Der Handel will es. Das Handwerk will es. Die Union will es und die FDP auch. Minijobber sollen statt 450 Euro pro Monat 600 Euro verdienen dürfen. Der Grund: Weil der Mindestlohn gestiegen ist und weiter steigen wird, kommen die sogenannten geringfügig Beschäftigten auf weniger Arbeitsstunden. Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer beklagte zum Beispiel Ende September, dass es für Metzger und Bäcker schwieriger werde, Minijobber zu finden, die Brötchen und Wurst verkaufen. Gleiches gilt im Handel für Mitarbeiter, die für ein paar Stunden im Monat Regale einräumen.
Wer setzt sich in Sachen Minijobbs durch? CDU/CSU oder SPD?
Mit einer Anhebung der Grenze auf 600 Euro könnten die Minijobber zwar mehr Stunden machen. Aber das hätte zur Folge, dass reguläre Stellen wegfallen – zwar schlecht bezahlte, aber immerhin mit der Chance, vielleicht die Stundenzahl zu erhöhen oder gar eine Vollzeitstelle zu ergattern. Das geht aus den Zahlen der Bundesagentur für Arbeit hervor. Demnach arbeiten in Deutschland 466.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, die zwischen 450 und 600 Euro pro Monat verdienen. Diese Stellen drohen zu Minijobs zu werden, wenn sich CDU und CSU gegen die SPD im schwarz-roten Regierungsbündnis durchsetzen.
SPD-Fraktionsvize: "Höhere Verdienstgrenzen sind völlig abwegig"
Dieser Ansicht ist übrigens die von der Koalition getragene Bundesregierung selbst: "Durch diese Anhebung (auf 600 Euro) würde sich zum einen die Zahl der geringfügig entlohnt Beschäftigten erhöhen", heißt es in einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Linken. "Dass die Union in der jetzigen Situation Verdienstgrenzen von Minijobs anheben und damit prekäre Beschäftigungsformen ausweiten will, ist völlig abwegig", sagte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Partei im Bundestag, Susanne Ferschl, unserer Redaktion. Sie verlangte, die sozialen Sicherungssysteme zu stärken. "Dazu müssen Minijobs in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung überführt werden", so Ferschl.
Genauso war es einst gedacht von den Architekten der Arbeitsmarktreformen unter dem damaligen Kanzler Gerhard Schröder (SPD). Die Minijobs sollten eine Brücke sein zu echten Stellen. Deshalb wurde die geringfügige Beschäftigung rechtlich erleichtert. Die Hoffnung hat sich nicht erfüllt: Viele der 7,7 Millionen Minijobber hierzulande bleiben Minijobber. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. Die Ökonomen schlagen deshalb vor, die Verdienstgrenze nicht etwa anzuheben, sondern auf 300 Euro zu senken. Von der akuten Wirtschaftskrise sind Minijobber demnach außerdem viel schwerer betroffen, weil sie viel häufiger plötzlich ohne Arbeit da stehen.
Zu einem ähnlichen Schluss kommt das gewerkschaftsnahe Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut in einer frischen Untersuchung. Minijobber haben durch den Konjunktureinbruch öfter Einkommensverluste als Beschäftigte mit regulären Jobs. Die Beschäftigten mit dem kleinen Verdienst haben keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld oder Arbeitslosengeld. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) lehnt eine Anhebung der Lohngrenze um 150 Euro ab.
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