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Chef des Euro-Rettungsfonds: Der Milliarden-Mann - ein Euro-Optimist

Chef des Euro-Rettungsfonds

Der Milliarden-Mann - ein Euro-Optimist

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    Interview mit Klaus Regling (Chef der EFSF - Europäische Finanzmarktstabilisierungsfazilität) im Münchner Büro.
    Interview mit Klaus Regling (Chef der EFSF - Europäische Finanzmarktstabilisierungsfazilität) im Münchner Büro. Foto: Ulrich Wagner

    Klaus Regling gilt auf europäischem Parkett als der wohl mächtigste Deutsche. Er ist Chef des Euro-Rettungsfonds EFSF, besser bekannt als Rettungsschirm. Vor einer Veranstaltung bei der Bayerischen Landesbank schaute er in unserem Münchner Büro zu einem Interview mit Walter Roller und Stefan Stahl vorbei. Dabei erwies sich Regling als Verteidiger des Euro, den er als Mitarbeiter des früheren Finanzministers Theo Waigel mit auf den Weg gebracht hat.

    In Europa wird mit schwindelerregenden Beträgen jongliert. Allein Ihr Haus kann klammen Euro-Ländern Milliarden-Kredite gewähren. Im Sommer sind es 440 Milliarden Euro. Müssen wir uns angesichts der Summen Sorgen um den Euro machen?

    Regling: Die Europäische Währungsunion ist eine Erfolgsgeschichte. Und der Euro ist nicht in Gefahr – und das, obwohl wir die härteste Wirtschaftskrise seit 80 Jahren durchlitten haben. Ich verstehe natürlich, dass sich die Deutschen Sorgen machen. Die Sorgen sind aber unbegründet. Und Deutschland ist auch nicht der Zahlmeister Europas, wie es immer wieder in der Euro-Diskussion heißt.

    Doch ein Euro-Land nach dem anderen fällt finanziell um. Manche sprechen schon von einem Domino-Effekt, hat es doch nach Griechenland und Irland auch Portugal erwischt.

    Regling: Dabei muss man aber bedenken, dass diese drei Länder zusammen nur für rund sechs Prozent der Wirtschaftsleistung in der Euro-Zone stehen. Der Rest der Länder ist in Ordnung. Deutschland profitiert im hohen Maße vom Euro. Die Inflation konnte im Zaum gehalten werden. In Deutschland lag die Teuerung in den vergangenen zwölf Jahren im Schnitt lediglich bei 1,5 Prozent. Die Zinsen sind niedrig und vor allem stellt der Euro in einem europäischen Binnenmarkt ein Schutzschild gegen Währungsturbulenzen dar. Zur Erinnerung: 1995 legte die D-Mark innerhalb weniger Wochen wegen der Mexiko-Krise um 20 Prozent gegenüber der italienischen Lira an Wert zu – und das zulasten der deutschen Exporteure und auch der Milchbauern im Allgäu. Das kostete Deutschland damals ein Prozent Wachstum.

    Das ist alles unbestritten. Und dennoch gibt es im Euro-Land erhebliche Verwerfungen. Der von Ihnen einst mit ausgearbeitete Stabilitätspakt konnte etwa Griechenland nicht zu einer nachhaltigen Haushaltspolitik bewegen. Die dortige Regierung hat mit geschönten Zahlen gearbeitet.

    Regling: Als ich noch für die EU-Kommission gearbeitet habe, war uns schon in der Zeit vor der Krise klar, dass es in einigen Bereichen besser laufen könnte. Es ist aber normal, dass in einem derartig einmaligen und großen Projekt wie dem Euro nicht alles von Beginn an optimal sein kann. Durch die globale Wirtschaftskrise sind diese Probleme aber stärker ans Tageslicht getreten. Darauf hat Europa entschieden reagiert. Wir haben eine zentralere europäische Aufsicht der Finanzmärkte geschaffen und überwachen als Lehre aus der Krise die Stabilität des gesamten Finanzsystems.

    Hat uns die Krise wirklich klüger gemacht? Würden wir heute frühzeitig merken, dass ein Land wie Griechenland mit getricksten Zahlen operiert?

    Regling: Davon bin ich überzeugt. Die europäische Statistikbehörde Eurostat hat nach der Krise mehr Macht bekommen. Früher hatten die Mitarbeiter dieser Einrichtung nicht wie jetzt das Recht, in das Land zu reisen und in die Bücher zu schauen. Eurostat-Mitarbeiter durften nur Daten benutzen, die von den Regierungen gemeldet wurden. Die Krise hat zu Fortschritten geführt, die zuvor nicht für möglich gehalten wurden. Das gilt auch für den Stabilitäts- und Wachstumspakt.

    Dieser Stabilitätspakt wurde über Jahre hinweg ausgehöhlt. Im Jahr 2003 versuchten Deutschland und Frankreich ihn auszuhebeln. Sind diese Gefahren jetzt gebannt?

    Regling: Die Diskussion um den Pakt ist noch nicht abgeschlossen. Die Mitgliedstaaten, das Europäische Parlament und die EU-Kommission müssen sich noch auf das neue Regelwerk einigen. Wenn der Vorschlag der Kommission umgesetzt wird, ist es nahezu unmöglich, den Pakt erneut auszuhebeln.

    Auch nach der Reform ist es aber leider unmöglich, unbelehrbare Defizitsünder aus dem Euro-Verein zu werfen.

    Regling: Das sieht das Konzept der Währungsunion nicht vor. Aber in Deutschland ist es doch ähnlich. Wenn ein Bundesland fortgesetzt gegen die Interessen der anderen Bundesländer handelt, kann man dieses Bundesland nicht ausschließen. Und es ist ja auch nicht so, dass sich europäische Länder dauerhaft uneinsichtig zeigen.

    Sie erweisen sich als Euro-Optimist. Wie zuversichtlich sind Sie, dass nicht auch das große Land Spanien Zuflucht unter dem Rettungsschirm sucht?

    Regling: Die Märkte haben Griechenland, Irland und Portugal als Problemfälle identifiziert. Zurzeit gibt es kein weiteres gefährdetes Land. Spanien unternimmt enorme Anstrengungen, um den Haushalt zu konsolidieren. Im Mai vergangenen Jahres galt der Staat noch als erster Kandidat für den Euro-Rettungsfonds. Heute steht das Land viel besser da und hat sich nach Meinung der Märkte von den drei kleinen Ländern klar abgesetzt.

    Wie groß sind denn die Chancen, dass Länder wie Portugal einmal die milliardenschweren Kredite zurückzahlen? Hans-Werner Sinn, Chef des Münchner Ifo-Institutes, warnt hier vor einer „tickenden Zeitbombe“.

    Regling: Aus heutiger Sicht ist es sehr wahrscheinlich, dass die Kredite zurückgezahlt werden. Ich habe lange für den Internationalen Währungsfonds gearbeitet. Der IWF stellt Liquiditätshilfen zur Verfügung, wenn sich Länder zu mehr Haushaltsdisziplin und anderen politischen Reformen verpflichten. Beim Euro-Rettungsfonds läuft es ähnlich ab. Wir zahlen Kredite nur aus, wenn die Bereitschaft für Reformen besteht.

    Taugt der IWF wirklich als Vorbild?

    Regling: Deutschland hat als Teil des IWF noch nie Verluste mit Krediten des Währungsfonds gemacht. Ohne IWF-Kredite wären manche Länder bankrottgegangen. Selbst einst als hoffnungslose Fälle geltende Staaten haben ihre Verbindlichkeiten an den Fonds zurückgezahlt. Südkorea und Indonesien sind gute Beispiele. Während der Asienkrise in den Jahren 1997 und 1998 hatten sie große Probleme und stehen heute – auch dank der Hilfe des IWF – gut da.

    Große Optimisten glauben sogar, dass die Kredite an Länder wie Griechenland für Deutschland ein gutes Geschäft sind.

    Regling: Im Moment haben diese Optimisten recht. Griechenland und Irland müssen mehr zahlen, als es kostet, die Gelder für diese Staaten aufzunehmen. Das ist die Prämie für das eingegangene Risiko. Wenn alles gut geht, macht Deutschland mit der Hilfe sogar einen Gewinn.

    Volkswirte wie Professor Sinn sehen das nicht so optimistisch. Der Ökonom schreibt, der Wohlstand der Generation unserer Kinder werde aufs Spiel gesetzt. Er warnt vor dem Verlust von gigantischen Milliardenbeträgen.

    Regling: Ich warne vor einer solchen Form der Panikmache. Bei derart abenteuerlichen Berechnungen werden Äpfel mit Birnen verglichen. Die bisherigen Rettungsaktionen für Griechenland und Irland haben, anders als bei der staatlichen Absicherung der Banken, nicht zu Verlusten geführt.

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