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Börse: Delivery Hero: Was steckt hinter dem Dax-Aufsteiger?

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Delivery Hero: Was steckt hinter dem Dax-Aufsteiger?

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    Kein Deutschlandgeschäft und rote Zahlen: Trotzdem ist Delivery Hero in den Dax aufgestiegen.
    Kein Deutschlandgeschäft und rote Zahlen: Trotzdem ist Delivery Hero in den Dax aufgestiegen. Foto: Britta Pedersen, dpa

    Die Rakete hat abgehoben und steigt steil nach oben: Mit diesem Symbol feiert der Essenslieferdienst Delivery Hero auf seiner Homepage die Aufnahme in den Dax. Im Deutschen Aktienindex ersetzt das Unternehmen am kommenden Montag den von Skandalen gebeutelten Zahlungsdienstleister Wirecard.

    Wer auf den roten Kasten mit der Rakete klickt, gelangt zur Mitteilung des Konzerns und wird über den Aufstieg von Delivery Hero in den Dax informiert - alles auf Englisch. Obwohl der Essenslieferdienst seinen Hauptsitz in Berlin hat, versteht sich Delivery Hero vor allem als internationaler Akteur: Das einstige Start-up betreibt in mehr als 40 Ländern Bestellplattformen für Essen lokaler Anbieter und beschäftigt 25.000 Mitarbeiter aus über 100 Nationalitäten - davon laut eigenen Angaben 1500 in Berlin.

    Das Deutschlandgeschäft hat Delivery Hero verkauft 

    Wenn die Mitarbeiter aus dem Berliner Hauptquartier an der Oranienburgerstraße sich in ihrer Mittagspause Essen liefern lassen, wird das aber wohl nicht von ihren eigenen Fahren geliefert, sondern von einem Konkurrenten. Bestellungen deutscher Kunden nimmt das Unternehmen seit vergangenem Jahr nicht mehr entgegen: Das Deutschlandgeschäft mit den Marken Pizza.de, Lieferheld und Foodora wurde verkauft. Der niederländische Konkurrent Takeaway hat es für rund eine Milliarde Euro gekauft und in seine eigene Plattform Lieferando eingegliedert. Mehr als die Hälfte seines Umsatzes hat Delivery Hero 2019 im Nahen Osten und Nordafrika gemacht. Auch in Asien ist Delivery Hero stark. Im dritten Quartal peilt das Unternehmen den Eintritt in den japanischen Markt an.

    Der Schwede Niklas Östberg hat Delivery Hero 2011 mitgegründet und führt es heute. Das Geschäftsmodell ist einfach: Auf seiner Plattform vermittelt der Konzern Lieferdienste zwischen Restaurants und deren Kunden. Das meiste Geld stammt aus Provisionen, die die teilnehmenden Restaurants bezahlen. Allerdings betreibt Delivery Hero auch eigene Lieferdienste und Großküchen und hat neben Mahlzeiten auch Lebensmittel, Blumen, Elektronikwaren und Arzneimittel im Programm.

    Delivery Hero profitiert von der Corona-Pandemie

    Nach seiner Gründung weckte das einstige Start-up durch sein rasantes Wachstum das Interesse von Investoren. Im Frühjahr 2015 stieg Rocket Internet ein, 2017 ging Delivery Hero an die Börse. 2020 zählt es zu den Profiteuren der Corona-Pandemie. Weil sich immer mehr Menschen Pizza, Curry oder Sushi nach Hause liefern ließen, verdoppelte der Konzern im zweiten Quartal die Anzahl seiner Bestellungen im Vergleich zum Vorjahr. Daraufhin schraubten die Berliner ihre Umsatzerwartungen in die Höhe: Statt 2,4 bis 2,6 Milliarden prognostizieren sie nun Erlöse zwischen 2,6 und 2,8 Milliarden.

    Profitabel ist Delivery Hero dennoch nicht: Das Unternehmen schreibt noch rote Zahlen. Im ersten Halbjahr lag der um Sonderposten bereinigte Verlust vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen nach vorläufigen Zahlen bei 319,5 Millionen Euro. Die endgültige Halbjahresbilanz folgt am 27. August. Wann das laufende Geschäft die Kosten decken könnte, lässt das Unternehmen bislang offen.

    Der Markt der Lieferdienstleister ist hart umkämpft. Große Unternehmen kaufen reihenweise kleine Konkurrenten auf. Delivery Hero selbst hat kurz vor Weihnachten 2019 den südkoreanischen Kontrahenten Woowa Brothers zu großen Teilen übernommen.

    Hoher Konkurrenzdruck in der Lieferbranche

    Von Seiten der Gewerkschaften kommt immer wieder Kritik an den Arbeitsbedingungen in der Lieferbranche: "Der Druck auf die Fahrerinnen und Fahrer ist groß und die Bezahlung niedrig. Immer wieder wird auch von Trinkgeld berichtet, das nicht bei den Fahrern ankommt", erklärt ein Sprecher der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten. Die Situation der deutschen Fahrer habe sich aber aufgrund des Drucks von Betriebsräten und Gewerkschaften gebessert. "In anderen Ländern herrschen in der Branche noch immer oft ziemliche Wild-West-Methoden. Da wird Digitalisierung mit Ausbeutung verwechselt."

    Der 40-jährige Östberg zweifelt jedoch nicht an seinem Konzept: "In zehn Jahren ist es viel billiger, gesünder und leckerer, sich Essen kommen zu lassen, als selbst zu kochen", sagte er vor rund einem Jahr der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Kochen sei dann nur noch ein Hobby prognostiziert Östberg. (mit dpa)

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