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Autohandel: Das Internet macht dem Autohaus Konkurrenz

Autohandel

Das Internet macht dem Autohaus Konkurrenz

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    Immer mehr Autokäufer können sich Umfragen zufolge vorstellen, ihr Fahrzeug online und nicht beim Händler zu bestellen. Die Händler zwingt das zum Umdenken.	Foto: Tobias Hase, dpa
    Immer mehr Autokäufer können sich Umfragen zufolge vorstellen, ihr Fahrzeug online und nicht beim Händler zu bestellen. Die Händler zwingt das zum Umdenken. Foto: Tobias Hase, dpa

    Im Leben vor dem Internet sah der Neuwagenkauf etwa so aus: Herr oder Frau Mustermann sind zu Händlern ihrer Wahl gegangen und haben verschiedene Modelle getestet – so lange, bis sie sich für eines entschieden hatten. Dieser Meinungsbildungsprozess konnte sich manchmal über Monate hinziehen. Es wurde zäh gehandelt, oft so zäh wie auf den Märkten in Marrakesch. In dieser Zeit lernten die Mustermanns smarte Verkäufer kennen, tranken zig Espressi und wurden nach Unterschrift des Kaufvertrags vom Autohausbesitzer auf ein Glas Prosecco eingeladen.

    Auch Autobauer im Internet

    Natürlich findet dieses für die Internet-Generation archaisch anmutende Ritual auch heute noch oft statt. Die meisten Privatkunden, die sich ein neues Fahrzeug gönnen, gehen weiter ins Autohaus. Aber der Verkauf im Internet ist im Kommen. Externe Vermittler wie „Autohaus24“ machen gute Geschäfte. Jetzt versuchen sich auch die Hersteller selbst im virtuellen Raum.

    Mercedes beispielsweise will den Vermittlern das Geschäft nicht länger alleine überlassen und ist im Neuwagengeschäft nun selbst online: Seit Dezember 2013 kann man im virtuellen Autohaus unter „Mercedes-Benz connect me“ auch fabrikneue Autos bestellen. Allerdings nur Standardmodelle. Damit ändern die Stuttgarter die Regeln beim Autokauf, die seit Jahrzehnten galten.

    Und Mercedes ist nicht allein. Das digitale Geschäft lockt auch andere Autohersteller. Audi hat mit der Audi City einen Showroom entworfen, in dem Kunden ihr Auto an Bildschirmen konfigurieren können. BMW verkauft sein Elektroauto i3 auch online.

    Höhere Gewinnspannen im Internet

    Der Grund für die neuen Aktivitäten im Netz sind laut Branchenbeobachtern deutlich höhere Gewinnspannen. Denn der herkömmliche Verkauf über das Händlernetz ist vergleichsweise teuer. Musterrechnungen von Experten haben ergeben, dass die Vertriebskosten beim Verkauf über das Autohaus bei zehn bis 13 Prozent des Neuwagenpreises liegen. Bei der anderen, schon bisher existierenden Möglichkeit, das Auto über externe Internetvermittler zu verkaufen, kommen die Konzerne auf Vertriebskosten in Höhe von drei bis vier Prozent.

    Für Kunden ist der Neuwagenkauf im Internet ebenfalls rentabel. „Deutlich weniger als im Autohaus kosten dort die neuen Modelle über externe Vermittler“, schätzt Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer. Das sei schon richtig spürbar.

    Wenn Mercedes nun Neuwagen im Internet verkauft, könnte man annehmen, dass diese auch günstiger angeboten werden. Werden sie aber nicht. „Uns geht es nicht darum, billiger zu verkaufen, sondern mit dem Kanal im Internet neue, zusätzliche Kundengruppen zu erschließen und die dort abzuholen, wo sie sich befinden – eben im Netz“, ließ Mercedes verlauten.

    Warum keine Sonderangebote? Dudenhöffer sagt: „Weil Mercedes trotz höherer Verkaufsmargen den eigenen Niederlassungen und Autohäusern keine zu starke Konkurrenz entgegensetzen will.“ Für klassische Schnäppchenjäger sei das Onlineportal nichts. Es biete sich nur für Kunden an, die ihr neues Auto schnell in der Garage stehen haben wollen. Dass sich auf diese Weise nicht das Gros der Autos verkaufen lässt, ist Mercedes klar: Das Internet-Autohaus sei ein zusätzlicher Vertriebskanal, mehr nicht.

    Wer erst mal drin sitzt, kauft fast immer

    Dudenhöffer verwundert das vorsichtige Vorgehen der Branche nicht. Sie müsse bisher relativ hilflos zusehen, wie sich das Geschäft ins Internet verlagert und von Dritten gemacht wird. „Man hat selbst noch kein perfektes eigenes Konzept gefunden.“ Dass die Konzerne weiter auf klassische Autohäuser setzen, hat einen Grund: Die Erfahrung lehrt sie, dass man Käufer am besten über Probefahrten gewinnen kann. „Wer erst mal drin sitzt, kauft fast immer“, lautet eine Händlerregel. Zudem könne so mehr lukrative Zusatzausstattung verkauft werden.

    Dudenhöffer vermutet trotzdem, dass das Geschäft übers Internet wachsen wird. Petra Brandl, Geschäftsführerin der Kfz-Innung Schwaben, stimmt dem zu, schränkt aber ein: „Das Autohaus wird trotzdem nicht aussterben.“ Auf persönliche Beziehungen und Service würden die meisten Kunden nach wie vor Wert legen. Auch Roman Still, Vorstandssprecher der AVAG Holding SE Augsburg, einem der größten Autohändler Europas, ist ebenfalls zuversichtlich: „Im Internet informieren sich die Leute, beim Händler kaufen sie. Daran wird sich nichts ändern.“

    Manche Kunden versuchen, die Vorteile beider Welten zu nutzen: Sie fahren bei Händlern Probe und übers Internet kaufen sie. Dudenhöffer empfiehlt dem Kfz-Handel: „Künftig muss ein Datenabgleich zwischen Onlineplattformen und Autohäusern möglich sein.“ Die Kunden sollten zwischen drei Optionen wählen können: Erstens, beim Händler mit kostenloser Probefahrt den Kaufvertrag unterschreiben. Wer testet, aber übers Internet kauft, sollte einen Aufschlag zahlen. Wer auf Probe fahren verzichtet und online bestellt, sollte ein günstigeres Angebot erhalten.

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