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Bundesgerichtshof: Bundesgerichtshof: Das müssen Bankkunden zum Urteil wissen

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Bundesgerichtshof: Das müssen Bankkunden zum Urteil wissen

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    Bundesgerichtshof in Karlsruhe: Ist das aktuelle Urteil richtungsweisend?
    Bundesgerichtshof in Karlsruhe: Ist das aktuelle Urteil richtungsweisend? Foto: Uli Deck (dpa)

    Zehntausende von Bankkunden haben auf dieses Urteil gewartet: Nach einer bislang beispiellosen Klagewelle hat der Bundesgerichtshof die Gebührenpraxis bei der Vergabe von Ratenkrediten am Dienstag für unzulässig erklärt. Danach dürfen Banken neben den Zinsen für einen Verbraucherkredit keine separaten Bearbeitungsgebühren verlangen. Die Stiftung Warentest schätzt, dass Banken ihren Kunden im Extremfall fast 13 Milliarden Euro zurückzahlen müssen.

    Der Bundesgerichtshof hat nur zwei von fast 100 Fällen entschieden, die im Moment in Karlsruhe liegen. Warum ist das Urteil trotzdem richtungweisend?

    Weil die Ausgangslage in allen Fällen sehr ähnlich ist. Ein Beispiel: Für den Kauf eines neuen Autos nimmt ein Kunde einen Kredit über 20 000 Euro auf. Tatsächlich beträgt die Kreditsumme jedoch 20 400 Euro, weil die Bank ihm noch eine Bearbeitungsgebühr von 400 Euro berechnet. Zahlt der Kunde den Kredit vorzeitig zurück, weil er vielleicht eine kleine Erbschaft gemacht hat, spart er sich zwar die Zinsen für die restliche Laufzeit – die 400 Euro Gebühr allerdings waren bisher weg.

    Diese Praxis ist seit Jahren gang und gäbe. Warum hat es so lange gedauert, bis der Bundesgerichtshof sie gekippt hat?

    Anwälte übernehmen solche Verfahren wegen des geringen Streitwerts und der niedrigen Honorare nur ungern. Dennoch haben sich Verbraucher inzwischen in weit über 200 Verfahren vor Amts-, Land- und Oberlandesgerichten gegen ihre Banken durchgesetzt, teilweise in Sammelklagen, bei denen sich wiederum hunderte von Betroffenen zusammengetan haben. Da ein höchstrichterliches Urteil über den Einzelfall hinaus wirkt, hat die Branche lange versucht, ein Grundsatzurteil zu verhindern. So haben Banken lieber Entscheidungen akzeptiert, die sie in Einzelfällen zur Rückzahlung von Gebühren zwingen, als in Karlsruhe in Revision zu gehen. Zwei Institute, die Postbank und die National Bank in Essen, haben den Weg vor den Bundesgerichtshof nun riskiert – und verloren. Es spreche viel dafür, hatte der Vorsitzende Richter Ulrich Wiechers schon während der Verhandlung moniert, dass hier ein Aufwand für Tätigkeiten wie die Bonitätsprüfung auf die Kunden abgewälzt würde, die Institute im eigenen Interesse erbrächten oder zu denen sie sogar gesetzlich verpflichtet seien.

    Wie bekommen Kunden ihr Geld zurück – und welche Verjährungsfristen müssen sie dabei beachten?

    Wer eine Bearbeitungsgebühr gezahlt hat, kann nach Auskunft der Stiftung Warentest von seiner Bank jetzt auch deren Erstattung verlangen. Dies gilt vor allem für klassische Privatkredite, wie Kunden sie gerne zur Finanzierung eines Autos oder zum Ausgleich eines überzogenen Girokontos in Anspruch nehmen, in selteneren Fällen auch für Immobilienkredite. „Wenn Ihre Bank nicht zahlt“, empfiehlt Experte Christoph Herrmann, „schalten Sie einen Anwalt ein, der möglichst Erfahrung mit Kreditbearbeitungsgebühren hat.“ Die umstrittenen Klauseln haben unter anderem die Postbank, die Deutsche Bank, die Targobank und die Santanderbank verwendet. Mit der Verjährungsfrage wird sich der BGH erst in einem späteren Urteil beschäftigen. Kreditverträge, die nach dem 1. Januar 2011 abgeschlossen wurden, sind nach den Worten von Herrmann auf keinen Fall verjährt. Im günstigsten Fall, spekuliert er, könnten sogar noch Kunden Geld zurückfordern, deren Darlehensverträge aus den Jahren 2005 bis 2010 stammen.

    13 Milliarden Euro sind auch für Deutschlands Banken viel Geld. Wie kommt die Stiftung Warentest eigentlich auf diese Zahl?

    Banken und Sparkassen in Deutschland haben nach Auskunft der Bundesbank in den Jahren 2005 bis 2013 mehr als 64 Millionen Ratenkredite mit einem Volumen von 1,26 Billionen Euro vergeben. Die Finanzexperten der Stiftung und der Zeitschrift Finanztest gehen davon aus, dass bei etwa der Hälfte der Darlehen Bearbeitungsgebühren zwischen einem und drei Prozent fällig geworden sind. Bei einer Gebühr von durchschnittlich zwei Prozent könnten Kreditkunden damit bis zu 13 Milliarden Euro zurückfordern. Wie belastbar diese Zahl ist, ist allerdings noch unklar. „Wir können das so nicht nachvollziehen“, sagt eine Sprecherin des Bundesverbandes der Volks- und Raiffeisenbanken auf Anfrage. Alleine ihrem Verband gehörten 1000 Institute an, von denen jedes selbst über seine Konditionen entscheide.

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