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Corona-Krise: Die Corona-Pandemie wirft Griechenland weit zurück

Corona-Krise

Die Corona-Pandemie wirft Griechenland weit zurück

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    Zweite Welle: Griechenland hat das öffentliche Leben herunter gefahren.
    Zweite Welle: Griechenland hat das öffentliche Leben herunter gefahren. Foto: Petros Giannakouris, dpa

    Es ist eine Rechnung, von der niemand weiß, ob sie aufgeht. Rechtzeitig vor den Feiertagen verabschiedete das griechische Parlament am vergangenen Mittwoch das Haushaltsgesetz für das Jahr 2021. Aber selten schwebten über einem Budget so viele Fragezeichen: Wie hat sich die Konjunktur im letzten Quartal dieses Jahres entwickelt? Gelingt es, mit den beginnenden Massenimpfungen, die Pandemie in den Griff zu bekommen? Kommt der erhoffte Aufschwung nächstes Jahr? Oder wütet das Virus weiter? Werfen dann neue Lockdowns die Wirtschaft weiter zurück?

    Ungewissheit, Unsicherheit, Gefahren: Diese Worte kamen immer wieder vor in der Rede, mit der Finanzminister Christos Staikouras seinen Haushaltsplan im Parlament erläuterte. Eine „schwere Prüfung für die Menschheit“ sei die Pandemie, sagte Staikouras. Dennoch gehe die Regierung „mit Zuversicht“ ins neue Jahr. Aber zunächst einmal sieht es düster aus. Nachdem die Griechen die Pandemie im Frühjahr dank frühzeitiger Kontaktsperren besser meisterten als die meisten anderen europäischen Länder, trifft sie jetzt die zweite Welle mit umso größerer Wucht.

    Corona in Griechenland: Für Gastronomie und Einzelhandel eine Katastrophe

    Seit dem 7. November ist das Land wieder im Lockdown. Für die Gastronomie und den Einzelhandel ist das eine Katastrophe. Viele Geschäfte erwirtschaften in der Weihnachtszeit ein Drittel ihres Jahresumsatzes oder mehr. Gerade erst hatte Griechenland begonnen, sich von der achtjährigen Rezession zu erholen, in die das Land während der Schuldenkrise gestürzt war. Jetzt wirft der zweite Lockdown die Griechen wieder weit zurück.

    Im dritten Quartal ging das Bruttoinlandsprodukt im Jahresvergleich um 11,7 Prozent zurück. Das war der heftigste Einbruch aller EU-Staaten. Finanzminister Staikouras musste seinen Haushaltsplan mehrfach überarbeiten. Noch Anfang Oktober setzte er in seinem ersten Entwurf für dieses Jahr den Rückgang des Bruttoinlandsprodukts mit 8,2 Prozent an – inzwischen rechnet er mit einem Minus von 10,5 Prozent. Auch die Aussichten für 2021 verschlechtern sich zusehends. Statt eines Plus von 7,5 Prozent erwartet die Regierung jetzt nur noch eine Erholung von 4,8 Prozent.

    Schuldenquote Griechenlands: 209 Prozent des BIP

    Die Regierung pumpt Milliarden in die Wirtschaft, um die Folgen der Corona-Rezession abzufedern, strauchelnde Firmen zu stützen und gefährdete Arbeitsplätze zu retten. Die Hilfen summieren sich in diesem Jahr bisher auf 23,9 Milliarden Euro, im nächsten Jahr will die Regierung weitere 7,5 Milliarden locker machen. Die Summe von 31,4 Milliarden entspricht fast einem Fünftel der diesjährigen Wirtschaftsleistung. Für die Stützungsmaßnahmen kann der Finanzminister auf Gelder aus den EU-Programmen PEPP und SURE sowie auf eigene Rücklagen zurückgreifen. Den Großteil muss er aber über eine höhere Neuverschuldung vorfinanzieren.

    Die Pandemie trifft Griechenland, das sich gerade erst von der Schuldenkrise erholt hatte, besonders hart. Die Wirtschaft wird 2020 voraussichtlich um 10,5 Prozent einbrechen.
    Die Pandemie trifft Griechenland, das sich gerade erst von der Schuldenkrise erholt hatte, besonders hart. Die Wirtschaft wird 2020 voraussichtlich um 10,5 Prozent einbrechen. Foto: Thanassis Stavrakis, dpa

    Schon jetzt hat Griechenland den höchsten Schuldenberg aller EU-Staaten. Als Folge der schrumpfenden Wirtschaftsleistung und neuer Kredite wird die Schuldenquote Ende dieses Jahres mit 209 Prozent des Bruttoinlandsprodukts einen Rekord erreichen. Zum Vergleich: Deutschland muss 2021 mit einer Schuldenquote von rund 70 Prozent des Bruttoinlandsprodukts rechnen. Die Anleger scheint die Lage in Griechenland aber nicht zu beunruhigen. Die Rendite der zehnjährigen griechischen Staatsanleihe fiel im Dezember unter 0,6 Prozent. Das ist der niedrigste Stand, seit Griechenland 2001 den Euro einführte.

    Chefvolkswirt Holger Schmieding: "Griechenland braucht keinen Schuldenschnitt"

    Dank eines Liquiditätspuffers von über 30 Milliarden Euro ist der Finanzierungsbedarf des Landes für die nächsten zwei Jahre abgedeckt. Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Berenberg Bank, sieht keinen Rückfall des Landes in die Schuldenfalle: „Angesichts der sehr niedrigen Finanzierungskosten sind die Schulden tragfähig“, urteilt Schmieding. Von einem Erlass coronabedingter Staatsschulden, wie ihn jetzt zum Beispiel die italienische Fünf-Sterne-Bewegung von der Europäischen Zentralbank fordert, hält der Chefvolkswirt nichts. „Griechenland braucht keinen Schuldenschnitt“, stellt Schmieding fest und warnt: „Schon eine ernsthafte Diskussion darüber wäre Gift für das Vertrauen der Investoren.“

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