Die Corona-Krise krempelt den Alltag vieler Menschen in Deutschland um – vor allem das Arbeitsleben ist betroffen: Das Virus verbannt viele Arbeitnehmer ins Homeoffice. Doch wie funktioniert das überhaupt?
Homeoffice ist nicht gleich Homeoffice
Eigentlich spricht man bei Beschäftigten, die tatsächlich dauerhaft in der eigenen Wohnung arbeiten, von einem sogenannten Telearbeitsplatz. Dafür gelten – beispielsweise beim Arbeitsschutz – strenge gesetzliche Vorgaben. Diese sind in der Arbeitsstättenverordnung definiert, wie Ufuk Altun vom Institut für angewandte Arbeitswissenschaft (ifaa) erklärt. Dort steht, dass es sich um vom Arbeitgeber fest eingerichtete Bildschirmarbeitsplätze im Privatbereich der Beschäftigten handelt. Der Arbeitgeber hat für sie eine wöchentliche Arbeitszeit vereinbart und die Dauer der Einrichtung festgelegt. Zudem ist der Arbeitgeber dafür verantwortlich, dass in den Privaträumen Mobiliar und Arbeitsmittel bereitgestellt und installiert sind. Was viele Betriebe wegen der Coronakrise derzeit machen, entspricht dagegen eher der sogenannten mobilen Arbeit. Im Gegensatz zu Telearbeit ist mobiles Arbeiten aber nicht weiter gesetzlich definiert. Für das „Mobile Office“, wie die Arbeitsform oft auch bezeichnet wird, gelte die Arbeitsstättenverordnung nicht.
Habe ich ein Recht darauf, im Homeoffice zu arbeiten?
Ich habe Angst, mich anzustecken: Kann ich zu Hause bleiben? Um vom sogenannten Leistungsverweigerungsrecht Gebrauch zu machen, müsste es laut der Arbeitsrechtlerin Dorothea Burkard für die Mitarbeiter unzumutbar sein, zur Arbeit zu gehen. Dies wäre unter anderem der Fall, wenn die Gesundheit ernsthaft gefährdet ist. Hat sich beispielsweise ein Kollege mit dem Coronavirus infiziert, könne das ein Grund sein, zu Hause zu bleiben – zumindest so lange unklar ist, wer sich in der eigenen Abteilung alles angesteckt hat.
Kann mir mein Arbeitgeber Homeoffice gegen meinen Willen verordnen?
Auch hier gilt: Der Chef darf nicht einfach die eigene Wohnung als Ausweichbüro nutzen. Solange im Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder im Arbeitsvertrag dazu nichts geregelt ist, müssen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer einigen.
Kann ich daheim am Schreibtisch bis tief in die Nacht arbeiten?
Auch wer in den eigenen vier Wänden am Laptop sitzt, muss sich an das Arbeitszeitgesetz halten. Wenn nichts anderes geregelt ist, dürften Beschäftigte in der Regel höchstens acht Stunden am Tag arbeiten und müssten die Pausenzeiten einhalten. Auch im Homeoffice muss der Chef das kontrollieren und dokumentieren. Prinzipiell kann man auch nachts um 23 Uhr noch E-Mails beantworten, dann darf man aber am nächsten Tag erst um 10 Uhr wieder mit der Arbeit starten. So sieht es die Regelung zur Ruhezeit vor.
Wie sieht es mit der Ausstattung im Homeoffice aus?
Der Arbeitgeber muss alles bereitstellen, was man zum Arbeiten braucht – beispielsweise Laptop, Telefon, Briefpapier oder einen Drucker. Beschäftigte könnten, solange nichts anderes vereinbart wurde, nicht gezwungen werden, ihre privaten Geräte zu nutzen. Auch Rechnungen für berufliche Telefonate oder Portokosten muss der Arbeitgeber tragen. Oftmals sind die Kosten allerdings aufwendig zu ermitteln. Aber auch dann gibt es Lösungen: Ist für die Arbeit im Homeoffice ein Telefon- oder Internetanschluss erforderlich, kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für diese Aufwendungen entweder 20 Prozent der jeweiligen Monatsabrechnung, aber maximal 20 Euro pro Monat pauschal steuerfrei erstatten. Ansonsten kann der Arbeitnehmer die Ausgaben als Werbungskosten in seiner Einkommensteuererklärung geltend machen. Anders sieht es aus, wenn man nicht weiß, wo man seine Kinder unterbringen soll, und der Chef einem erlaubt, im Homeoffice zu arbeiten. Dann muss der Arbeitgeber einen nicht zwingend ausstatten und alle Kosten übernehmen.
Kann ich mein privates Büro von der Steuer absetzen?
Man könne die Ausstattung eines privaten Büros – etwa Technik, Möbel, Lampen oder ein Regal – und anteilig die Kosten für Miete und Strom in der Steuererklärung geltend machen, erklärt Christian Böke vom Steuerberaterverband. Begünstigt würden allerdings nur Arbeitnehmer, die das Homeoffice nutzen müssen. „Wer in der Firma einen Arbeitsplatz hat, der jederzeit nutzbar ist, kann auf diese Steuervorteile nicht zurückgreifen.“ Das Finanzamt akzeptiere grundsätzlich nur Bürokosten für einen separaten Raum. „Die Arbeitsecke im Wohnzimmer oder Flur wird nicht anerkannt.“ Als Werbungskosten können dann maximal 1250 Euro geltend gemacht werden. Der Höchstbetrag von 1250 Euro ist auch bei nicht ganzjähriger Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers in voller Höhe, also nicht zeitanteilig, zum Abzug zuzulassen.
Bin ich im Homeoffice bei Unfällen versichert?
Grundsätzlich ja. Allerdings gilt dies laut der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung nur für „Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Arbeit“. Wer sich ein Glas Wasser in der Küche holt, ist zum Beispiel nicht versichert. Das gilt auch für den Gang aufs Klo – so zumindest lautet eine Entscheidung des Sozialgerichts München. Die Begründung: Der Arbeitgeber habe dort keinen Einfluss auf die Sicherheit der Einrichtung.
Damit die Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben nicht verschwimmen.
Arbeiten zwischen Abwasch und Bügelwäsche – das funktioniert für die wenigsten. Statt mit dem Laptop am Küchentisch zu sitzen, sollten sich Arbeitnehmer zu Hause einen festen Arbeitsplatz mit vernünftigen Arbeitsmitteln schaffen. Ideal ist es im Homeoffice, wenn Arbeit und Privatleben klar, also auch räumlich, getrennt sind. Das hilft dem Kopf, den Job-Modus ein- und nachher wieder abzuschalten. Apropos abschalten: Das sollte man nach Feierabend auch mit Diensthandy oder -laptop tun. Pausenzeiten sollte man festlegen und dann auch einhalten. Und auch im Homeoffice ist es wichtig, sich regelmäßig zu bewegen und genug zu trinken.
Kontakt zu den Kollegen halten. Aus den Augen, aus dem Sinn?
Damit das nicht passiert, sollten Heimarbeiter von sich aus regelmäßig Kontakt mit den Kollegen halten, gerne auf verschiedenen Wegen – also per Chat und Mail ebenso wie per Telefonanruf oder Sprachnachricht. Faustregel: Lieber einmal mehr als einmal zu wenig kommunizieren. Videokonferenzen sorgen dafür, dass man sich den Kollegen weiter nahe fühlt. Dabei ruhig auch ein paar Minuten Zeit nehmen, um über private Themen zu quatschen.
Immer auf den Abstand achten.
In vielen Firmen gibt es einen Gesundheitsbeauftragten, der die richtigen Einstellungen für Büromöbel checkt. Und im Homeoffice? Auch hier sollte der Abstand zwischen Augen und Bildschirm 50 bis 70 Zentimeter betragen. Verspannungen im Kopf- und Nackenbereich beugt man vor, indem der Bildschirm etwas erhöht steht und auf einer Linie mit Tastatur beziehungsweise Maus und Schreibtischstuhl. Dazu rät die Deutsche Gütegemeinschaft Möbel. Der Stuhl sollte so eingestellt sein, dass die Knie um 90 Grad oder etwas mehr abgewinkelt sind und die Füße gerade auf dem Boden stehen. Die Lehne stellt man am besten so ein, dass Oberkörper und Oberschenkel in einem Winkel zueinanderstehen, der deutlich größer als 90 Grad ist.
Arbeiten mit Kindern im Homeoffice
„In dieser Situation durchgehend zu arbeiten, das wird keinem gelingen“, sagt Claudia Ruhe, Sozialpädagogin aus Würzburg. Wie lange sich ein Kind selbst beschäftigen kann, komme auf das Alter an. „Ein Dreijähriger wird immer wieder wichtige Anliegen haben und die Arbeit unterbrechen“, sagt Ruhe. „Die meisten Kindergartenkinder können noch nicht über einen längeren Zeitraum alleine spielen.“ Ihr Rat: „Gönnen Sie sich und den Kindern deshalb immer wieder Pausen.“ Es sei wichtig, dass die Kinder Aufmerksamkeit bekommen. Lassen Sie sich von den Kindern zeigen, was sie gemalt oder geschrieben oder gespielt haben. Loben Sie die Kinder, dass sie so toll selbstständig arbeiten. „Bei Kindern im Grundschulalter kann man verlangen, dass sie sich mal eine Stunde alleine beschäftigen“, sagt die Sozialpädagogin.
So bleibt auch das Internet krisensicher
Im Homeoffice friert die Videokonferenz ein, Webseiten brauchen ewig zum Öffnen. Rucklern, Aussetzern & Co kann man oft erfolgreich begegnen, indem man sich mit Notebook, Tablet oder Smartphone einfach näher in Richtung Router begibt. Das verbessere das WLAN-Signal in der Regel so weit, dass Aussetzer nicht mehr auftreten. Ansonsten lohnt es sich, herumzufragen, ob und wer daheim im Haushalt gerade vielleicht noch datenintensive Anwendungen betreibt, rät das Fachportal „Heise online“. Dann seien Absprachen gefragt: Steht gerade die wichtige Videokonferenz an, müssen die anderen ihre Videostreams eben so lange pausieren. Geht das nicht, lohnt sich den Experten zufolge fast immer der Versuch, das Notebook per Ethernet-Kabel an den Router anzuschließen. Hat das Gerät keine Ethernet-Buchse mehr, gibt es für knapp 20 Euro USB-Ethernet-Adapter. Für die Investition werde man dann aber mit einer stabilen Gigabit-Verbindung zum Router belohnt. Zum Vergleich: Per WLAN sinke die Datenrate gerade bei hohen Distanzen zum Router auf wenige Megabit pro Sekunde (MBit/s). So ein Kabel kann übrigens auch Abhilfe bei störenden WLAN-Netzen in der Nachbarschaft schaffen. (mit dpa)
Lesen Sie dazu auch unsere Meinungsbeiträge:
- Pro: Im Homeoffice anziehen wie fürs Büro? Ja!
- Kontra: Im Homeoffice anziehen wie fürs Büro? Nein!
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