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Bonität: Der Druck auf die Euro-Retter steigt

Bonität

Der Druck auf die Euro-Retter steigt

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    Frankfurt am Main Jetzt bangt sogar Deutschland um seine Spitzenbonität: Die US-Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P) hat auf einen Schlag die Kreditwürdigkeit von 15 Staaten der Eurozone unter verschärfte Beobachtung gestellt – auch die sechs Staaten mit der Topnote AAA sind betroffen.

    Warum sind Bonitätsnoten für ein Land wichtig?

    Die Noten der drei führenden Agenturen S&P, Moody’s und Fitch sind maßgeblich für die Finanzierungskosten der Staaten am Kapitalmarkt. Je besser die Bonitätsnote, desto günstiger ist das Zinsniveau, zu dem ein Land Geld aufnehmen kann.

    Gilt diese Faustregel immer?

    Es gibt Ausnahmen: Die USA haben trotz immenser Verschuldung und einer Herabstufung durch S&P im Sommer nach wie vor keine Probleme, günstig Mittel einzusammeln. Die weltgrößte Volkswirtschaft gilt weiter als „sicherer Hafen“, weil der US-Dollar die globale Leitwährung ist und die Notenbank Fed bereit ist, ihn in unbegrenzten Mengen zu drucken. Diese Quasi-Versicherung gegen einen Zahlungsausfall für US-Staatsschulden überzeugt internationale Gläubiger bislang noch – zumal die Alternativen rar sind.

    Welche Konsequenzen hat die S&P-Drohung für die Euro-Länder mit der Top-Bonität AAA?

    Die Wahrscheinlichkeit liegt nun S&P zufolge bei 50 Prozent, dass die sechs betroffenen Euro-Staaten ihre Bestnote in den nächsten 90 Tagen verlieren. Neben Deutschland sind das Frankreich, Österreich, Luxemburg, Finnland und die Niederlande. Frankreich, das seit Längerem unter Abwertungsdruck steht, könnte sogar gleich um zwei Stufen abgesenkt werden. Für die Euro-Rettung wäre dies äußerst brisant: Mit Frankreich wackelt die zweitwichtigste Finanzierungssäule des Euro-Rettungsfonds. Für den EFSF hätte ein Verlust der Spitzenbonität weitreichende Folgen.

    Was wird ohne Top-Rating aus dem Euro-Rettungsschirm?

    Die Bestnoten sind Voraussetzung, damit der Krisenfonds mit maximaler Schlagkraft agieren kann. Eine Herabstufung der wichtigsten Geldgeber Deutschland und Frankreich würde auch die Bewertung des EFSF gefährden und damit das Aus des Rettungsschirms in seiner bisherigen Konstruktion bedeuten.

    Wie begründet S&P das Vorgehen?

    Der Ratingagentur zufolge haben die Probleme im Euro-Raum ein Maß erreicht, das die Währungszone als Ganzes unter Druck setzt. S&P kritisiert auch unkoordiniertes und unentschlossenes Handeln der Politiker. Es gebe zudem das Risiko, dass die Euro-Zone 2012 in die Rezession rutsche. Auch Deutschland könnte nach Einschätzung der Agentur in den Abwärtssog geraten.

    Ist der Rundumschlag der Ratingagentur angebracht?

    Experten sind sich uneins: Die Commerzbank-Analysten bezeichnen den Vorstoß als „aggressiv“, aber vertretbar. Er unterstreiche, „dass es in dieser Krise kein Entrinnen gibt – nicht einmal für die absoluten Top-Credits in der Euro-Zone“. Folker Hellmeyer, Chefanalyst der Bremer Landesbank, hat kein Verständnis. Angesichts der jüngsten Entspannung in der Schuldenkrise liefere S&P in seiner Begründung „schlichtweg und ergreifend Unwahrheiten“.

    Warum droht S&P direkt vor dem EU-Gipfel mit Abstufungen?

    Damit sollen die Euro-Retter unter Handlungsdruck gesetzt werden. S&P weist darauf hin, dass die Gipfel-Ergebnisse entscheidend für die weitere Bewertung der Länder der Euro-Zone seien. Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy könnte die Drohung in die Karten spielen. Merkel liefert sie Argumente dafür, die europäischen Verträge zugunsten von mehr Haushaltsdisziplin und automatischen Schuldenbremsen zu ändern. Sarkozy stärkt sie innenpolitisch den Rücken, um den Sparkurs zu forcieren. (dpa)

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