Andy Gu heißt eigentlich gar nicht so. In seinem Pass steht Gu Yanmin. Aber weil sich viele Europäer mit chinesischen Namen schwertun, nennt er sich Andy. Das wirkt vertraut, irgendwie sympathisch. Dass der nette Andy in Wahrheit ein knallharter Manager ist, konnte man sich schon denken, als er vor zweieinhalb Jahren in Augsburg auftauchte, um die Übernahme des Augsburger Roboterbauers Kuka einzufädeln.
Andy Gu ist quasi der Außenminister von Midea
Der 54-Jährige führt die internationalen Geschäfte des chinesischen Haushaltsgeräte-Konzerns Midea. Auf den ersten Blick tut er das recht freundlich. Schließlich soll keiner denken, jetzt kommen die gierigen Chinesen und plündern deutsche Firmen aus.
Andy Gu ist der Chefdiplomat seines Konzerns. Wer ihn trifft, erlebt einen offenen Menschen, der perfekt Englisch spricht und viel lächelt. Als er unserer Redaktion in jener turbulenten Zeit, in der Midea die Macht bei Kuka übernahm, ein Interview gab, sagte er so schöne Sätze wie diesen: „Wir sind als langfristige Investoren gekommen, die Arbeitsplätze in Augsburg heute und morgen sichern wollen.“ Oder: „Wir wollen ein vorbildhaftes Beispiel für die deutsch-chinesische Zusammenarbeit sein.“
Der mächtige Chinese ist mehr als ein Zahlenmensch
Seit Freitagnacht haben die Zweifel am schönen Märchen vom netten Andy dramatisch zugenommen. Seit Freitagnacht ist er der Mann, der den beliebten und lange Zeit erfolgreichen Kuka-Chef Till Reuter in die Flucht geschlagen hat. Sinkende Gewinne passen offenbar nicht in die Strategie chinesischer Manager. Zumal die Midea-Bosse in der Heimat ohnehin schon gefragt werden, ob sie Kuka nicht viel zu teuer gekauft haben.
Andy Gu selbst ist mehr als nur ein Zahlenmensch. Klar, er hat in seiner Heimat einen Bachelor in Ökonomie gemacht. Doch schon bald zog es ihn in die USA, wo er Soziologie studierte und einen Doktortitel in Demografie nachlegte. Im Jahr 2000 tauschte er seine Stelle als Assistenzprofessor an der renommierten National University Singapur gegen einen Job bei Midea ein. Rein karrieretechnisch war das eine gute Entscheidung: Doktor Gu arbeitete sich in dem Riesenkonzern, der mit einer kleinen Werkstatt für Flaschenverschlüsse anfing und heute rund 135.000 Mitarbeiter beschäftigt, schnell nach oben.
Andy Gu ist keiner, der zum Händeschütteln vorbeikommt
Heute ist er Vizepräsident von Midea – und Aufsichtsratsvorsitzender der deutschen Tochter Kuka. Für die Mitarbeiter in Augsburg ist der Mann mit der randlosen Brille, über den – zumindest ohne gute Chinesischkenntnisse – nichts Privates zu erfahren ist, ein Unbekannter geblieben. Er ist nicht der Typ, der mal in der Produktionshalle vorbeischaut und Hände schüttelt. Viele Kukaner haben den Spitzenmanager noch nie zu Gesicht bekommen. Doch das Schicksal ihrer Firma liegt mehr denn je in den Händen von Gu Yanmin, den sie in Deutschland Andy Gu nennen.
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