Peter Schöffel leitet sein Unternehmen schon in der siebten Generation und es scheint, als wirke der sportliche Mann schon deshalb wie ein Abbild der Firmenmarke. Dabei ist es umgekehrt: Jede Schöffel-Generation prägt die Firma seit 214 Jahren auf eine andere Weise. Mit Stricksocken hatte es einst angefangen, Peter Schöffel steht heute für Outdoor. Und seine Kinder könnten in einigen Jahren Wirklichkeit werden lassen, was sich das Innovationsteam am Firmensitz in Schwabmünchen bei Augsburg bereits angedacht hat.
So wie der Unternehmer begeistert davon erzählt, könnte es ein Sprung werden, so revolutionär wie einst die Markteinführung von Gore-Tex unter der Federführung von Hubert Schöffel, dem heutigen Senior im Familienbetrieb.
Der 57-jährige Peter Schöffel tritt mit Kurzhaarschnitt sportlich-drahtig auf, ist dabei locker im Gespräch, leger in der Kleidung und wirkt zudem modisch top. Wenn er zwischen seinem Büro und dem großen Design- und Entwicklungsstudio mit weit ausholenden Schritten den Weg einer Kolonne lebhaft fachsimpelnden Meetingteilnehmer mit Kaffeebechern quert, wird klar: In diesem Haus wären Anzug und Krawatte fehl am Platz. Schöffel steht für Sport und Freizeitkleidung – und zwar von der edlen Sorte.
So kennen auch viele in Europa, in Russland oder Japan die Marke: Oberbekleidung in hochwertiger Verarbeitung fürs Skifahren, für Bergtouren oder Wanderungen. Dazugekommen ist als wichtiger Kunde der bewegungslustige Städter, der seine Kinder auch bei Schmuddelwetter zum Spielplatz begleitet.
Österreichische Skifahrer tragen Schöffel-Firmenlogo
Vor allem im deutschsprachigen Raum ist Schöffel stark vertreten und zählt sich zu den ersten drei der Branche. Sportler des österreichischen Skiverbandes tragen das Firmenlogo, große Skischulen statten ihre Mitarbeiter mit dem Design aus Schwabmünchen aus und wenn BMW neue Motorräder präsentiert, liegt eine spezielle Kollektion des Outdoorspezialisten bereit.
Klar, da steckt viel Arbeit dahinter, sagt Peter Schöffel. Nicht jeder Tag sei ein Honigschlecken. Er sei zwar überhaupt kein Kontrollfreak oder Schreibtischmensch und lasse seinen Teams gerne freie Hand. Doch es komme immer wieder der Punkt, da müsse einer unternehmerisch entscheiden oder etwas gerade rücken.
Es sei vor allem seine Aufgabe, den großen Überblick zu behalten, die Richtung zu bestimmen und Themen am Horizont auftauchen zu sehen. Das gelingt nicht auf dem Berggipfel, so gerne Schöffel draußen ist. Besuche bei großen Kunden, Vertriebspartnern und Messen stehen eher als Reiseziele im Terminkalender.
Die besten Stoffe und Designs für die Kollektion 2020 müssen dieser Tage ausgewählt werden. Keine Modeware, sondern technische Gewebe, die modisch wirken, aber vor allem funktionell sein müssen, leicht und umweltfreundlich, wetterbeständig und langlebig. In Europa gebe es das Fertigungs-Know-how dafür nicht mehr. Und es brauche entsprechend zertifizierte Verarbeitungsbetriebe, die dauerhaft für Qualität stehen. Daher wickelt Schöffel Materialeinkauf und Fertigung fast komplett in Osteuropa und Asien ab. Am Firmensitz in Schwabmünchen gibt es nach wie vor fast 200 Mitarbeiter. Früher waren davon 180 Näherinnen, heute nähen hier nur noch zehn Menschen. Der Rest arbeitet an Entwicklung und Design, im Vertrieb, Marketing oder in der Verwaltung.
Siegeszug des Unternehmens begann mit Gore-Tex
Seit 50 Jahren verkauft Schöffel nur noch Outdoor- und Skikleidung. Der einstige Siegeszug von Goretex mithilfe des Schwabmünchner Unternehmens hatte dessen Entwicklung zum Outdoorspezialisten in einer entscheidenden Phase beflügelt. Ein nächster Sprung werde kommen, da ist sich der Chef sicher. Einer könnte China sein: fast eine Milliarde Menschen. Über hundert Skigebiete seien dort entstanden und es gebe eine große Wertschätzung für Produkte aus Deutschland, sagt Schöffel.
Seine Schilderung erinnert an die Aufbruchstimmung in den 1960er Jahren. Fünftagewoche und zunehmendes Freizeitbewusstsein riefen damals nach einer Alternative zur Alltagsbekleidung, wenn es am Wochenende ins Freie ging. Das brachte Schöffel weit nach vorne. Ähnlich könnte es in China laufen.
Doch wenn Schöffel in die Ferne blickt, dann auch über den Rand der Branche hinaus. Dann taucht er ein in die digitale Welt. Sie verändere alles – auch die Textilbranche. Schöffel spricht von smarten Stoffen, von künstlicher Intelligenz, von Kleidung, die wärmen und kühlen könne oder die mit dem Sportgerät vernetzt ist. Die Digitalisierung werde die Produktion genauso verändern wie die Produkte selbst: „Wer weiß, vielleicht kommt auch die Produktion nach Deutschland zurück, beispielsweise weil man Dinge drucken kann.“ Bisher wisse noch niemand, wohin der Wandel führe. Aber in Schwabmünchen macht man sich darüber Gedanken. Gerade wurde etwa ein Innovationsmanager eingestellt. Auch der soll herausfinden, was in einigen Jahren machbar oder gefragt sein könnte.
Zum unternehmerischen Erfolg gehört für Peter Schöffel aber noch mehr: Werte. Es sei ein gemeinsames Wertegerüst, das ihn mit seinen Mitarbeitern verbinde. Ein Blick in einen hauseigenen Nachhaltigkeitsbericht zeigt, dass damit auch Erwartungen an Partnerfirmen verbunden sind. Die Produktionsstätten in Asien müssen einen Sozialaudit durchlaufen. Eine lange Umweltschutzliste zählt auf, welche Substanzen im Unternehmen und seinen Produkten nicht vorkommen dürfen. Die Herausforderung, so Schöffel, sei, das Streben nach Umweltschutz mit den Funktionen der Kleidung in Einklang zu bringen – etwa dem Schutz eines Sportlers vor Wasser und Wind. Doch dieser Konflikt sei lösbar.