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Brauereien: Auch Riegele betroffen: Warum Bürokratie das Bier teurer macht

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Auch Riegele betroffen: Warum Bürokratie das Bier teurer macht

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    Brauereien haben so viele Auflagen, dass Bier teurer wird.
    Brauereien haben so viele Auflagen, dass Bier teurer wird. Foto: Britta Pedersen, dpa

    Sebastian Priller ist Juniorchef der Brauerei Riegele in Augsburg. Sie braut in historischen Gebäuden in der Nähe des

    Riegele-Chef Priller kann 21 Beauftragte für seinen Betrieb nennen

    Für viele staatliche Vorschriften müssen Unternehmen einen Beauftragten benennen, der die Dinge im Auge behält. Sebastian Priller zeigt eine Liste an Zuständigen, die er für seinen Betrieb mit rund 130 Mitarbeitern braucht. Es gibt einen Beauftragten für Arbeitssicherheit, einen Brandschutzbeauftragten, einen Leiter- und Regale-Beauftragten, einen Ausbildungsbeauftragten, einen Hygienebeauftragten… Die Liste ist viel länger.

    Sebastian Priller kommt auf 21 Beauftragte. Als er die dazugehörigen Verordnungen vorliest, könnte er im Kabarett auftreten. Doch Priller ist nicht zum Lachen zumute, für ihn ist Bürokratie ein Problem. Natürlich sei es wichtig, zum Schutz der Mitarbeiter Vorsichtsmaßnahmen zu treffen, sagt er. „Wir strengen uns an, die Vorschriften zu erfüllen.“ Aber angesichts der Fülle an Regeln stoßen die Bemühungen an Grenzen. „Wer danach sucht, wird immer eine Lücke finden“, sagt Priller. Dazu kommen die Kosten, die durch die Regeln anfallen.

    Sebastian Priller-Riegele ist Junior-Chef der Brauerei Riegele.
    Sebastian Priller-Riegele ist Junior-Chef der Brauerei Riegele. Foto: Silvio Wyszengrad

    In Deutschland müssen Unternehmen derzeit rund 90.000 Vorschriften beachten, sagt Andreas Kopton, Präsident der Industrie- und Handelskammer Schwaben. Die Bürokratiekosten der deutschen Wirtschaft haben im Jahr 2018 50,2 Milliarden Euro betragen. Das deckt sich mit den Zahlen des Statistischen Bundesamtes.

    Riegele-Chef: Selbst Behörden tun sich schwer mit den Regeln

    Bürokratie ist seit vielen Jahren ein Thema in der Wirtschaft. Der Staat hat einige Versuche unternommen, sie zu vereinfachen. Tatsächlich seien zwischen 2006 und 2011 die Kosten für die Bürokratie gesunken, seither steigen sie wieder, sagt Kopton. Die Unternehmer treibt das Thema derzeit verstärkt um. Das habe die Kammer gemerkt, als sie ein Stimmungsbild unter ihren Mitgliedern einholte, berichtet der stellvertretende Hauptgeschäftsführer Markus Anselment. „Es hat in der Unternehmerschaft gebrodelt“, sagt er. Für Brauerei-Chef Priller sind die Gesetze Hindernisse im täglichen Geschäft.

    Einmal, berichtet er, wollte er sein Craft-Bier „Robustus“ als „Kräftiges Vergnügen bewerben“. Dagegen gab es Einspruch, weil es nicht die nötige Stammwürze eines Starkbiers erreichte. Ein anderes Mal diskutierte er mit den Behörden, ob bestimmte Angaben auf dem Flaschenetikett fett gedruckt, kursiv oder unterstrichen dargestellt werden sollten. „Selbst die Behörden waren sich nicht sicher, was wir tun sollten“, erinnert sich Priller. Zudem sei es ein Kostenfaktor, wenn er 21 Beauftragte für Schulungen von der Arbeitszeit freistellen muss. „Dies alles nimmt uns Geschwindigkeit, Flexibilität und Kapital, das wir zum Investieren brauchen“, sagt Priller.

    Die IHK Schwaben hat 118 Unternehmen befragt, wo sie sich weniger Bürokratie wünschen würden. Am häufigsten genannt wurde die Datenschutzgrundverordnung, die sich ursprünglich gegen Konzerne wie Facebook richten sollte, heute auch Mittelständler trifft. Als weitere Punkte fordern die Unternehmen, Meldungen an die amtlichen Statistikbehörden zu vereinfachen oder die Aufbewahrungsfristen für Akten zu senken.

    Konjunktur: Zu viel Bürokratie wird als eines der größten Probleme gesehen

    Zehn Jahre lange müsse er Unterlagen aufbewahren, berichtet zum Beispiel Hermann Hutter, der den Günzburger Spieleverlag Huch! und mehrere Einzelhandelsgeschäfte betreibt. „In unserem Lager stehen deshalb allein hundert Paletten mit Akten“, berichtet er. Dafür setzt er 5000 bis 10.000 Euro Lagerkosten im Jahr an. Dazu kommen rund 10.000 Euro für einen Datenschutzbeauftragten. „Für dieses Geld könnte man auch einen halben Arbeitsplatz schaffen“, meint Hutter.

    Am Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hat sich Heiner Röhl mit der Bürokratie beschäftigt. Er bestätigt, dass die Bürokratiekosten die letzten Jahre nicht gesunken seien. „In jedem Fall ist es eine Belastung“, meint Röhl. In manchen Bereichen könne diese auch gravierend sein. Röhl nennt die Baukosten als Beispiel: „Im innerstädtischen Bereich kann man praktisch nur noch teure Wohnungen bauen, da die Regulierung mit jeder Energieeinsparverordnung und durch den Brandschutz immer schärfer geworden ist“, sagt er. „Ich denke, dass wir in einigen Bereichen über das Ziel hinausgeschossen sind.“ In Skandinavien, den Niederlanden und noch Großbritannien gelinge es oft besser, EU-Regeln so umzusetzen, dass die Kosten im Rahmen bleiben.

    Auch die Bundesregierung ist auf das Thema aufmerksam geworden. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) arbeitet derzeit an einem neuen Bürokratieentlastungsgesetz. Eine richtige Entlastung würde es bringen, für jedes neue Gesetz ein altes Gesetz zu streichen, das sich überholt hat, meint die IHK Schwaben.

    Sebastian Priller ist überzeugt, dass gerade jetzt der Dschungel an Regeln ausgelichtet werden sollte: „Wir können uns zu viel Bürokratie nicht leisten, denn unsere Konjunktur steht an einem Wendepunkt“, sagt er. Denn am Ende, berichtet Priller, macht Bürokratie selbst das Bier teurer: „Wir stehen in einem extremen Wettbewerb. Kostensteigerungen müssen deshalb leider an Kunden weitergegeben werden.“

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