Wie geht es weiter mit der angedachten Reform des digitalen Urheberrechtes, offiziell Leistungsschutzrecht genannt? Während Gegner mit seiner Einführung das Ende des freien Internets bevorstehen sehen, argumentieren Befürworter: Ohne angemessenen Schutz von geistigem Eigentum droht dem Netz das Aus des Qualitätsjournalismus. Am Donnerstag wird in Brüssel abgestimmt, Ausgang ungewiss.
Die EU-Abgeordneten befassen sich dabei mit einem Thema, das nur auf den ersten Blick sperrig klingt. Denn es geht um etwas, das viele aus ihrem Alltag kennen: Wer googelt, findet Nachrichten, Bilder, Videos und Artikel. Konzerne wie der Suchmaschinen-Anbieter Google aber beschaffen sich diese Inhalte, ohne dafür zahlen zu müssen. Ihre Suchmaschinen spüren die Inhalte auf, filtern sie und generieren aus Titelzeile und den ersten Sätzen einen Anreißer. „Die Strategie von Google, Facebook und Co. ist es, ihre Nutzer so lange wie möglich auf der eigenen Plattform zu halten“, erklärt Dietmar Wolff, der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger (BDZV). „Nur so können sie die Menge an Daten über die jeweiligen Nutzer steigern – die Daten lassen sich in der Werbewelt versilbern.“
Sogenannte „Upload-Filter“ sind im Gespräch
Ein aus vielerlei Hinsicht problematisches Geschäftsmodell. Was Journalisten erarbeiten und Verlage anbieten, nutzen die Internet-Giganten kostenfrei und vermarkten es. Dies bedroht aus Sicht der Verleger die Pressevielfalt und die Demokratie. Während sie Qualitätsjournalismus finanzieren, sagen sie, nutzen die Internet-Giganten den digitalen Markt ohne die nötige gesellschaftspolitische Verantwortung.
Der Vorschlag für ein europäisches Leistungsschutzrecht sieht vor, dass Unternehmen wie Google für die Nutzung von Inhalten künftig Lizenzen an die Verlage abführen, die den Medienhäusern und Autoren zugutekommen. Schließlich handelt es sich um geschütztes geistiges Eigentum. Um kommerzielle Inhalte zum Beispiel auf der Videoplattform Youtube zu schützen, sieht der Vorschlag des zuständigen Parlamentsausschusses „Upload-Filter“ vor. Die sollen das Bereitstellen urheberrechtlich geschützter Inhalte stoppen, bevor sie veröffentlicht werden. Ein Unding für Netzaktivisten, die um die Meinungsfreiheit im Internet fürchten.
Der Rechtsausschuss votierte für das digitale Urheberrecht
Unter anderem ein am 29. Juni veröffentlichter offener Brief an „die Mitglieder des Europäischen Parlaments“ brachte kürzlich wieder Bewegung in die eigentlich schon abgeschlossene Meinungsbildung der europäischen Volksvertretung. Nach einem deutlichen Votum des Rechtsausschusses für das digitale Urheberrecht und somit für Lizenzgebühren an Verlage und Journalisten sowie für die Upload-Filter sah es zunächst so aus, als würde das Plenum am Donnerstag nachziehen. Doch die Abgeordneten scheinen nun verunsichert zu sein. Ein Eindruck, den auch Dietmar Wolff vom BDZV gewonnen hat. Die Verunsicherung führt er auf eine unsachlich geführte Diskussion voller unwahrer Behauptungen zurück. „Hier wurden Ängste geschürt“, sagt er.
Verärgerung herrscht auf Verlegerseite dabei nicht nur über Netzaktivisten, sondern auch über die CSU-Politikerin und Staatsministerin für Digitales, Dorothee Bär. Sie hatte den offenen Brief, in dem die EU-Parlamentarier aufgefordert werden, gegen die Einführung eines europäischen Leistungsschutzrechtes zu stimmen, mitunterzeichnet. Wenn auch als Vorsitzende von „CSUnet“, das ist der „virtuelle Verband und Arbeitskreis für Netzpolitik der CSU“. Einer ihrer Gründe: Der Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD spreche „eindeutig“ gegen das europäische Leistungsschutzrecht. „Frau Bär sagt hier die Unwahrheit“, stellt Wolff dazu fest. Gegner und Befürworter der Neuregelung warten jetzt gespannt auf den Donnerstag.