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Coronavirus: Wie groß ist die Gefahr, dass bei Soforthilfen geschummelt wird?

Coronavirus

Wie groß ist die Gefahr, dass bei Soforthilfen geschummelt wird?

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    Unternehmen, die wegen der Corona-Krise in die Schieflage geraten, können Soforthilfen beantragen - inzwischen nur noch online.
    Unternehmen, die wegen der Corona-Krise in die Schieflage geraten, können Soforthilfen beantragen - inzwischen nur noch online. Foto: Michael, dpa (Symbolbild)

    Wer erfahren möchte, wie es den kleinen und mittelständischen Unternehmen in dieser Zeit der Corona-Krise geht, spricht am besten mit Sabine Beck - aber die hat eigentlich kaum Zeit. Denn während der Einzelhandel ruht, Cafés und Restaurants geschlossen sind, Theater zubleiben und manchen Handwerksbetrieben langsam die Aufträge wegbrechen, versuchen Beck und ihre Mitarbeiter eine Flut von Anträgen auf Soforthilfe zu bewältigen.

    In Schwaben wurden bisher 30.700 Anträge auf Soforthilfe gestellt

    Sabine Beck leitet bei der Regierung von Schwaben den Bereich Wirtschaft, Landesentwicklung und Verkehr. Wobei die Wirtschaft momentan am wichtigsten sei, sagt sie. Wenn ein schwäbischer Unternehmer einen Antrag auf Soforthilfe stellt, landet dieser auf den Schreibtischen von Beck und ihren Kollegen - 30.700 Anträge waren das bislang. Seit drei Wochen, erzählt Beck, arbeitet die ganze Abteilung etwa zwölf Stunden am Tag. Auch an den Wochenenden. Sie habe Verstärkung aus anderen Bereichen der Bezirksregierung erhalten. Aber klagen will Beck nicht. Sie sei froh darüber, wie gut alle Mitarbeiter zusammenhelfen. Man merke, dass nun alle an einem Strang ziehen. "Es geht jetzt wirklich darum, den Betroffenen schnell zu helfen", sagt Beck.

    Etwa drei Wochen ist es auch her, dass der bayerische Ministerpräsident Markus Söder und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger zusammen mit den vorläufigen Ausgangsbeschränkungen angekündigt haben, ein Soforthilfe-Programm aufzulegen. Alle Unternehmen mit bis zu 250 Mitarbeitern, die wegen der Corona-Krise von Liquiditätsengpässen bedroht sind, können die Gelder erhalten - und müssen sie nicht wieder zurückzahlen. Am 1. April ist ein Soforthilfe-Programm des Bundes dazu gekommen, das alle Unternehmen mit bis zu zehn Mitarbeitern auffangen soll.

    Bis die Soforthilfen ankommen, kann es bis zu zwei Wochen dauern

    Und die Nachfrage nach diesen Geldern ist hoch. Nach Auskunft des Bayerischen Wirtschaftsministeriums waren aus ganz Bayern bis Montagmittag 228.996 Anträge auf Soforthilfe eingegangen. Insgesamt entspricht die Summe der eingegangenen Anträge knapp 1,5 Milliarden Euro. Ausgezahlt wurden bislang 474.080.235 Euro - also etwa ein Drittel. Die Zahlen decken sich in etwa mit einer Erhebung des Bundes der Selbstständigen in Bayern (BDS).

    Er hat seine Mitglieder befragt, wie viel Prozent Soforthilfen beantragt hätten - etwa 55 Prozent - und wie viele von ihnen schon einen positiven Bescheid erhalten hätten - rund 30 Prozent. Aber es gibt zwei Haken: Zum einen glaubt nur etwa ein Drittel der befragten BDS-Mitglieder, dass die Gelder ausreichen werden, um Liquiditätsengpässe für die kommenden drei Monate auszugleichen. Zum anderen dauert es zwischen sechs und zwölf Tagen, bis das Geld wirklich auf den Konten der Antragssteller eingeht. Zu lange, findet der Bund der Selbstständigen.

    Die Bewilligung dürfe aus Sicht des BDS höchstens 48 Stunden dauern. "Die Verarbeitung weiterer Daten, wie es derzeit auch bei der Soforthilfe praktiziert wird, muss entfallen, da ansonsten eine zeitnahe Auszahlung und damit die Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit der Unternehmen nicht gewährleistet ist", sagt Gabriele Sehorz, Präsidentin des Bundes der Selbstständigen in Bayern.

    Nach welchen Kriterien die Anträge im Nachhinein geprüft werden sollen, ist unklar

    So nachvollziehbar diese Forderung aus Sicht der Unternehmer sein mag, sie birgt doch auch eine Gefahr: die des Betrugs. Unternehmer, die eigentlich keinen Anspruch auf Hilfen hätten, könnten staatliche Gelder bekommen. Schon bei der Ankündigung der Maßnahme hatten der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger und Ministerpräsident Markus Söder betont: Es werde eine nachträgliche Prüfung der Anträge geben. Glücksritter und Trittbrettfahrer hätten keine Chance. Aber ist das wirklich so und wie könnte eine nachträgliche Prüfung aussehen?

    Sabine Beck von der Regierung von Schwaben sagt: Momentan versuchen sie und ihre Mitarbeiter so gut es eben geht, zu unterscheiden, wer wirklich Geld brauche und wer nicht. Zweifelhafte Anträge werden erst einmal zurückgestellt. Und auch Wirtschaftsminister Aiwanger ist bewusst, dass die Gefahr von Betrügereien besteht. "Wir haben einen Zielkonflikt von Schnelligkeit und Gründlichkeit", sagt er. Wer einen Antrag stellt, muss an Eides statt versichern, dass die Angaben richtig sind. "Wir hoffen, dass uns nur ein gewisser Prozentsatz hinters Licht führen möchte. Aber wir müssen, um den Großteil der Ehrlichen zu retten, jetzt fünf gerade sein lassen und werden im Nachhinein genauer hinschauen", so Aiwanger bei einer Pressekonferenz.

    Wer sich Gelder erschleicht, kann ins Gefängnis kommen

    Wie eine spätere, nachträgliche Prüfung aussehen könnte, ist noch unklar. Auch das Bayerische Wirtschaftsministerium hat bisher noch keine Antwort darauf, welche Kriterien denn bei einer späteren Prüfung angelegt werden sollen. "Denkbar ist aber, bei der Steuererklärung 2020 ein besonderes Augenmerk auf Unstimmigkeiten zu legen, da hier ja sowieso Angaben zum Umsatz, Aufträgen, Betriebsmittelkosten gemacht werden", heißt es von dort.

    Und Ministerpräsident Söder mahnt: "Jeder muss versichern, dass er das Geld braucht. Wenn diese Bestätigung nicht stimmt, also wenn es eine Lüge war, dann hat das erhebliche Konsequenzen, auch in strafrechtlicher Form. Also nicht nur die Rückzahlung." Tatsächlich begeht jemand, der sich das Geld erschleichen möchte, Subventionsbetrug nach § 264 Strafgesetzbuch - und der kann mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe geahndet werden. 

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