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Corona-Pandemie: Abhängigkeit von China: Deutschland will die Maskenproduktion ankurbeln

Corona-Pandemie

Abhängigkeit von China: Deutschland will die Maskenproduktion ankurbeln

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    Auch die Textilindustrie ist von der Corona-Krise betroffen. In Deutschland haben viele Unternehmen auf Maskenproduktion umgestellt. Der Bund will den Markt nun stärken.
    Auch die Textilindustrie ist von der Corona-Krise betroffen. In Deutschland haben viele Unternehmen auf Maskenproduktion umgestellt. Der Bund will den Markt nun stärken. Foto: Armin Weigel, dpa

    Allein im Gesundheitsbereich braucht Deutschland laut Bundesminister Jens Spahn (CDU) rund zehn Millionen FFP-Masken pro Woche zum Schutz vor dem Coronavirus. Dazu hat der Bund noch einmal 40 Milliarden OP-Masken als Mund-Nase-Schutz ausgeschrieben. Milliarden Alltagsmasken werden ebenfalls benötigt. Bisher stammen allerdings 90 Prozent dieser Produkte aus China. Nun soll ein Markt in Deutschland entstehen. Viele Unternehmen steigen aus Verzweiflung ob der wegbrechenden Einnahmen in das Geschäftsfeld ein. Andere, wie die Firma Innovatec aus Troisdorf, haben ihre Materialien bisher exportiert und erhoffen sich nun ein Wachstum durch die hiesige Produktion. Innovatec investiert über 20 Millionen Euro, der Staat unterstützt mit Zuschüssen.

    Uwe Mazura, Hauptgeschäftsführer der deutschen Textil- und Modeindustrie, teilt mit: „Die 1400 Unternehmen der deutschen Textilindustrie mit ihren rund 135.000 Mitarbeitern sind durch die Lockdown-Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie und den Zusammenbruch weltweiter Lieferketten in sehr schweres wirtschaftliches Fahrwasser geraten. Über 80 Prozent unserer Unternehmen haben bereits Kurzarbeitergeld beantragt.“ Die Umsätze seien teilweise auf Null eingebrochen.

    Textilindustrie: 40 Prozent der Firmen steigen auf Maskenproduktion um

    Aus dieser Ausgangsposition heraus entschieden rund 40 Prozent der Firmen aus der Branche, in die Maskenproduktion einzusteigen – die es bis dato in Deutschland quasi nicht gab. Unter den knapp 20 bayerischen Unternehmen befindet sich mit Manomama unter Leitung der Gründerin Sina Trinkwalder auch eines aus Augsburg. Es produziert den sogenannten Urbandoo, einen Schal mit integriertem Atemfilter.

    „Damit lassen sich die wirtschaftlichen Schwierigkeiten, in denen die Unternehmen stecken, aber nicht ausgleichen. Im Gegenteil. Wenn Sie kein Medizinproduktehersteller sind, entstehen erst einmal jede Menge Kosten zum Aufbau der neuen Produktion. Viele Unternehmen bieten zudem Selbstkostenpreise für ihre Masken an. Sie wollen einfach helfen“, erklärt Mazura.

    Der Verbandsgeschäftsführer geht davon aus, dass aktuell mehrere hunderttausend Masken pro Woche gefertigt werden. Er sagt: „Da es in den vergangenen Jahrzehnten dafür weder einen Markt noch eine Nachfrage in Europa gab, mussten neue Lieferketten, Produktionslinien und vieles mehr erst aufgebaut werden.“

    Uwe Mazura: Abhängigkeit von ausländischer Maskenproduktion ist riskant

    Mazura meint, die Unterstützung aus der Politik gehe in die richtige Richtung. Er fordert: „Wir brauchen ein Belastungsmoratorium. Es gibt eine Reihe von Regulierungsvorhaben im Chemikalienrecht, die dazu führen, dass wir medizinische Corona-Masken und Schutzanzüge für das medizinische Personal gar nicht in Europa produzieren können, weil wir dafür nötige Chemikalien bei der Produktion des Materials nicht mehr einsetzen können. Das ist absurd und muss gestoppt werden.“ Auf ein Schreiben an Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) habe es bislang keine Reaktion gegeben. Ein weiteres Problem sieht Mazura in steigenden Energiepreisen. Er möchte unter anderem eine Aussetzung der CO2-Bepreisung für mittelständische Industriebetriebe erreichen.

    Aus Sicht Mazuras zeigt die Corona-Pandemie, dass eine ausschließlich im Ausland angesiedelte Produktion von Schutzmasken ein großes Risiko bedeutet. Einerseits habe es Engpässe gegeben, als zu Beginn der Krise in China die Fertigungen schließen mussten. Andererseits könne China in Extremsituationen nicht die ganze Welt mit den benötigten Produkten beliefern.

    Diese Einschätzung teilt Christian Klöber. Er ist Eigentümer des Unternehmens Innovatec aus dem nordrhein-westfälischen Troisdorf: „Wir werden Pandemien noch öfter erleben und müssen dafür gerüstet sein.“ In der Vergangenheit lieferte seine Firma Vlies für OP- und FFP-Masken in andere Länder weltweit, da ein deutscher Markt fehlte. Nun fährt Innovatec mit insgesamt drei neuen Anlagen bis November seine Produktion massiv hoch und möchte künftig mit den kommenden deutschen Maskenherstellern zusammenarbeiten – Verhandlungen dazu laufen laut Klöber.

    "Bundesregierung sieht deutsche Maskenproduktion als systemrelevant"

    „Gesundheitsminister Spahn hat in der Krise angerufen“, sagt Klöber. „Die Bundesregierung sieht eine deutsche Maskenproduktion als systemrelevant, da helfen wir mit. Wir haben zuletzt selbst erleben müssen, wie schwierig es ist, an Masken zu kommen.“ Bereits im Juni wird eine neue Anlage für die Produktion von InnovaMed-Vliesstoff in Betrieb genommen. Für seine Investitionen in zwei zusätzliche Anlagen und den Bau der Produktionshalle von geschätzt zehn Millionen Euro erhält Innovatec einen 30-Prozent-Zuschuss vom Staat. Insgesamt werden 21 Millionen Euro investiert.

    Klöber ist überzeugt, dass Masken „Made in Germany“ über die Corona-Pandemie hinaus ein Erfolg sein können. Er hoffe, dass die deutsche Industrie es mittelfristig schafft, den Eigenbedarf selbst zu decken. Innovatec kann Eigentümer Klöber zufolge mit den neuen Anlagen Vlies für 35 Millionen OP-Masken wöchentlich herstellen – also für 85 Prozent der von der Bundesregierung vorgesehenen Menge. Gleichzeitig plant Innovatec mit bis zu 30 neuen Arbeitsstellen.

    Insgesamt erhielten jüngst 50 Unternehmen Zuschläge des Bundesgesundheitsministeriums für die Produktion medizinischer Schutzmasken im Inland.

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