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E-Mobilität: Wenn aus Tanken Laden wird: Wie wird die Tankstelle der Zukunft?

E-Mobilität

Wenn aus Tanken Laden wird: Wie wird die Tankstelle der Zukunft?

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    Wie schaut die Tankstelle der Zukunft aus? Bei Zusmarshausen entsteht derzeit eine der größten Strom-Tankstellen.
    Wie schaut die Tankstelle der Zukunft aus? Bei Zusmarshausen entsteht derzeit eine der größten Strom-Tankstellen. Foto: Marcus Merk

    Was in zehn Jahren ist? „Das weiß keiner“, sagt Andreas Meiringer. Nun gilt das für alles, immer und jeden, aber für Tankstellen-Inhaber derzeit vielleicht etwas mehr. Bei Auto Meiringer in Schwabmünchen fahren seit vier Generationen Benziner und Diesel vor. Das wird auch noch lange so bleiben. Die Frage ist aber: Wie viele werden es künftig sein? Meiringer sagt: „Hier als Unternehmer eine Entscheidung zu treffen, ist wahnsinnig schwierig.“

    Immer mehr Elektro-Autos fahren auf Deutschlands Straßen. Laut Kraftfahrtbundesamt sind inzwischen deutlich über eineinhalb Millionen Stromer (BEV und Hybrid) unterwegs. Im Juli wurden allein 25.464 reine E-Autos neu zugelassenen, eine Steigerung im Vergleich zum Vorjahresmonat von über 50 Prozent. Benziner und Diesel brachen dagegen um 39 und 47 Prozent (im Vergleich zum Juli 2020) ein. Natürlich machen die insgesamt über 46 Millionen Verbrenner noch immer den Großteil des Bestandes aus. Aber die E-Wende beschleunigt sich rapide.

    Andreas Meiringer aus Schwabmünchen: "Da müssen wir mitmachen"

    Was bedeutet das heute für die rund 14.000 Tankstellen? Meiringer ist pragmatisch: „Wir sind offen für alles Neues, egal ob das Ladepunkte für Stromer oder Wasserstoff-Autos sind. Das ist das große Rad, das gerade gedreht wird, das können wir nicht beeinflussen, da müssen wir mitmachen.“ Noch kann man bei ihm keine E-Autos aufladen. Die Investition für eine E-Säule könne er alleine ohnehin nicht stemmen. Das würde sich für ihn alleine gar nicht rentieren und gehe nur mit seinen Geschäftspartnern und würde dann von diesen entschieden.

    Zapfpistolen für verschiedene Kraftstoffarten hängen an einer Zapfsäule - bisher noch ein gewohntes Bild.
    Zapfpistolen für verschiedene Kraftstoffarten hängen an einer Zapfsäule - bisher noch ein gewohntes Bild. Foto: Sven Hoppe, dpa (Symbolbild)

    Der 36-Jährige bekommt derzeit eine Provision pro verkauftem Liter. Er weiß: „Der Kuchen wird für alle kleiner. Der Absatz an Benzin und Diesel wird weniger. Das trifft alle und wir müssen uns breiter aufstellen.“ Andererseits sagt er: „Es ist doch schon seit Jahren so, dass wir allein vom Spritverkauf nicht existieren können. Man muss schon heute eine Art Tausendsassa sein.“ Er führt die Tankstelle, zu der auch ein kleiner Supermarkt, ein Paket-Shop und das Fahrradgeschäft Bikeoholix gehören, gemeinsam mit seiner Schwester. Meiringer findet es falsch, dass Deutschland vor allem auf E-Mobilität setzt. Er hofft darauf, dass sich E-Fuels – also synthetisch Kraftstoffe, die sauber verbrennen – durchsetzen. „Wir sollten uns breiter aufstellen und nicht das eine, die E-Mobilität, politisch erzwingen wollen.“

    Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer: "Jetzt planen, was man mit der Tankstelle macht"

    Was sich auch immer durchsetzt, Tankstellen-Besitzer werden Tausendsassas bleiben müssen. Und sie müssen sich jetzt umstellen, sagt Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer: „Wichtig ist, den Zug nicht zu verpassen, also jetzt schon planen, was man mit seiner Tankstelle in zehn Jahren macht.“ Der Direktor des Center Automotive Research (CAR) in Duisburg erklärt: „Reine Elektroautos machen heute sehr geringen Prozentsatz der Pkw auf unseren Straßen. Das wird sich in den nächsten Jahren ändern, aber es geht im Schneckentempo, sodass die Tankstellen Zeit zur Anpassung haben. Es braucht weniger von ihnen und in 25 Jahren dürften die Verbrenner zu den Oldtimern gehören.“

    Auch Stefan Bratzel, Direktor des Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach sagt: „Tankstellen müssen sich ähnlich wie die Autoindustrie transformieren, um zu überleben. Mit Zeitverzug trifft die E-Mobilität auch sie.“ Da auf dem Land überwiegend in der eigenen Garage geladen werde, könnten Tankstellen mit Schnelllademöglichkeiten die deshalb entstehenden Umsatzverluste kaum ausgleichen. „Sie brauchen andere Umsatzbringer als Sprit oder Strom. Aber schon heute erzielen sie die höchsten Margen mit Lebensmitteln.“

    Was machen Tank & Rast, Aral oder Shell?

    Bei den Branchengrößen hat man sich bereits auf den Wandel eingestellt. Tank & Rast etwa meldete Ende Juli, dass immer mehr Menschen mit dem Elektroauto in die Sommerfrische fahren. Entsprechend sei das E-Ladenetz des Anbieters an den Autobahnen frequentiert worden. Im Juni verzeichnete er 61.011 Ladevorgänge, was laut Tank & Rast fast dreimal so viele wie im Vorjahresmonat (22.737) gewesen seien. Im ersten Halbjahr dieses Jahres seien insgesamt bereits 257.727

    Bei Shell Deutschland rechnet man in den nächsten zehn Jahren mit sechs bis acht Millionen zugelassenen E-Fahrzeugen. Künftig werde ein Fünftel der Ladevorgänge an Tankstellen stattfinden, vor allem jene, bei denen der Ladevorgang schnell gehen soll. Der Rest der Ladevorgänge fände zu Hause, bei der Arbeit oder unterwegs statt. Eine Sprecherin sagt: „Entsprechend denken wir beim Aufbau der Ladeinfrastruktur seit jeher über die Tankstelle hinaus.“ 2017 hat

    In einer gemeinsamen Studie von Aral und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt über „Die Tankstelle der Zukunft“ sieht man die Chancen, die die Mobilitätstrends bis 2040 für neue Geschäftsfelder eröffnen. Im ländlichen Raum würden dabei „Versorgung und Logistik“ in den Focus rücken. Die Tankstellen, heißt es dort, könnten auf dem Land „zusätzlich weitere Funktionen übernehmen“. Sie könnten nicht nur Treffpunkt, Supermarkt oder Paketdienstleister sein. Denkbar sei auch ein kombinierter Personen- und Güterverkehr. Heißt: Handwerker oder Pflegedienste könnten auf ihren täglichen Routen Pakete von Tankstellen einsammeln und zu ihren Kunden oder Patienten mitnehmen.

    Fährt das Tankfahrzeug künftig zum Auto?

    Man weiß zwar noch nicht, wie Handwerk und Pflegedienst zu ihren prognostizierten Geschäftsmöglichkeiten stehen, aber wer weiß schon, was in zehn Jahren ist?

    Vielleicht setzt sich auch ein Konzept durch, das bereits vor ein paar Jahren in der Schweiz bei einem Designwettbewerb von Avenergy Suisse ausgezeichnet wurde: Die Idee ist, dass die Kunden per Handy ihren Tank befüllen können. Die Tanke fährt quasi vor. Der elektrisch betriebene und autonom fahrende Tanker wird via App zum eigenen Auto geordert und bezahlt. Allerdings war die Idee noch fürs Betanken von Verbrennern gedacht.

    Andreas Meiringer ist von dem Konzept noch nicht überzeugt.

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