Startseite
Icon Pfeil nach unten
Wirtschaft
Icon Pfeil nach unten

China: Hangzhou: Wie eine Stadt durch den Internetriesen Alibaba boomt

China

Hangzhou: Wie eine Stadt durch den Internetriesen Alibaba boomt

    • |
    Willkommen im boomenden Hangzhou: Hochhäuser schießen wie Bambus aus dem Boden, Bauern können sich neuerdings Ferraris leisten und selbst nachts ist auf den Straßen noch viel los.
    Willkommen im boomenden Hangzhou: Hochhäuser schießen wie Bambus aus dem Boden, Bauern können sich neuerdings Ferraris leisten und selbst nachts ist auf den Straßen noch viel los. Foto: Lea Thies

    Die Bauern leben in Palästen. Drei- bis sechsstöckige Wohnhäuser, mit Türmchen auf dem Dach und Säulen im Eingangsbereich stehen dicht an dicht rund um Hangzhou. „Die Bauern in dieser Gegend sind die reichsten von ganz China“, erzählt Fremdenführerin Ma Kui. Und dass BMW nicht etwa „Bauer mit Wasserbüffel“ heißt. „Die fahren hier wirklich

    Ökologisch, schön, grün - damit wirbt Hangzhou

    Hangzhou ist mit rund sieben Millionen Einwohnern doppelt so groß wie Berlin, nach chinesischen Maßstäben aber eine Kleinstadt. In China ist sie wegen ihrer Sehenswürdigkeiten bekannt. Der Kaiserkanal, der Westsee, die Teeplantagen. Und auch wegen des vielen Grüns und der guten Luft. Benzinbetriebene Motorräder und auch Lastwagen dürfen nicht in die Stadt fahren. Großstädter aus Schanghai also, denen das Leben zu schnell, zu laut, zu dreckig geworden ist, kommen nach Hangzhou, um sich zu entspannen und auf Mietfahrrädern herumzuradeln.

    Im Ausland ist die Stadt erst seit kurzem ein Begriff: Dort ist der Hauptsitz des Internetriesen Alibaba, der im September an die New Yorker Börse ging. Firmengründer Jack Ma ist der reichste Mann Chinas. Während sich mancher lustig über ihn macht – „Auberginengesicht“, „superclever aber superhässlich“ – ist Hangzhou mächtig stolz auf Ma. Seine Erfolgsgeschichte passt gut zum Image der Vorzeigestadt. Die will mit dem Billig-Schmuddel-Stink-Image der chinesischen Industriestandorte nichts zu tun haben. Ökologisch, schön, grün, touristisch – dafür wirbt Hangzhou. „Die Regierung will eine Industrie ohne Verschmutzung entwickeln“, erklärt Frau Ma, die zwar wie der Alibaba-Gründer mit Nachnamen „Pferd“ heißt, aber sonst nichts mit ihm zu tun hat. In den Hochhäusern, die in den vergangenen zehn Jahren wie Bambus aus dem Boden geschossen sind, sollen zunehmend Computerunternehmen angesiedelt werden. Bis zu 40 Prozent der chinesischen Computerspiele kommen bereits von hier. Die Stadt wächst. Kräne gehören zum Stadtbild wie der Westsee oder der Kaiserkanal.

    Obwohl der Verkehr von Hangzhou schon seit 15 Jahren von der Regierung beschränkt wird, geht es auf vier Rädern nur langsam voran. Beim Blick aus dem Fenster, auf die Baustellen, die Luxusläden, die internationalen Modeketten denkt man unweigerlich an Mao Tse-Tung und an Karl Marx. Was hat das, was da im reichsten Teil der Volksrepublik zu sehen ist, noch mit Sozialismus oder Kommunismus zu tun? Staatspräsident Xi Jingping hat einen Namen dafür: „Sozialismus mit chinesischer Ausprägung“ – Turbokapitalismus mit chinesischer Ausprägung würde es besser treffen.

    Regierung investierte nicht in Küstengebiete

    Auch die Einheimischen staunen über die rasante Entwicklung. „Unglaublich, die Privatwirtschaft hier“, sagt Frau Ma. Sie erinnert sich auch noch an die Zeit, als die Bauern der Provinz Zheijang in Kommunen arbeiteten, nur Reis anbauen durften, arm waren. Hangzhou galt zwar als Maos Lieblingsstadt, dennoch investierte die Regierung damals nicht in die Küstengebiete. Der Große Führer befürchtete, dass diese bei einem Angriff von außen als erstes getroffen worden wären. So erklärt die Tourismusbehörde heute die damalige Rückständigkeit. Dann, nach Maos Tod, kam die Wende. Die Bauern durften frei entscheiden, was sie züchten. Mit Reis wird man nicht reich, mit Bonsais, Baumschulen und Blumenfeldern schon eher – die Bauern sattelten um. Und viele eröffneten einen Nebenerwerb. Sie fertigten als Familienbetrieb Gebrauchswaren wie Feuerzeuge, Modeschmuck, alltäglichen Kleinkram.

    „Omas und Opas machen das hier alles“, erzählt Frau Ma. Plastikzeug bringt wesentlich mehr als Grünzeug. Und das in unvorstellbaren Dimensionen. Ein Ort stellt nur Knöpfe her. Ein Ort 50 Prozent der weltweiten Federballschläger. Zur Fußballweltmeisterschaft verkaufte ein Dorf für umgerechnet neun Millionen Euro Fähnchen nach Brasilien. Arbeitsteilung mit chinesischer Ausprägung. Manche Orte veränderten binnen kurzer Zeit nicht nur ihre soziale Struktur, sondern auch ihr Gesicht. Yiwu etwa. Vor 20 Jahren noch ein verschlafenes Nest, „jetzt sind da die Superreichen“, sagt Frau Ma. Yiwu sieht heute aus, als wäre dort ein Raumschiff gelandet. Riesige Verkaufshallen stehen in der Landschaft. Darin der weltgrößte Markt für Massenkleinkram. Jahresumsatz: über 8 Milliarden Dollar. Es ist der einzige Ort in China mit einem eigenen Index, über den der Handel gemessen wird. Wie eine Börse mit chinesischer Ausprägung.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden