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Corona-Krise: Chef von Karstadt und Galeria Kaufhof verlässt den Konzern

Corona-Krise

Chef von Karstadt und Galeria Kaufhof verlässt den Konzern

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    Stephan Fanderl verlässt den angeschlagenen Warenhausriesen Galeria Karstadt Kaufhof.
    Stephan Fanderl verlässt den angeschlagenen Warenhausriesen Galeria Karstadt Kaufhof. Foto: Oliver Berg, dpa

    Der angeschlagene Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof verliert mitten in der Corona-Krise und im Überlebenskampf seinen Chef: Stephan Fanderl verlässt das Unternehmen. "Die Trennung erfolgt einvernehmlich", hieß es in einer am Mittwoch veröffentlichten Mitteilung des Warenhausriesen und seines Mutterkonzerns Signa. Auch als Geschäftsführer von Signa Retail trat Fanderl zurück. Zu den Gründen für die Trennung äußerten sich die Unternehmen nicht.

    Galeria Karstadt Kaufhof soll nun zunächst von Finanzvorstand Miguel Müllenbach, dem Generalbevollmächtigten Arndt Geiwitz und dem vom Gericht bestellten Sachwalter Frank Kebekus geführt werden. Die Manager hatten schon seit Beginn des Schutzschirmverfahrens Anfang April de facto das Sagen bei dem Handelsriesen.

    Corona war ein schwerer Schlag für Galeria Kaufhof und Karstadt

    Der Abgang von Fanderl kommt nicht überraschend. Schon seit Wochen war der Manager nicht mehr in Erscheinung getreten. Er habe sich nach einem Bandscheibenschaden den notwendigen Rehabilitationsmaßnahmen unterziehen müssen und deshalb die Rettungsbemühungen der vergangenen Wochen von außen miterleben müssen, bedauerte der Manager. Die Corona-Krise sei ein schwerer Schlag für den Konzern, biete aber "auch die Chance auf eine Neuorientierung". Vor diesem Hintergrund Erfolge die Trennung.  

    In Unternehmenskreisen war allerdings auch von Konflikten Fanderls mit dem Eigentümer der Warenhauskette, dem österreichischen Milliardär René Benko, zu hören. Bei den Arbeitnehmervertretern und der Gewerkschaft Verdi dürfte der Abgang Fanderls ohnehin wenig Bedauern auslösen.

    Chef von Karstadt und Kaufhof verlässt das Unternehmen: In den letzten Wochen war er kaum zu sehen

    In Gewerkschaftskreisen wird dem Manager vorgehalten, bei der Sanierung einseitig auf Sparmaßnahmen und Personalabbau gesetzt zu haben und ein tragfähiges Zukunftskonzept für die Warenhäuser schuldig geblieben zu sein. Erst kürzlich hatte der Verdi-Bundesfachgruppenleiter Einzelhandel, Orhan Akman, mit Blick auf den bei der Warenhauskette drohenden Stellenabbau verlangt: "Wenn Entlassungen anstehen, muss Dr. Fanderl als Erster gehen."

    Fanderl hatte 2014 die Leitung von Karstadt übernommen und nach der Fusion von Karstadt und Kaufhof dann den neuen Warenhausriesen geführt. Doch wurden seinen Bemühungen, den Konzern wieder auf Kurs zu bringen, durch die Corona-Krise jäh der Boden entzogen. Als sich in den vergangenen Wochen infolge der staatlich angeordneten Ladenschließungen die Lage beim letzten großen deutschen Warenhauskonzern zuspitzte, war von dem Manager nichts zu sehen. 

    Das Kaufhaus - seine Geschichte und seine Kunden

    Mode, Lebensmittel, Elektronik, Bücher – ein Warenhaus bietet alles unter einem Dach. An Standorten in der Innenstadt werden dort auf großen Verkaufsflächen Produkte aus verschiedenen Branchen angeboten.

    Umgangssprachlich werden Warenhaus und Kaufhaus oft synonym verwendet. Streng genommen wird in einem Warenhaus im Gegensatz zu einem Kaufhaus keine Branche besonders herausgehoben.

    Warenhäuser verfügen in der Regel über eine Verkaufsfläche von 6000 bis 30.000 Quadratmetern. Sie erstrecken sich fast immer über mehrere Geschosse.

    Zum Aufblühen der Kaufhäuser Mitte des 19. Jahrhunderts trug unter anderem die Industrialisierung bei. „Es wurden zum ersten Mal Produkte in größerem Maße gefertigt“, erklärt Birgit Adam, die ein Buch über die Geschichte des Warenhauses geschrieben hat.

    Hinzu kam der Import neuer Produkte aus anderen Ländern. „Die Warenhäuser waren die Fläche, um das auszustellen, was es überall auf der Welt an Luxusgütern gab.“

    Auch architektonisch prägten die Warenhäuser das Aussehen vieler westdeutscher Innenstädte. Mit ihren großen, am Abend beleuchteten, Schaufenstern waren die Kaufhäuser ein Symbol des Wirtschaftswunders.

    Als einer der Pioniere für das Kaufhaus in Deutschland gilt die Familie Wertheim. 1852 öffneten die Brüder Abraham und Theodor Wertheim ihr erstes Manufaktur- und Modefachgeschäft in Stralsund. Auf dieser Grundlage schufen Abrahams Söhne den Handelskonzern – das erste Wertheim-Warenhaus gab es 1890 in Berlin. Bereits 1881 war Karstadt gegründet worden.

    Fast zwei Drittel der Bundesbürger kaufen nur noch selten in Warenhäusern ein – jeder zehnte nie. Das geht aus einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Yougov zur Zukunft der Warenhäuser hervor.

    Nur noch jeder vierte Befragte geht demnach regelmäßig zum Shoppen zu Karstadt, Kaufhof & Co. Vor allem junge Leute zwischen 18 und 24 Jahren machen der Umfrage zufolge einen Bogen um die Einkaufstempel.

    Am häufigsten sind dort demnach noch die über 55-Jährigen zu finden. Und Frauen finden generell an den Kaufhäusern mit ihrem umfangreichen Modeangebot mehr Gefallen als Männer. (dpa)

    Fast die Hälfte der Warenhäuser könnten im Zuge der Corona-Krise geschlossen werden

    Der Handelsriese musste angesichts der Umsatzeinbrüche durch die Corona-Krise Anfang April Rettung in einem Schutzschirmverfahren suchen. Der vorläufige Sachwalter Kebekus und der Generalbevollmächtigte Geiwitz kündigten inzwischen an, dass im Zuge der notwendigen Sanierung bis zu 80 der 172 Warenhäuser geschlossen werden könnten. Das würde auch das Aus für tausende Arbeitsplätze bedeuten. 

    Das deutsche Insolvenzrecht sieht das Schutzschirmverfahren als besondere Form der Eigenverwaltung für Betriebe vor, denen zwar das Geld auszugehen droht, die aber noch nicht zahlungsunfähig sind. Wesentlicher Unterschied zum regulären Insolvenzverfahren oder zur normalen Eigenverwaltung ist, dass der Sachwalter im Schutzschirmverfahren vom Unternehmen weitgehend frei gewählt wird. (dpa)

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