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Dieselskandal: Ex-Audi-Chef vor Gericht: Stadlers Verteidiger wollen Prozess kippen

Dieselskandal

Ex-Audi-Chef vor Gericht: Stadlers Verteidiger wollen Prozess kippen

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    Rupert Stadler, ehemaliger Vorstandsvorsitzender der Audi AG, sitzt im Gerichtssaal im Landgericht München.
    Rupert Stadler, ehemaliger Vorstandsvorsitzender der Audi AG, sitzt im Gerichtssaal im Landgericht München. Foto: Matthias Schrader, dpa

    Es ist eine bewusste Entscheidung, wie das Landgericht München II die Sitzordnung im Hochsicherheitssaal von Stadelheim angeordnet hat. Links hat es den beiden Ingenieuren Giovanni P. und Henning L. ihre Plätze zugeordnet. Mit dem Rücken zum Zuschauerraum sitzen deren frühere Vorgesetzten, der ehemalige Chef der Audi-Motorenentwicklung, Wolfgang Hatz, und der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Audi AG, Rupert Stadler. Rechts im Saal haben, wie immer, die Vertreter der Staatsanwaltschaft um Dominik Kieninger ihre Posten bezogen. Dass zwischen Verteidigung und Anklage imaginäre Gräben verlaufen, ist evident.

    Dass sich diese auch zwischen den Angeklagten auftun, kann durchaus vorkommen, ist in diesem Mammutprozess besonders relevant und war am zweiten Prozesstag dieses Großverfahrens offensichtlich. Wie tief allerdings der Abgrund zwischen den Verteidigern des früheren Audi-Chefs Stadler und der Staatsanwaltschaft klafft, das war in diesem Ausmaß vielleicht nicht zu erwarten.

    Alle vier Angeklagten müssen sich wegen Betruges, mittelbarer Falschbeurkundung und strafbarer Werbung verantworten. Die drei Ingenieure P., L. sowie Hatz sollen zusammen dafür gesorgt haben, dass ab 2009 verkaufte Dieselmotoren die Grenzwerte mit Schummel-Software auf dem Prüfstand einhalten, auf der Straße aber mehr Abgase rausblasen als erlaubt. Stadler soll erst 2015 von den Manipulationen erfahren, den Verkauf betroffener Autos in Europa aber nicht verhindert haben.

    Stadlers Verteidiger im Dieselskandal-Prozess: "Grob unfair"

    In ihrem mit Spannung erwarteten Opening-Statement gingen dessen Anwälte Thilo Pfordte und Ulrike Thole die Staatsanwaltschaft München II frontal an. Deren bisherige Verfahrensführung sei „grob unfair“, sagte Pfordte. Die ganze Anklage befinde sich in „Schieflage“. Der größte Teil beziehe sich auf die drei anderen Beschuldigten, betonte der Münchener Fachanwalt für Strafrecht. Die Vorwürfe gegen seinen Mandanten seien erst auf den letzten Seiten angehängt. Der müsse als „Galionsfigur“ herhalten. Zudem befürchten Pfordte und Thole, dass die aktuelle Konstellation es Stadler sehr schwer machen werde, sich ordentlich zu verteidigen. Denn viele Zeugen würden in diesem oder anderen laufenden Verfahren – unter anderem gegen drei weitere Ex-Vorstände von Audi – zum Abgas-Skandal selbst als Beschuldigte geführt.

    Sie könnten also die Aussage verweigern und eben nicht konfrontativ befragt werden. Das – unter anderem – gehe zu Lasten Stadlers. Der frühere Ingolstädter Top-Manager bestreitet die Vorwürfe der Anklage. Die Verteidiger lenkten zudem auch den Blick auf den früheren Audi-Vorstand als „Kollegialorgan“. Thole sagte: „Einen roten Knopf, der ausschließlich vom Vorstandsvorsitzenden betätigt werden kann und der die Bänder unter Vermeidung von Schäden für das Unternehmen und seine Belegschaft zum Stillstand bringt, gibt es nicht.“ Die Anklage verzerre Sachverhalte zum Nachteil Stadlers „bis zur Unkenntlichkeit“. Nach diesen, über eine Stunde lang vorgetragenen Salven gegen Staatsanwalt Kieninger beantragten die Verteidiger zum Ende eines langen Gerichtstages, die Hauptverhandlung gegen ihren Mandanten auszusetzen und das Verfahren von denjenigen gegen die drei anderen Beschuldigten abzutrennen. Ferner beantragten sie Einsicht in diverse Akten der Staatsanwaltschaften Stuttgart (Porsche) und Braunschweig (VW), die wegen des Diesel-Gates in Parallelverfahren ermitteln.

    Prozess gegen Stadler wird am Mittwoch fortgesetzt

    Den Auftakt der Opening-Statements hatte am Morgen Walter Lechner, der alterfahrene Verteidiger des weitgehend geständigen Giovanni P., mit einer scharfen Attacke gemacht. Sein Mandant, so betonte Lechner, sei bei Audi auf einer mittleren Ebene gewesen, es habe allerdings noch vier Hierarchie-Stufen über ihm gegeben. P. habe keinerlei Entscheidungsbefugnis gehabt, was die Zulassung von Autos, also auch der fraglichen über 400.000 mit Schummel-Software bestückten Wagen, angehe. Das Projekt „Clean Diesel“ sei eine strategische Unternehmensentscheidung gewesen, solche aber würde im Unternehmensvorstand getroffen, so Lechner. Das Herstellen eines Wagens sei nicht das Werk eines Einzelnen, sondern von vielen, erklärte Lechner: „Wenn jemand auf die Anklagebank gehört, dann nicht P., sondern Audi.“ Die Verantwortung, die P. zugeschrieben werde, entspreche nicht seiner Rolle.

    Maximilian Müller, der Verteidiger von Henning L., betonte die „Schlüsselrolle“, die seinem Mandanten bei der Aufklärung des Abgas-Skandals zukomme – sowohl in den USA als auch in Deutschland. L. werde sich umfassend, wohl über die Dauer von drei Verhandlungstagen, einlassen. Sein Mandant sehe seine Verantwortung, betonte Müller. Allerdings verwies der Anwalt auf die sehr hierarchische Unternehmenskultur bei Audi, die damals, als der Skandal seinen Anfang nahm, geherrscht habe. Aus L.’s Sicht gab es bei Audi keine Entscheidung, eine Schummel-Software zu entwickeln. Das sei vielmehr das Ergebnis einer „schleichenden Entwicklung“ gewesen.

    Gerson Trüg, einer der beiden Anwälte von Wolfgang Hatz, wies in einem ebenfalls ausführlich gehaltenen Vortrag die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft an seinem Mandanten zurück. Seine Kernaussage in aller Kürze zusammengefasst: Hatz sei weder über die fraglichen Manipulationen informiert gewesen noch hätte er sie gebilligt.

    In den nächsten Wochen sollen die Angeklagten selbst nacheinander zu Wort kommen. Alle vier haben umfassende Aussagen angekündigt. Das Gericht allerdings wird sich nun mit den Anträgen von Pfordte, denen sich die anderen Verteidiger teilweise anschlossen, befassen müssen. Der Prozess wird am Mittwoch fortgesetzt. Staatsanwalt Kieninger hat angekündigt, eine Stellungnahme abzugeben.

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