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Buchhandel: Weltbild-Filialen stehen vor harter Sanierung

Buchhandel

Weltbild-Filialen stehen vor harter Sanierung

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    Augsburg Ein bisschen klingen sie bei der Gewerkschaft Verdi und im Betriebsrat der insolventen

    Die gesamte Verlagsgruppe Weltbild hatte bereits im Januar Insolvenz anmelden müssen. Derzeit sucht

    Vergiftete Atmosphäre hinter den Kulissen von Weltbild?

    Den gestrigen Entscheidungen waren lange Verhandlungen vorausgegangen – zwischen der Familie Hugendubel, Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz und dem Erzbistum München und Freising, das

    Was ist nun beschlossen worden? Weltbild und Hugendubel hatten seit 2006 ihre Filialgeschäfte unter dem Dach der „Deutschen Buch Handels GmbH & Co KG“ betrieben. Die DBH war von der Weltbild-Insolvenz bisher nicht betroffen und gehörte je zu 50 Prozent Weltbild und zu 50 Prozent der Familie Hugendubel in München. Diese Ehe wird nun geschieden: Das Weltbild-Filialgeschäft wird aus der DBH herausgelöst. Alleiniger Gesellschafter der als „Weltbild-Plus“ bezeichneten Filialen wird die Verlagsgruppe Weltbild, alleiniger Gesellschafter der DBH wird die Familie Hugendubel. „Wir kehren zu unseren Wurzeln zurück und sind damit wieder ein echtes Familienunternehmen“, lobte gestern Nina Hugendubel die Vereinbarung als Meilenstein. Auch die 18 bisher von der DBH betriebenen Buchläden in den Karstadt-Warenhäusern verbleiben komplett bei Hugendubel. Eine Ausnahme von der Trennung ist der E-Buch-Handel „Pubbles“, an dem Weltbild und die neue DBH je 25 Prozent halten werden; die restlichen 50 Prozent gehören dem Medienkonzern Bertelsmann.

    Die Weltbild-Filialen werden künftig von einer eigenen Gesellschaft geführt (Weltbild-Plus). Diese reichte gestern umgehend Insolvenzantrag ein. Dies teilte das Amtsgericht Augsburg mit. Das Insolvenzverfahren wird dabei als sogenanntes Schutzschirmverfahren durchgeführt. Dieses recht neue, spezielle Insolvenzverfahren sieht eine Sanierung in Eigenverantwortung vor. Das heißt, die bisherigen Geschäftsführer von Weltbild-Plus bleiben im Amt.

    Betroffen von der Spaltung der DBH sind bundesweit weit über 3000 Mitarbeiter. Rund 2000 davon arbeiten bei Hugendubel, rund 1400 in den bundesweit aktuell 220 Weltbild-Filialen, von denen 24 unter der Marke „Jokers“ laufen. Der Vertriebsgeschäftsführer der Weltbild-Filialen, Hans-Jürgen Junker, informierte die Mitarbeiter am Vormittag über die Insolvenz. „Unsere Mitarbeiter werden ihr Geld pünktlich zum Monatswechsel auf dem Konto haben“, sicherte Junker zu. Drei Monate lang gebe es Insolvenzgeld. „Auch der Verkauf in den Filialen geht ganz normal weiter“, sagte er.

    Hinter den Kulissen besteht aber kein Zweifel, dass es zu Einschnitten im Weltbild-Filialnetz kommen wird. In Branchenkreisen gilt nur die Hälfte der Läden als profitabel. Im Herbst hatte bereits Weltbild-Chef Carel Halff im Interview mit unserer Zeitung Schließungen angekündigt. „Jede Filiale muss sich rechnen“, sagte er damals. Denkbar ist, dass rund 100 Weltbild-Filialen verloren gehen. Als Vorteil eines Schutzschirmverfahrens gilt, dass Mietverträge einfacher gekündigt werden können. Ähnlich ist bereits die Augsburger Schuhkette Leiser vorgegangen. Auch können Arbeitsverträge leichter aufgelöst werden.

    Genau dies befürchtet nun die Gewerkschaft. „Ich sehe es mit Sorge, dass das Schutzschirmverfahren dazu dienen könnte, Mitarbeiter möglichst schnell und billig abzubauen“, sagte Betriebsrat Boßmann. Ziel müsse der Erhalt der Weltbild-Filialen sein. „Eine gute Programmauswahl und gute Beratung bringen den Buchhandel nach vorne, nicht das Totsparen.“ Er setze darauf, dass sich die mit 120 bis 150 Quadratmeter überschaubaren Weltbild-Filialen „relativ leicht in die Gewinnzone führen lassen“.

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