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Corona: Handel in der Region bangt um das Weihnachtsgeschäft und warnt vor Lockdown

Corona

Handel in der Region bangt um das Weihnachtsgeschäft und warnt vor Lockdown

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    Marcus Vorwohlt ist Geschäftsführer des Modehauses Rübsamen mit mehreren Filialen in der Region.
    Marcus Vorwohlt ist Geschäftsführer des Modehauses Rübsamen mit mehreren Filialen in der Region. Foto: Ulrich Wagner

    Im Modehaus Rübsamen steht das Weihnachtsgeschäft vor der Tür. Für die Händlerinnen und Händler ist es die wichtigste Zeit des Jahres. Die neuen Corona-Maßnahmen in Bayern verfolgen sie deshalb mit besonderer Sorge. "In unserer Region herrschen bereits sehr hohe Inzidenzen, die Menschen sind verunsichert, es findet praktisch ein Lockdown im Kopf statt", sagt Marcus Vorwohlt, Geschäftsführer des

    Die Christkindlmärkte fallen auch dieses Jahr aus, Veranstaltungen werden abgesagt. Sie bringen sonst Besucherinnen und Besucher in die Innenstadt. Die Situation weckt ungute Erinnerungen an die Lage im Handel vor einem Jahr. Mitten im Weihnachtsgeschäft 2020 war damals ein Lockdown im Einzelhandel verhängt worden, auch zu Beginn des neuen Jahres blieben die Geschäfte zu, viele Händlerinnen und Händler blieben auf ihrer Winterware sitzen, vor allem auf Schuhen und Mode.

    Bisher gilt im Handel nur die Maskenpflicht und eine Quadratmeter-Regel

    Im Vergleich zu Bars, Clubs, Diskotheken und Gasthäusern muss der Handel bisher mit wenigen Einschränkungen leben. Die Kundinnen und Kunden müssen eine Maske tragen, zudem ist nicht mehr als ein Kunde pro 10 Quadratmetern Verkaufsfläche erlaubt. In extremen Corona-Hotspots mit einer Inzidenz über 1000 darf sich nur noch ein Kunde pro 20 Quadratmetern Verkaufsfläche aufhalten.

    Die Händlerinnen und Händler in unserer Region warnen davor, diese Einschränkungen zu verschärfen. "Der Handel muss offen bleiben", fordert Hermann Hutter von der Buchhandlung Hutter aus Günzburg, der 8 Geschäfte, einen Spieleverlag und zwei Online-Shops betreibt. "Der Handel ist kein Infektionstreiber, das hat auch das Robert-Koch-Institut erwiesen", sagt der Vorsitzende der Regionalversammlung

    Einzelne Geschäfte zu schließen, sagt Hutter, wäre kontraproduktiv. "Es hat keinen Sinn, wenn die eine Straßenseite leer bleibt, während sich auf der anderen vor den Lebensmittelmärkten lange Schlangen bilden wie im letzten Jahr", meint er. Konzepte wie Click & Collect - also das Vorbestellen von Waren und Abholen vor der Filiale - hätten sich nicht durchgesetzt. Der Umsatz betrage meist nur einen Bruchteil des regulären Geschäfts, so dass sich der Aufwand nicht lohne, hätten Erfahrungen gezeigt.

    Black Friday sorgt für immer mehr Umsatz, vor allem digital

    Dabei wären die Voraussetzungen für dieses Weihnachtsgeschäft eigentlich gut: Der Handelsverband Bayern rechnet für November und Dezember mit einem Umsatz von 14,2 Milliarden Euro im Freistaat. "Nach dem enttäuschenden Weihnachtsgeschäft im vergangenen Jahr wäre dies eine neue Rekordmarke", gab sich der Verband bis vor Kurzem optimistisch. „Viele Menschen möchten zu Weihnachten sich und ihren Liebsten wieder etwas gönnen", sagte Präsident Ernst Läuger. Angesichts der Corona-Epidemie werden die Händlerinnen und Händler aber verstärkt online ihre Waren absetzen. Der Black Friday am 26. November bietet eine erste große Gelegenheit dafür. Der

    Marcus Vorwohlt erlebt den Black Friday inzwischen als großen Schub. Seit einigen Jahren beteiligt er sich mit seinem Online-Handel an dem Aktionstag. "Der Black Friday war immer stark und wird dieses Jahr besonders stark sein", ist er überzeugt. Zusammen mit seinem Team macht er sich auf eine große Nachfrage gefasst. Die Dimensionen des Black Friday seien nicht mehr aus der Hüfte heraus zu schaffen. Rechtzeitig müsse genug Ware, aber auch genügend Kartonagen, vorhanden sein. Vorwohlt selbst steht bereit, Ware in Kartons für die Empfängerinnen und Empfänger zu verpacken. "Wir laufen dann unter Volldampf."

    Der Handelsverband Deutschland geht davon aus, dass am Black Friday und dem folgenden Aktions-Montag, dem Cyber Monday, deutschlandweit ein Umsatz von 4,9 Milliarden Euro erzielt wird. Das sei im Vergleich zum Vorjahr ein Plus von 27 Prozent. Die Corona-Epidemie hat zusätzlichen Schub gegeben: „Immer mehr Kundinnen und Kunden entdecken den Black Friday und den

    Durch die Corona-Epidemie haben Händlerinnen und Händler auch in unserer Region ihren Online-Vertrieb stark ausgebaut. Das Modehaus Rübsamen erwirtschaftet inzwischen teils 40 Prozent des Umsatzes online, bei Hutter sind es rund 30 Prozent. "Der Online-Handel hilft uns, mit einer Situation wie jetzt durch Corona umzugehen", sagt Vorwohlt, Vorstandsmitglied der IHK-Regionalversammlung Augsburg-Stadt.

    Für Händlerinnen und Händler sei es durchaus möglich, nach kurzer Zeit 10 bis 20 Prozent ihres Umsatzes online zu erwirtschaften, berichten Kollegen aus Erfahrung. Der Einstieg in den Online-Handel sei über Plattformen wie Shopify kostengünstig möglich. Die Präsenz im Internet hilft bereits kleinen Läden, digital sichtbar zu sein, sagt Franziska Behrenz, die bei der Industrie- und Handelskammer Schwaben zu dem Thema berät. Wer einen eigens programmierten Web-Shop haben und viel Werbung im Netz schalten will, müsse mehr investieren.

    Die Corona-Krise hat den Wandel, aber auch die Modernisierung des Einzelhandels in der Region enorm beschleunigt, ist sich Marcus Vorwohlt sicher. "Corona hat dazu geführt, dass die Digitalisierung statt in fünf Jahren in einem Jahr stattgefunden hat", meint er. Ausbildungsberufe wie zur Kauffrau und zum Kaufmann für E-Commerce stellten die Weichen in Richtung Zukunft und ziehen junge Leute an.

    Händlerinnen und Händler halten Überbrückungshilfen für nötig und fordern leichteren Zugang

    Die Corona-Wiederkehr bedroht aber viele gute Entwicklungen, befürchtet Vorwohlt. Viele Betriebe sind aus dem vergangenen Lockdown stark belastet, haben nur dank Überbrückungshilfen und Krediten überlebt. Das Insolvenzverfahren war ein Zeit lang ausgesetzt. Die Händlerinnen und Händler hatten darauf gehofft, sich in diesem Weihnachtsgeschäft erholen zu können. Dahinter steht nun plötzlich wieder ein Fragezeichen. "Viele Einzelhändler haben sehr große Ängste, die Lage ist gefährlich", warnt Vorwohlt.

    Hermann Hutter, hier vor einem Teil der Spieleauswahl seines Verlages, fordert, dass Corona-Hilfen nicht erst aber einem Umsatzminus von 30 Prozent gezahlt werden.
    Hermann Hutter, hier vor einem Teil der Spieleauswahl seines Verlages, fordert, dass Corona-Hilfen nicht erst aber einem Umsatzminus von 30 Prozent gezahlt werden. Foto: Bernhard Weizenegger

    Zwar hat die Bundesregierung nun die Überbrückungshilfen für die Unternehmen bis Ende März 2022 verlängert. Die Corona-Hilfen greifen aber erst ab einem Umsatzminus von mindestens 30 Prozent. "Es ist ein guter Ansatz, die Überbrückungshilfe fortzuführen, die Hürde von 30 Prozent Umsatzminus ist aber brutal", gibt Einzelhändler Vorwohlt zu bedenken. "Die Politik muss die Eintrittsbarriere für die Hilfen senken", fordert auch Hutter.

    Insgesamt sind die Fachleute überzeugt, dass viele Einzelhändlerinnen und Einzelhändler in der Corona-Epidemie mit Blick auf den Online-Handel ihre Hausaufgaben gemacht haben. "Wenn Corona vorbei ist, werden wir einen zukunftssicheren Handel sehen", sagt Vorwohlt. "Jetzt muss die Politik alles tun, damit wir diese schwierige Zeit nochmals durchstehen."

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