nur am E-Book-Reader, sondern auch am Smartphone oder Heimcomputer wieder abrufen.

    Carel Halff sieht in Kooperation mit den anderen Buchhändlern „die größte unternehmerische Chance“. Der Vorsitzende der Verlagsgruppe Weltbild erhofft sich durch den neuen E-Book-Reader einen Wachstumsschub. Trotzdem betonte er in der Pressekonferenz: „Wir bleiben Konkurrenten.“ Das Kartellrecht sei durch die Partnerschaft nicht berührt.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden