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Diesel-Affäre: Autobauern droht offenbar eine Milliardenstrafe

Diesel-Affäre

Autobauern droht offenbar eine Milliardenstrafe

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    Gemeinsam mit Daimler und BMW soll Volkswagen unerlaubte Absprachen getroffen haben.
    Gemeinsam mit Daimler und BMW soll Volkswagen unerlaubte Absprachen getroffen haben. Foto: Christophe Gateau, dpa

    Das Desaster begann mit diesem Satz der EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager im September 2018: „Die Kommission will eingehender untersuchen, ob BMW, Daimler und VW vereinbart haben, bei der Entwicklung und Einführung wichtiger Technologien zur Verringerung von Schadstoff-Emissionen von Benzin- und Diesel-Pkw nicht miteinander zu konkurrieren.“ Inzwischen liegen der Brüsseler Wettbewerbsbehörde, aber offenbar auch deutschen Staatsanwaltschaften umfangreiche Belege für derartige Absprachen zwischen den Ingenieuren von Volkswagen, Audi, Mercedes und Spiegel.

    Hersteller deckelten offenbar den Einsatz von AdBlue

    Demnach gab es seit 2007 regelmäßige und geheime Treffen der Diesel-Experten und Motoren-Entwickler. Ihre Aufgabe: Den Selbstzünder sauberer machen. Doch die Idee, die Abgase durch ein Harnstoffgemisch mit der Bezeichnung Adblue zu reinigen, funktionierte nicht. Denn um die gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerte zu erreichen, hätten die Fahrzeuge bis zu 8,5 Liter Adblue auf 1000 Kilometern benötigt. Dann aber gab es andere Probleme: Die Motoren soffen ab. Das Handelsblatt zitiert aus der Mail eines Audi-Managers von 2008: „Meine Einschätzung: Ganz ohne Bescheißen werden wir es nicht schaffen.“ So kamen die Trickser überein, den Einsatz von Adblue zu begrenzen, was die Emissionen zwar erhöhte, aber die Fahrzeuge wenigstens weiter fahren ließ.

    Zu kleine Tanks für den Harnstoff

    Man verständigte sich quer über alle Konzerngrenzen hinweg auf viel zu kleine Tanks für das Harnstoffgemisch – und auf eine Software, die erkannte, ob das Fahrzeug auf der Straße unterwegs war oder auf einem Rollenprüfstand. Dann wurde mehr Adblue in den Motor gepumpt und die Emissionen sanken auf die Grenzwerte. Aber eben nur dort. Diese Details liegen Brüssel offenbar inzwischen vor – zusammen mit weitergehenden Anschuldigungen. Denn ersten Berichten zufolge gab es auch Manipulationen an Benzin-Motoren.

    Die Hersteller sollen bei diesen Antrieben auf den Einbau kostspieliger Partikelfilter verzichtet haben, mit denen der Ausstoß von gesundheitsgefährdenden Feinstäuben hätte verhindert werden können. Bereits vor Monaten war der Verdacht aufgetaucht, die Autobauer hätten deshalb gemeinsame Sache gemacht, um die Abgaswerte nicht zu senken und so die EU-Verwaltung davon abzuhalten, noch schärfere Grenzwerte zu erlassen – ein perfides Spiel, das übrigens nicht aufging. Ab 2021 dürfen Neufahrzeuge nur noch höchstens 95 Prozent Mikrogramm CO2 je Kilometer in die Luft blasen. Bis 2030 müssen es noch einmal 37,5 Prozent weniger sein. Der Verdacht der Kommission: Die Klagen der Hersteller über strenge Auflagen seien gespielt, technisch wäre dies kein Problem.

    Kommissarin Vestager will bald Klarheit haben

    Wettbewerbskommissarin Vestager werde, so hieß es, noch im Frühjahr das Prüfverfahren abschließen. Für die Konzerne dürfte dies ein dunkler Moment werden. Denn es sind – für den Fall, dass sich die bisherigen Verdachtsmomente gerichtsverwertbar beweisen lassen – Strafen bis zu zehn Prozent des Jahresumsatzes möglich. Der Spiegel berichtete von Sanktionen in Höhe von jeweils einer Milliarde Euro für die Crème de la Crème der deutschen Autobauer. Allerdings könnte es Nachlässe für Volkswagen und Daimler geben. Da die beiden Häuser sich offenbar selbst in Brüssel angezeigt und die Ermittlungen durch Unterlagen unterstützt haben, kämen sie in den Genuss einer Kronzeugenregelung. Dass sie straffrei ausgehen, erscheint allerdings eher unwahrscheinlich.

    Die Hersteller selbst lehnten auch nach den jüngsten Berichten Stellungnahmen mit dem Hinweis auf ein laufendes Verfahren ab. BMW hat die Vorwürfe, Manipulationen an den Adblue-Tanks vorgenommen zu haben, immer bestritten.

    Handelsblatt: VW plant Abbau von 5000 Jobs

    Unterdessen plant die Volkswagen-Kernmarke VW Pkw einem Zeitungsbericht zufolge ein neues milliardenschweres Sparprogramm mit dem zusätzlichen Abbau von rund 5000 Arbeitsplätzen. Der Vorstand um VW-Chef Herbert Diess wolle von 2023 an über zusätzliche Effizienzmaßnahmen 5,9 Milliarden Euro jährlich einsparen, berichtete das Handelsblatt. Grund sei die Umstellung auf E-Autos, für die das Unternehmen mehr Geld benötige. Dafür könnten bis dahin 5000 Jobs in der Verwaltung wegfallen, womöglich werde es nötig, gar 7000 Stellen zu streichen. VW wollte das nicht kommentieren. (mit dpa)

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