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Diesel-Skandal: Schlechte Luft in Städten: Was Deutschland aus Brüssel nun droht

Diesel-Skandal

Schlechte Luft in Städten: Was Deutschland aus Brüssel nun droht

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    Vergangenes Jahr überschritten 66 deutsche Städte die Stickoxid-Grenzwerte für Atemluft. Das muss sich schneller ändern, findet die EU-Kommission.
    Vergangenes Jahr überschritten 66 deutsche Städte die Stickoxid-Grenzwerte für Atemluft. Das muss sich schneller ändern, findet die EU-Kommission. Foto: Bernd Weissbrod, dpa

    Zusammen mit fünf weiteren Mitgliedstaaten hat die Europäische Kommission Deutschland an den Pranger gestellt: Sie erhob Klage beim Europäischen Gerichtshof, weil die Bundesregierung zu wenig gegen die verdreckte Luft in Ballungsräumen tut. Gleichzeitig mahnte sie

    Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Klage aus Brüssel:

    Warum verklagt Brüssel Deutschland und andere?

    Seit genau zehn Jahren drängt die Brüsseler EU-Kommission die Mitgliedstaaten, für saubere Atemluft in den Städten zu sorgen. Vor drei Jahren wurde Deutschland zum ersten Mal ermahnt, weil die Grenzwerte von 40 Mikrogramm Stickstoffoxid pro Kubikmeter Luft ständig überschritten wurden. Noch im Jahr 2017 lag die Belastung der Atemluft in 66 Städten höher als erlaubt, in 20 Kommunen sogar drastisch über den Höchstgrenzen. 400000 Menschen in der EU sterben jährlich an den Folgen. Da will die Kommission nicht länger zusehen.

    Aber Deutschland hat doch zugesagt, konkrete Maßnahmen einzuleiten?

    Die Bundesregierung verabschiedete zwar 2017 das „Sofortprogramm reine Luft“. Und außerdem stellten die Autobauer in Aussicht, Dieselautos mit neuer Software um 25 bis 30 Prozent sauberer zu machen. Doch bisher ist davon nichts zu spüren. Beide Maßnahmen dauern zu lange. Und deshalb erhöht Brüssel den Druck.

    Was bewirkt die Klage?

    Zunächst werden Stellungnahmen und Gutachten eingeholt. Bis zu einem Verfahren kann es Monate dauern. Sollte Deutschland tatsächlich verurteilt werden, könnte es teuer werden. Die Rede ist von mehreren hunderttausend Euro Strafe – pro Tag.

    Könnte es sein, dass nun Fahrverbote für Dieselfahrzeuge kommen?

    Die EU-Kommission sagt nicht, wie die Luft sauberer werden soll. Aber Fahrverbote in besonders betroffenen städtischen Bereichen könnten ein Weg sein. Das Problem ist jedoch: Auch diese Maßnahme wirkt nur dann schnell, wenn sie von weiteren Schritten begleitet wird. Dazu gehören moderne Motoren. Es geht nämlich keineswegs nur um Dieselautos. Auch Turbo-Benziner stoßen deutlich mehr Stickstoffoxide aus als erlaubt. Die Entscheidung, mit welchen Mitteln die Atemluft sauberer werden soll, ist Sache der Mitgliedstaaten und dort der Kommunen.

    Aber die Autobauer, die geschummelt haben, tragen doch eine erhebliche Mitschuld?

    Das ist richtig. Brüssel fährt gegen die Bundesregierung besonders schwere Geschütze auf. Die Kommission warf ihr vor, betrügerische Hersteller nicht bestraft zu haben. Außerdem haben die zuständigen Prüfbehörden nicht genug getan, um die Verstöße gegen EU-Recht festzustellen. Denn bei der Erteilung der sogenannten Typengenehmigung hätte auffallen müssen, dass das EU-Recht nicht eingehalten wurde. In einem zweiten Verfahren hat die EU-Behörde deshalb ebenfalls gestern von der Bundesrepublik Auskunft über die jüngsten Enthüllungen gefordert. Sie betreffen Dieselfahrzeuge der Marken Porsche Cayenne, VW Touareg sowie Audi A6 und A7. Sollte die EU feststellen, dass auch da geschummelt wurde, ohne dass die Kontrolleure eingeschritten sind, steht Deutschland weiterer Ärger ins Haus.

    Wie reagiert die deutsche Politik auf die Klage aus Brüssel?

    Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte, die Regierung habe beispiellose Förderprogramme für Kommunen aufgelegt. „Wir haben im letzten Jahr weniger Städte gehabt, in denen diese Verletzungen vorgekommen sind“, sagt sie. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) sagte: „Kein anderer Mitgliedstaat hat so umfassende und strenge Maßnahmen ergriffen wie Deutschland.“ Er fügte an: „Für die Strafverfolgung ist in Deutschland die Justiz zuständig, und das ist gut so. Es ist befremdlich, dass die EU-Kommission das offensichtlich nicht weiß.“ Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) forderte hingegen eine größere Anstrengung der Autoindustrie. Sie verlangte etwa technische Nachrüstungen auf Kosten der Hersteller. (mit dpa)

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