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Deutsches Gütesiegel: Wird „Made in Germany“ zum Auslaufmodell?

Deutsches Gütesiegel

Wird „Made in Germany“ zum Auslaufmodell?

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    Der Schriftzug «Made in Germany» auf der Rückseite eines Satellitenempfängers.
    Der Schriftzug «Made in Germany» auf der Rückseite eines Satellitenempfängers. Foto: Jens Büttner (dpa)

    Erst gingen Deutschlands Industrie-Vertreter auf die Barrikaden. Am Wochenende schlossen sich Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner und Wirtschaftsminister Philipp Rösler dem Sturm auf Brüssel an. In einem scharfen Brief an die EU-Kommission erteilten sie allen Versuchen, das Gütesiegel „Made in Germany“ anzutasten, eine Absage. „Wir lassen uns dieses Symbol der deutschen Wirtschaft nicht wegnehmen“, heißt es in dem Schreiben.

    Erst Anfang des Monats hatte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Eric Schweitzer, gewarnt, das Siegel sei in „großer Gefahr“. Sollten die Brüsseler Pläne tatsächlich so gebilligt werden, sei „künftig nicht mehr sichergestellt, dass der Verbraucher auch das bekommt, was er bisher mit ‚Made in Germany‘ verbindet: Qualität, Technik, Design und andere Verarbeitung auf höchstem Niveau.“

    EU-Kommissare fordern verpflichtende statt freiwilliger Ursprungsbezeichnung

    Den Ärger hatten die EU-Kommissare Antonio Tajani (Industrie) und Tonio Borg (Verbraucherschutz) ausgelöst. Im Februar präsentierten sie einen Verordnungsentwurf, der den Verbraucherschutz stärken sollte. Mit Ausnahme von Lebensmitteln wollen sie eine verpflichtende Ursprungsbezeichnung einführen, die das freiwillige Label ablöst. Wie bisher soll dabei eine Formulierung des Zollrechtes gelten. Sie legt fest, dass als Ursprung das Land gilt, in dem die „letzte wesentliche Be- oder Verarbeitung“ vorgenommen wurde. So soll für Elektrowerkzeuge als Richtschnur gelten, dass 45 Prozent des Mehrwerts in Deutschland erbracht werden müssen.

    Inzwischen sammelten die Kritiker zahllose Beispiele, um den Unfug dieser Korrektur zu belegen. So klagte ein namhafter deutscher Hersteller von Taschen, er müsse seine Produkte künftig mit „Made in Tunesien“ versehen, weil das Leder zwar hierzulande gegerbt, aber in der Nähe von Tunis nach deutschen Vorgaben zugeschnitten und in der Bundesrepublik vernäht würde. Ein bekannter Hersteller von Tennisschlägern ließ anfragen, ob er seine Produkte auch künftig mit „Made in Germany“ auszeichnen dürfe, da er das Sportgerät entwerfe und plane, aber im Ausland nach diesen Vorgaben herstellen lasse.

    Deutsche Empörung stößt in Brüssel auf Unverständnis

    In Brüssel versteht man die deutsche Empörung nicht. „Der Vorschlag schützt Hersteller überall in der Union vor unfairen Wettbewerbern, die Verbraucher in die Irre führen“, betonte ein Kommissionssprecher. Das Problem liegt an anderer Stelle: Für Brüssel ist „Made in Germany“ nur eine Ursprungsbezeichnung, für die deutsche Wirtschaft ein „Qualitätslabel“.

    Oberlandesgericht Stuttgart fällt 1995 ein Grundsatzurteil

    Dabei hat Brüssel lediglich übernommen, was das Oberlandesgericht Stuttgart schon 1995 in einem Grundsatzurteil festhielt: Demnach darf „Made in Germany“ draufstehen, wenn die Ware maßgeblich in Deutschland hergestellt wurde, der entscheidende Wertschöpfungsanteil in der Bundesrepublik zustande kam und auch die maßgebliche Veredelung in Deutschland erfolgte.

    Ob der Brüsseler Vorstoß Chancen hat, darf man bezweifeln. Zahlreiche deutsche Europa-Abgeordnete wollen nach der Sommerpause Korrekturen einbringen. Und im Ministerrat hat Deutschland bereits einige Mitstreiter gefunden.

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