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Kommentar: Die Auto-Industrie muss endlich umsteuern

Kommentar

Die Auto-Industrie muss endlich umsteuern

Stefan Stahl
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    Nach Skandalen und Fahrverboten sind viele Kunden verunsichert, ob sie ein neues Auto kaufen sollen.
    Nach Skandalen und Fahrverboten sind viele Kunden verunsichert, ob sie ein neues Auto kaufen sollen. Foto: Daniel Bockwoldt, dpa (Symbolbild)

    Die nächsten beiden Jahre werden darüber entscheiden, ob die deutschen Autohersteller aus der Krise, in die sie 2018 geschlittert sind, herausfahren können. Nach den fetten Jahren 2015, 2016 und 2017 steht der Wirtschaftszweig an einem Scheideweg: Den Konzern-Lenkern muss es 2019 gelingen, zerstörtes Vertrauen langsam wiederherzustellen.

    Denn viele Bürger wirken verunsichert. Nicht wenige sind auf die Lüge vom sauberen Diesel reingefallen und bezahlen den Betrug teuer: Der Restwert ihrer mehr Stickoxide als behauptet ausstoßenden Autos ist in den Keller gerutscht. Als wären diese ge- und vor allem enttäuschten Verbraucher nicht schon genügend frustriert, stiften Bundesregierung und Hersteller mit immer neuen Prämien und Aktionen für Diesel-Besitzer ein Chaos sondergleichen. Das CAR-Institut der Uni Duisburg-Essen hat versucht, Licht in das Förderdickicht zu bringen.

    Am Ende bleibt der Befund, dass eine klare Sicht durch die verrußte Scheibe kaum möglich ist. Autokäufer können Tage damit verbringen, Konditionen zu vergleichen. Am Ende – haben die Experten ausgerechnet– bieten die Rabatte geschädigten Fahrern keinen vollständigen Ausgleich für den Schaden. Die Bundesregierung mit Kanzlerin Merkel und Verkehrsminister Scheuer hat die Konzern-Bosse also nicht ausgebremst und damit die Verbraucher im Stich gelassen. Geprellte Fahrzeugbesitzer werden sich nun genauer überlegen, ob sie den Werbeversprechen der Auto-Riesen glauben. Hier sind Urvertrauen und Markentreue vieler Bürger langfristig zerstört worden.

    Brüssel macht zum Glück Druck auf Autobauer

    Die Marketing-Profis der Konzerne hätten schon vor Jahren einen Dialog mit Verbrauchern führen sollen, statt sie anzulügen und ihnen eine heile Welt vorzugaukeln. Die automobile Welt ist nicht heil. Immer mehr Fahrzeuge stoßen zu viele Schadstoffe aus, die das Klima zerstören und Menschen krank machen. Ob Kohlendioxid oder Stickoxid: Die Emissionen müssen deutlich verringert werden. Brüssel macht hier zum Glück Druck, wenn auch auf Drängen der Auto-Kanzlerin Merkel nicht genügend.

    Anstelle die Wahrheit auf die lange Bank zu schieben, sollten die Auto-Kommunikatoren den Bürgern beichten: Wir müssen uns vom SUV-Selbstbetrug verabschieden und mehr kleinere Autos, die weniger Sprit verbrauchen und geringeren Schadstoffausstoß haben, bauen. Und ohne eine teilweise oder vollständige Elektrifizierung der Fahrzeuge lassen sich Klima und Gesundheit nicht schützen. Letzteres zumindest scheinen Manager nach Jahren der Verdrängung verstanden zu haben. Sie investieren Milliarden in Strom-Autos, um nicht der vorgepreschten Konkurrenz aus den USA und Asien den Markt zu überlassen.

    Die Konzerne gehen dabei ein hohes Risiko ein. Denn es ist ungewiss, ob und wie schnell Verbraucher dem Lockruf der E-Mobilität folgen. Noch sind die Autos zu teuer, die Reichweite der Fahrzeuge ist zu gering und was am schwersten wiegt: Es gibt viel zu wenige Ladesäulen. Politiker und Stromanbieter haben es versäumt, eine verlässliche und einheitliche Infrastruktur aufzubauen.

    Unsicherheit im Autoland Deutschland

    Im Autoland Deutschland herrscht Unsicherheit, geht es um Diesel-Rabatte oder Ladesäulen für Elektroautos. In solchen Situationen warten Verbraucher mit dem Kauf eines Neuwagens. Die Lage ist also ernst für die Anbieter. Spätestens 2020 müssen sie mit überzeugenden Elektroangeboten die Wende zum vertrauensvollen Verhältnis mit den Kunden schaffen. Sonst folgen nach dem Krisenjahr 2018 einige weitere magere Jahre. Angesichts der überragenden Bedeutung der Industrie für Deutschland könnte das ein ordentliches Stück Wirtschaftswachstum kosten.

    Lesen Sie dazu auch: Deutsche Auto-Bosse machen Trump Versprechungen

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