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Delo: Wenn die Chefin mit den Mitarbeitern turnt

Delo

Wenn die Chefin mit den Mitarbeitern turnt

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    Delo-Chefin Sabine Herold bringt mit einer Dosierpistole Klebstoff auf.
    Delo-Chefin Sabine Herold bringt mit einer Dosierpistole Klebstoff auf. Foto: Ulrich Wagner

    Ihre Turntasche für später hat sie schon gepackt. Dass Sabine Herold sportlich sein muss, lässt sich erahnen. Die Unternehmerin mit den langen rötlichen Haaren ist schlank. Auch ein gewisser Bewegungsdrang fällt auf. Während des Gesprächs redet sie schon mal ein wenig rudernd mit den Armen, gerade wenn sie von ihren "extrem guten“ Mitarbeitern schwärmt und mit funkelnden Augen dazu den von Unternehmern nicht so häufig zu hörenden Satz nachschickt: "Das gilt vom Azubi bis bis zum promovierten Akademiker.“ Schade sei es nur, dass sie anders als früher nicht mehr jeden Angestellten namentlich kenne. Das fuchst Sabine Herold.

    Chefin hat keine Berührungsängste

    Als Chefin der auf Industrie-Klebstoffe spezialisierten Firma Delo macht sie auch in einer von Mitarbeitern besuchten Gymnastik-Gruppe mit. Derart gedehnt und aufgewärmt geht es danach zu einem Badminton-Match. Mit von der Partie bei dem Doppel sind Beschäftigte aus dem Hauptsitz in Windach im Kreis Landsberg.

    Die zierliche Frau hat sogar schon mal in einem Delo-Fußballspiel mitgemischt. Doch ihr Mann Wolf-Dietrich Herold, mit dem sie das Unternehmen führt, kam gerade vorbei, als sie gefoult wurde. Er hat dann zu ihr gesagt: "Da spielst du nicht mehr mit, die kennen im Spiel kein Pardon.“ Die Unternehmerin, die wie ihr Mann ein Ingenieurstudium absolvierte, hat sich an den Rat gehalten: "Ich verzichte auch lieber darauf, in unserer Betriebs-Eishockeymannschaft zu spielen“, sagt sie lächelnd.

    Aufgewachsen ist Sabine Herold, die heute zu den erfolgreichsten deutschen Unternehmerinnen gehört, in einer Juristen-Familie im osthessischen Fulda. Wenn zu Hause etwas kaputt war, hat sie versucht, den Gegenstand zu reparieren. Es lässt sich erahnen, dass die Unternehmerin schon damals wie heute mit ausgeprägt logischem Denken zu Werke gegangen ist. Nach Mathe- und Chemie-Leistungskurs entschied sie sich als eine der wenigen Frauen für das Studium des Chemie-Ingenieurwesens in Erlangen. "Dann habe ich mich weiter nach Süden vorgearbeitet und mich bei Delo beworben, auch wenn ich einen Vertrag von BASF schon in der Tasche hatte.“ Doch sie wollte nicht zu einem Konzern, "weil ich Angst hatte, dort immer wieder das Gleiche machen zu müssen, zu wenig Vielfalt zu haben“.

    Das Unternehmerpaar verfolgt ein ehrgeiziges Ziel

    Delo hatte in dieser Phase erst 30 Mitarbeiter. Einer davon sollte ihr künftiger Mann sein. "Er hat mich damals eingestellt und ein paar Jahre später haben wir geheiratet“, sagt die Unternehmerin und schaut ihrem Gegenüber herausfordernd-lächelnd in die Augen. Sabine Herold hat Humor und freut sich, wenn andere ihn mit ihr teilen. Die Unternehmerin spricht druckreif und zügig. Eingedenk ihres eigenen Temperaments schaut sie das beim Gespräch mitlaufende Aufnahmegerät skeptisch an und meint zu ihrer Unternehmenssprecherin: "Wenn ich zu salopp und offen bin, heben Sie die Hand.“ Die Delo-Mitarbeiterin lässt ihre Hände zum Glück in Tischnähe, auch als ihre Chefin freimütig erzählt, dass ihre Firma für die Expansion nicht auf Banken angewiesen sei und ein Börsengang keine Option darstelle. "Wir können unser Wachstum weitgehend selbst finanzieren“, versichert Sabine Herold nun ernst und fast ein wenig staatsmännisch. Diese Unabhängigkeit des Unternehmertums reizte sie und ihren Mann schon, als sich beide 1997 selbstständig machten und den Betrieb, für den sie länger tätig waren, übernommen haben.

    In einem Klebstoffbetrieb sind Labore natürlich wichtig. Hier werden neue Produkte entwickelt. Delo setzt in hohem Maße auf Forschung.
    In einem Klebstoffbetrieb sind Labore natürlich wichtig. Hier werden neue Produkte entwickelt. Delo setzt in hohem Maße auf Forschung. Foto: Delo

    Dabei kam Wolf-Dietrich Herold zugute, dass er viele Patente hielt. Diese akzeptierten die Inhaber der damaligen Delo-Muttergesellschaft als Sicherheit und gaben den beiden Jungunternehmern ein Darlehen. Dann zeigten sich auch die Banken großzügig. Es konnte losgehen. Dabei setzten sich die Herolds ehrgeizige Ziele und halten sie ein: Alle fünf Jahre sollen Umsatz und die Zahl der Beschäftigten verdoppelt werden. Die oberbayerische Firma wurde so Weltmarktführer in vielen Segmenten der Industrieklebstoff-Branche. Delo hält die Konkurrenz aus Asien in Schach. In unzähligen EC-, Kredit- oder SIM-Karten findet sich ein Tropfen des Windacher Klebstoffs. Hier kontrolliert das Unternehmen rund 80 Prozent des Weltmarkts.

    Wer also bedenkt, dass in fast jedem Mobiltelefon Delo steckt, versteht das stürmische Wachstum besser. Denn die Handy-Produzenten bringen ununterbrochen neue Geräte auf den Markt. Da müssen etwa die Einzelteile von Millionen Mini-Lautsprechern zusammengeklebt werden. Aber warum greifen die Smartphone-Produzenten in derart großem Maße auf den teuren Delo-Klebstoff zurück? Ein Kilo des Haftwunders kostet schon mal gut 1000 Euro. Gäste der Firma werden spielerisch zur Lösung des Rätsels geleitet.

    Das Erfolgsgeheimnis: 400 verschieden Klebstoffe und spezielle Lichttechnik

    Eine labortechnische Assistentin macht es vor, dann muss der Besucher ran und mit einer Dosierpistole rot-fluoreszierenden Kleber auftragen und danach Gehäuse und Membran des Mini-Lautsprechers zusammenkleben. Nun erschließt sich das Geheimnis des Delo-Erfolgs. Denn das zusammengefügte, aber noch nicht feste Smartphone-Teilchen wird mit Licht aus einer hauseigenen Aushärtungslampe bestrahlt. Wie lange das wohl dauere, will die Expertin im weißen Kittel vom Reporter wissen. "Vielleicht zehn Sekunden.“ "Falsch“, sagt sie mit nachsichtigem Blick. Denn schon nach 0,5 Sekunden härte der Klebstoff voll aus.

    Dieses Bild sieht fast aus, als wäre es in einer Bäckerei oder einem milchverarbeitenden Betrieb entstanden.
    Dieses Bild sieht fast aus, als wäre es in einer Bäckerei oder einem milchverarbeitenden Betrieb entstanden. Foto: Delo

    Der Erfinder Wolf-Dietrich Herold, ein großer, schlanker und sportlicher Mann, hat einst die Idee, das spezielle, in der Dentaltechnik angewandte Klebe- und Aushärteverfahren auf die Industrie zu übertragen. Sozusagen vom Mund in die Elektronik- und Autoindustrie. Das Erfolgsrezept besteht im Zusammenspiel der über 400 verschiedenen – immer wieder maßgeschneiderten Klebstoffe – und der Lichttechnik, dank der die Zauberstoffe unglaublich schnell aushärten. Sabine Herold sagt selbstbewusst: „Wir sind in der glücklichen Lage, dass uns Kunden nicht alle ihre Bedingungen und jede Preisvorstellung aufzwingen können.“

    Sabine Herold berät sogar die Kanzlerin

    Ihr Mann kommt vorbei, um sie zum Mittagessen abzuholen. Er setzt sich ein bisschen dazu und meint: "Als Unternehmer ist es oft besser, einmal Nein zu sagen.“ Seine Frau sagt: "Genau!“ Der Erfolg gibt den Herolds recht. Delo ist hochprofitabel. So wird der direkt an der Autobahn München-Lindau gelegene Standort immer wieder erweitert. Gerade 2017 brachte besonders stürmisches Wachstum. Sabine Herold schnauft durch und lacht: "Manchmal träume ich davon, dass wir uns nur mal ein Jahr konsolidieren und nicht so stark zulegen.“ Ihr Mann sagt: "Aber wir haben so gute Mitarbeiter eingestellt. Die treiben uns immer weiter voran.“

    Dass Delo etwas Besonderes ist, hat sich bis in die Bundesregierung herumgesprochen. Sabine Herold gehört zu einem Kreis, der Angela Merkel in Technologiefragen berät. Die Klebstoff-Unternehmerin begleitet die Kanzlerin bei Auslandsreisen wie nach China. Und da gibt es natürlich noch den von Delo gerne zitierten Satz des deutschen Wirtschaftsprofessors Hermann Simon über den Hidden Champion aus Windach: "Ohne Toyota läuft die Weltwirtschaft, nicht aber ohne Delo-Klebstoffe.“ Den Autobauer kennt fast jeder, Delo kaum einer.

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