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Covid-19-Pandemie: So hart trifft die Corona-Krise die Reisebranche

Covid-19-Pandemie

So hart trifft die Corona-Krise die Reisebranche

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    Zu Corona-Zeiten nichts los: Der Eingang zur Gepäckkontrolle am Flughafen München.
    Zu Corona-Zeiten nichts los: Der Eingang zur Gepäckkontrolle am Flughafen München. Foto: Peter Kneffel, dpa (Archiv)

    Die Hoffnung stirbt zuletzt – auch bei den Urlaubern. Nachdem die Osterurlaube in diesem Jahr ausfallen, hoffen noch viele, dass zu Pfingsten Reisen wieder möglich sind – oder spätestens im Sommer. Doch so einfach und grenzenlos wie es einmal war, wird es nicht so schnell wieder werden. Die meisten Länder haben ihre Grenzen geschlossen, Flugzeuge bleiben am Boden, selbst die Bahn hat ihren Service eingeschränkt. Beliebte Reiseländer wie Italien und Spanien werden eine Zeit lang brauchen, um sich von den Folgen der Covid-19-Pandemie zu erholen.

    Reiseforscher Martin Lohmann glaubt zwar, dass "den Deutschen die Reiselust nicht auf Dauer abhandenkommt". Aber auch er ist überzeugt, dass sich an der Art zu reisen einiges ändern wird. Die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie sind noch nicht abzusehen, und vielen Deutschen wird das Geld für einen längeren Urlaub fehlen. Für die Reisebranche sind die Folgen dramatisch, die Verzweiflung wächst. Der Tourismusverband Mecklenburg-Vorpommern schlägt gar schon eine einmalige Verschiebung aller Sommerferientermine auf August und September vor. Dann sind auch in Bayern Ferien – voraussichtlich zumindest, denn wer will das schon sicher sagen. "Wir haben die Hoffnung, dass in der zweiten Jahreshälfte der Tourismus wieder an Fahrt gewinnt", teilt die Bayern Tourismus Marketing GmbH mit. Die Hoffnung lebt also zumindest noch.

    Am Flughafen herrscht in der Corona-Krise nahezu Stillstand

    Die meisten Veranstalter sind derzeit aber mehr mit Stornierungen und Umbuchungen längst gebuchter Reisen beschäftigt, als mit Planungen von neuen. Bei DER Touristik läuft die Aktualisierung der Reiseangebote für Sommer, Herbst und Winter auf Hochtouren. Doch die Planung habe eine große Unbekannte: Die Dauer der weltweiten Reisewarnung, so Ingo Burmester, Zentraleuropa-Chef des Unternehmens. FTI-Chef Dietmar Gunz geht davon aus, dass "Reisen für viele Menschen ein Grundbedürfnis ist, vermutlich besonders nach einer längeren Zeit in den eigenen vier Wänden". Gunz ist sicher, dass im großen Stil gereist werden wird, sobald es wieder möglich ist.

    Hoffnung braucht auch der neue Münchner Flughafen-Chef Jost Lammers. Am Freitag vor den Osterferien verzeichnete der Flughafen München 2019 nach eigenen Angaben 1200 Starts und Landungen – dieses Jahr nur 51. Nahezu Stillstand herrscht auf dem Flughafengelände. Gut 100 Flugzeuge stehen dicht an dicht geparkt. Nichts geht mehr im neuen Satelliten des Terminal 2, auch die Bereiche A, B und D in Terminal 1 sind verwaist. Nur einen Rumpfbetrieb gibt es noch, da der Flughafen Teil der "kritischen Infrastruktur" ist. Lammers sieht sich mit "einer in dieser Größenordnung nie da gewesenen Krise des weltweiten Luftverkehrs" konfrontiert. Geplante Investitionsvorhaben wie das Parkzentrum West, die neue Konzernzentrale oder das neue Budget-Hotel wurden "bis auf Weiteres" zurückgestellt.

    Die Flughäfen in Memmingen und Nürnberg sind schon seit dem vergangenen Sonntag für zwei Wochen komplett geschlossen. Nur nach vorheriger Anmeldung können noch Hilfs- und Rettungsflüge, Organtransporte oder Geschäftsflüge stattfinden, so Allgäu-Airport-Geschäftsführer Ralf Schmid.

    Das Ende von Germanwings ist besiegelt

    Dass es an den bayerischen Flughäfen so ruhig ist, hat auch mit Europas größter Fluggesellschaft zu tun. Die Lufthansa hat fast alle Passagierflieger am Boden. Nun will sie sich auch dauerhaft von dutzenden Jets trennen – und den Betrieb der Tochter Germanwings komplett einstellen. Das sind Eckpunkte eines vom Konzernvorstand beschlossenen Restrukturierungspakets. Mindestens 42 Flugzeuge der Kerngesellschaft Lufthansa und der Touristiktochter Eurowings sollen demnach endgültig stillgelegt werden. Darunter sind sechs A380, die ohnehin ab 2022 an Airbus zurückgehen sollten. Zudem werden die Leasingverträge für alle angemieteten Flieger gekündigt. Insgesamt schrumpft die Lufthansa ihre Flotte von 763 Flugzeugen um rund zehn Prozent.

    Unklar ist, wie viele der 1400 Germanwings-Mitarbeiter ihren Job verlieren

    Für die rund 1400 Beschäftigten von Germanwings heißt das nicht automatisch, dass sie ihre Jobs verlieren. Ziel sei, möglichst vielen eine Weiterbeschäftigung innerhalb der Lufthansa Group zu bieten, so das Unternehmen. Doch die Verhandlungen mit den Sozialpartnern dürften schwierig werden. Denn klar ist, dass Lufthansa-Chef Carsten Spohr Personal abbauen muss – und dass der Konzern nach der Krise ein anderer sein wird als zuvor. Anders als nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 glaubt Spohr nicht, dass sich die Lage bald entspannen wird. Bis die globalen Reisebeschränkungen vollständig aufgehoben sind, dürfte es noch Monate dauern – und Jahre, bis die weltweite Nachfrage nach Flugreisen wieder dem Vorkrisen-Niveau entspricht. Offen ist bei all dem weiterhin die Frage, wie der Staat dem Konzern helfen kann. Denkbar wäre eine direkte Beteiligung, etwa über eine Kapitalerhöhung. Möglich wäre aber auch eine Sicherung der Liquidität durch Kredite oder Kreditgarantien der KfW-Bank.

    Diesen Weg hat ein anderer Gigant der Reisebranche nun beschritten. Tui, der weltgrößte Reisekonzern, hat am Mittwoch bekannt gegeben, dass er einen von der Bundesregierung in Aussicht gestellten Überbrückungskredit der KfW in Höhe von 1,8 Milliarden Euro in Anspruch nimmt. Mit dem Geld der staatlichen Förderbank kann Tui-Chef Fritz Joussen die Kreditlinien des Konzerns bei privaten Banken von rund 1,75 Milliarden Euro mehr als verdoppeln. Tui gehören über 400 Hotels, 18 Kreuzfahrtschiffe, fünf Fluggesellschaften und 1600 Reisebüros. Mitte März musste der Konzern fast alle seine Reisen bis auf Weiteres aussetzen. Nun also wieder Hoffnung. Aber Tui sagt auch, dass Urlauber für Mai gebuchte Reisen gebührenfrei verschieben können.

    Lesen Sie dazu auch: Lufthansa verkleinert Flotte und lässt Germanwings am Boden

    und den Kommentar: Der Staat muss Lufthansa retten - es gibt aber kein Zurück zum Staatsbetrieb

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