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Corona-Krise: Tesla, Audi und Co.: Wie geht es mit der Autobranche weiter?

Corona-Krise

Tesla, Audi und Co.: Wie geht es mit der Autobranche weiter?

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    Das Autojahr 2020 hatte es in sich. Gewinner ist eindeutig der E-Auto-Hersteller Tesla.
    Das Autojahr 2020 hatte es in sich. Gewinner ist eindeutig der E-Auto-Hersteller Tesla. Foto: Jens Kalaene, dpa

    Im Autoland kann derzeit besichtigt werden, wie sich der durch die Pandemie beschleunigte Strukturwandel einer globalen Schlüsselindustrie vollzieht. Dabei gibt es Gewinner, Verlierer und weniger Gewissheiten. Ein Blick zurück, ein Blick nach vorn.

    Wer ist der Gewinner des Auto-Jahres 2020?

    Muss man nicht lange nachdenken. Klare Antwort: Elon Musk. Noch vor nicht allzu langer Zeit wurde der E-Auto-Pionier belächelt, Tesla hierzulande eher beäugt als respektiert. Die Zeiten sind vorbei. Die Firma ist nicht nur ein Börsenstar. Seit Jahresbeginn stieg der Börsenwert von rund 75,4 Milliarden US-Dollar bis Mitte Dezember auf gut 600 Milliarden US-Dollar. Tesla wirft inzwischen Gewinne ab und wird von den Konkurrenten längst als Konkurrent aber auch als Inspiration wahrgenommen. VW-Boss Herbert Diess, der Volkswagen auf E-Mobilität getrimmt hat, ist Fan: Auf dem bekannten Selfie mit Musk schaut er sehr glücklich in die Kamera.

    Selbst Leuten, denen Autos sehr egal sind, ist Tesla in Deutschland ein Begriff. Spätestens seit im märkischen Grünheide die von Umweltschützern heftig kritisierte Tesla Gigafactory Berlin-Brandenburg hochgezogen wird. Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer sagt über Musk: „Er sprüht vor Innovation, hat die Autowelt verändert, zeigt, wie die Zukunft der Branche ausschaut. Er wird inzwischen sehr ernst genommen. Tesla ist das Vorbild. Das Unternehmen hat die Maßstäbe neu definiert, nicht nur beim autonomen Fahren. Er zeigt, dass Software spannend ist, wie man Autos mit dem Handy steuern kann und begeistert für die Möglichkeiten der neuen digitalisierten E-Autowelt.“

    Wer ist der Verlierer des Jahres?

    Disruption, Kurzarbeit, Pleiten. Die Autozulieferer hatten es schon vor Corona schwer, die Pandemie hat den Druck gewaltig erhöht. Dudenhöffer sagt: „Die Verlierer des Jahres sind die Zulieferfirmen, die zu lange am Verbrennungsmotor festgehalten haben. Diese hatten im vergangenen Jahr und werden 2021 eine schwere Zeit haben, weil sie zu lange mit Scheuklappen unterwegs waren und sich auf die klassischen Autohersteller verlassen haben.“

    Wie sind die Umsatzzahlen global denn überhaupt?

    Nach der Vollbremsung im Frühjahr gaben die Autohersteller Vollgas. Das geht aus einer Analyse von Ernst & Young (EY) hervor. Die Beratungsgesellschaft hat sich die Finanzkennzahlen der weltweit 17 größten Autokonzerne angeschaut. Nach einem massiven Umsatz- und Absatzeinbruch im zweiten Quartal liefen die Geschäfte der Autokonzerne im dritten Quartal deutlich rund: Der Umsatz stieg laut EY gegenüber dem Vorquartal um 53 Prozent, der Neuwagenabsatz kletterte – ebenfalls gegenüber dem Vorquartal – um 46 Prozent.

    Antriebe für Autos

    Autos lassen sich von vielen Antrieben in Bewegung setzen. Dabei war nicht von Anfang an klar, dass sich der Verbrennungsmotor durchsetzen würde. Der Elektromotor war bereits zu Beginn der automobilen Revolution eine Alternative. Inzwischen sind noch einige hinzugekommen, eine Übersicht:

    VERBRENNUNGSMOTOREN - Billiges Öl in den USA und der Beginn der Massenmotorisierung durch Ford haben dem «Verbrenner» zum Durchbruch verholfen. In verschiedenen Varianten treibt er heute beinahe alles an, was fährt. Ob Ottomotor oder Dieselmotor, beide Aggregate werden vor allem mit fossilen Brennstoffen, also Produkten aus Erdöl betrieben. Doch die Technik lässt je nach Modifikation auch anderen Treibstoff zu, etwa Alkohol, Biodiesel, Gase oder gar Frittenfett. So kann der Verbrenner auch ein alternativer Antrieb sein.

    AUTOGAS/ERDGAS - Der Antrieb mit Autogas funktioniert nach einer technischen Umrüstung in fast allen Benzinmotoren. Die kostet je nach Modell einige tausend Euro. Der günstigere Preis für das Gas spart zwar Geld, die Investition rechnet sich meist aber nur für Vielfahrer. Autogas (LPG) ist allerdings nicht an allen Tankstellen zu haben, zudem schmälert der Zusatztank meist den Platz im Kofferraum. Ist der Gastank leer, fährt der Motor mit Benzin weiter. Eine andere Möglichkeit ist Erdgas, das ebenfalls in einem herkömmlichen Ottomotor verbrannt wird. Autos mit Erdgas-Antrieb finden sich häufiger in größeren Flotten oder auch in Bussen. Auch hier ist das Tankstellennetz noch nicht flächendeckend.

    HYBRID - Autos mit Hybrid-Antrieb haben beides an Bord: einen Verbrennungs- und einen Elektromotor. Dabei gibt es mehrere Varianten wie sogenannte «milde», «volle» und Plug-in-Hybriden. In der «milden» Variante wird die Batterie etwa mit der Bremsenergie aufgeladen und greift dem Verbrennungsmotor unter die Arme. Ein Vollhybrid kann auch rein elektrisch fahren, die Batterie wird während der Fahrt mit dem Benziner geladen, auch wird Energie beim Bremsen erzeugt. Der Plug-in-Hybrid schließlich kann an der Steckdose geladen werden, was seine Reichweite beim elektrischen Fahrbetrieb verlängert.

    ELEKTROMOTOREN - Reine Elektroautos sind noch echte Raritäten auf den Straßen der Welt. Sie werden von Batterien gespeist und kommen ganz ohne fossile Energieträger aus - wenn man davon absieht, dass der Strom oft aus Kohle, Gas oder Atomkraft gewonnen wird. Viele Hersteller forschen derzeit an E-Autos und verfolgen dabei etliche verschiedene Ansätze. So werden etwa herkömmliche Fahrzeuge umgebaut oder ganz neue Konzepte speziell für den Stromantrieb entwickelt. Dabei hat der Antrieb eine lange Geschichte und ist alles andere als eine neue Idee. Bereits in der Frühzeit der Automobilgeschichte gab es «Stromer», bei kleinen Lieferwagen erhielt sich der Antrieb. Billiges Öl und wachsender Bedienkomfort verhalfen dem Verbrenner aber zum Durchbruch. Nun erlebt die E-Technik eine Wiedergeburt. Das größte Problem dabei ist die Speichertechnik, sprich die Batterien.

    BRENNSTOFFZELLE - Für etliche Ingenieure ist sie die Krönung des Antriebs - lautlos, leistungsstark und aus dem Auspuff strömt nur Wasserdampf. Die Brennstoffzelle treibt bereits U-Boote an, auch Versuchsautos gibt es längst. Dennoch ist Technik noch lange nicht für den Massenmarkt bereit. Ungeklärt ist etwa die Frage, wie der Wasserstoff energieeffizient und umweltschonend gewonnen werden kann. Auch technisch gibt es noch viel zu klären, vom Ausbau des nötigen Tankstellennetzes einmal ganz zu schweigen. Trotzdem halten viele Experten die Brennstoffzelle für den Königsweg und das batteriegetriebene E-Auto für nicht viel mehr als einen Zwischenschritt in der Entwicklung der Mobilität der Zukunft.

    Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ergibt sich allerdings immer noch ein leichtes Minus: Beim Umsatz und beim Absatz rangierten die Top-Autokonzerne jeweils um fünf Prozent unter dem Niveau des dritten Quartals 2019. Am stärksten erholten sich im dritten Quartal die vier US-Konzerne im Ranking, also Ford, Tesla, General Motors und FCA. Constantin Gall, Leiter des Bereichs Automotive & Transportation bei EY, rechnet für das vierte Quartal allerdings erneut mit starken Einbußen: „Die Lage verschlechtert sich in den meisten großen Märkten, es gibt wieder teils massive Einschränkungen des öffentlichen Lebens, die Pkw-Verkäufe gehen derzeit deutlich zurück.“ Gerade Europa werde besonders stark betroffen sein.

    Wo wäre die Autoindustrie ohne den chinesischen Markt?

    Sehr viel schlechter dran. Das gilt auf jeden Fall für VW, Daimler und BMW. Nicht nur EY kommt zu dem Ergebnis, dass im dritten Quartal der chinesische Absatzmarkt einmal mehr der wichtigste Stützpfeiler der Autobranche ist – und gerade auch der deutschen Hersteller. Das Duisburger Center Automotive Research (CAR) kommt in einer perspektivischen Analyse für die Weltautomärkte in der Post-Pandemie-Zeit zu dem Ergebnis: „Der chinesische Automarkt wird in den nächsten Jahren erneut die Lokomotive für die Weltautomärkte sein.“ Für deren Erholung spiele China eine „Schlüsselrolle“.

    Ferdinand Dudenhöffer, Experte für die Autobranche, aufgenommen beim Genfer Autosalon.
    Ferdinand Dudenhöffer, Experte für die Autobranche, aufgenommen beim Genfer Autosalon. Foto: Nicolas Blandin, dpa (Archivbild)

    Warum, erklären laut CAR-Direktor Dudenhöffer diese Zahlen: „In ungesättigten Märkten, wie etwa China oder Indien, kommen auf 1000 Einwohner knapp 110 beziehungsweise 28 Autos. Bei positivem Wirtschaftswachstum sind dort die Zuwachsraten entsprechend höher.“ Dudenhöffer bewertet das Investitionsabkommen zwischen der EU und China in diesem Kontext besonders positiv. Er warnt davor, dass von dem perspektivisch wichtigsten Handelspartner China unnötig „Feindbilder aufgebaut“ würden. Natürlich sei das Land eine Diktatur. Zugleich aber, und das sei für die chinesische Binnenperspektive nicht zu unterschätzen, habe die KP mit ihrem Wirtschaftskurs große Teile des Landes von bitterer Armut befreit.

    Wie schaut es in Europa aus?

    Für das laufende Jahr rechnet das CAR mit einem weltweiten Autoabsatz von 68 Millionen Fahrzeugen, was in etwa den Zahlen von 2012 entspricht. Die nächsten beiden Jahre werden besser, aber auch 2022 bleibt der Auto-Weltmarkt laut CAR noch unter dem Niveau von 2019. Auto-Experte Dudenhöffer geht davon aus, dass Europa sich dabei „besonders schwer und langwierig“ erholt. Sprich: Es wird in Europa auch in den kommenden beiden Jahren mit „Abbau von Produktionskapazität und Arbeitsplätzen zu rechnen sein“.

    Die Prognose für Deutschland?

    Im Autoland schlechthin geht die Industrie laut Dudenhöffer „mit sehr dünnem Auftragsbestand“ ins kommende Jahr. Problematisch sei perspektivisch die alte, also zwischenzeitlich abgesenkte Mehrwertsteuer. Dudenhöffer: „Die Käufer haben sich 2020 schon eingedeckt. Der hiesige Automarkt geht damit im ersten Halbjahr durch eine Dürrezeit“.

    Wie steht es um Deutschlands größten Autobauer VW?

    Grosso modo sieht Dudenhöffer Volkswagen und seine für die Region so wichtige Tochter Audi mit der E-Strategie gut für die Zukunft aufgestellt. Die Kämpfe von VW-Boss Diess mit dem Betriebsrat werde es wohl weiter geben, das gehöre bei VW dazu. Audi-Chef Markus Duesmann habe in Ingolstadt die „richtigen Schlüsse“ gezogen: „Audi wird mittelfristig zu den alten Zeiten aufschließen können“.

    Hat die von der Bundesregierung so massiv geförderte E-Mobilität ihren Durchbruch?

    Ja, eindeutig. Das bestätigt zumindest der „Electromobility Report 2020“ des Center of Automotive Management (CAM). Der Institutsleiter und Autor der Studie, Stefan Bratzel, schreibt: „Das Jahr 2020 markiert den Wendepunkt für die Akzeptanz der Elektromobilität in Deutschland, die mit einem zweistelligen Neuzulassungsanteil die bisherige Nischenrolle verlässt.“ Im Gesamtjahr rechnet der Autoexperte mit einem Absatz von rund 350 000 Elektrofahrzeugen, also mit mehr als als einer Vervierfachung des Marktanteils.

    Was ist 2021 für die Branche am wichtigsten?

    CAR-Direktor Dudenhöffer sagt eindeutig: „Am wichtigsten ist, dass die Bundesregierung eine Exit-Strategie für den Verbrennungsmotor festlegt. Die Branche braucht dringend ein klar kommuniziertes Ausstiegsdatum.“ Der Gewinn für einen berechenbaren Ausstieg sei deutlich höher als die Risiken für die Beschäftigten.

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