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Bilanzbetrug: Finanzminister Scholz ist sich im Wirecard-Skandal keiner Schuld bewusst

Bilanzbetrug

Finanzminister Scholz ist sich im Wirecard-Skandal keiner Schuld bewusst

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    Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) muss sich in der Wirecard-Affäre unangenehmen Fragen stellen.
    Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) muss sich in der Wirecard-Affäre unangenehmen Fragen stellen. Foto: Michael Kappeler, dpa

    Um den Fall Wirecard zu verstehen, hilft ein Blick ins Jahr 2012. Der damalige Unions-Fraktionsvize Michael Meister (CDU) schlug die Einrichtung einer europäischen Ratingagentur vor, um die Vormacht amerikanischer Agenturen wie Fitch oder Moody’s zu durchbrechen und mehr Transparenz auf den Finanzmärkten zu bekommen. Meister stieß mit seiner guten Idee auf viel Zuspruch. Umgesetzt wurde sie allerdings nie. Es scheiterte vorgeblich am Geld, vor allem aber, weil eine solche Ratingagentur am Ende von Politik und der Wirtschaft doch nicht gewollt war. Man sonnt sich gerne im Lichte sogenannter Global Player auf dem Finanzsektor und schaut lieber nicht so genau hin, um den schönen Schein nicht zu zerstören. Wie bei Wirecard.

    Vier Stunden lang stellte sich Bundesfinanzminister Olaf Scholz am Mittwochabend dem Finanzausschuss des Bundestages. Dessen Mitglieder wollen herausfinden, was Scholz und andere in der Regierung wann über die Unregelmäßigkeiten beim Zahlungsdienstleister wussten. Der SPD-Politiker habe sich bemüht, die Fragen an ihn zu beantworten, berichten Teilnehmer der nichtöffentlichen Sitzung. Scholz redete, wie er es zum Leidwesen seiner Zuhörer oft tut: leise und manchmal undeutlich. So, dass zwischendurch der Mikrofonpegel hochgefahren wurde, um die Ausführungen des Ministers überhaupt verstehen zu können. Deren Zusammenfassung kann kurz ausfallen: Scholz ist sich keiner Schuld bewusst. Er habe alles Erforderliche in die Wege geleitet, erklärte er.

    Ein Untersuchungsausschuss im Wirecard-Skandal scheint weniger wahrscheinlich

    Auf „unschuldig“ plädierte vor dem Ausschuss auch Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier. Er habe die Fragen „sehr präzise, sehr konkret“ beantworten können, sagte der CDU-Politiker. Während bei Scholz noch einige Fragen offen blieben – einen Fragenkatalog der Abgeordneten will er bis zum 10. August beantworten –, scheint Altmaier aus dem Schneider zu sein. Vorwürfe, er habe die an sein Ministerium angedockte Abschlussprüferaufsichtsstelle (Apas) nicht im Griff, konnte der Minister Teilnehmern zufolge entkräften. Die Apas leitete früh ein Vorermittlungsverfahren zu Wirecard ein, das reguläre Verfahren läuft derzeit noch.

    Als Konsequenz will Scholz die Aufsicht über Finanzdienstleister und Banken reformieren. Es könne nicht sein, dass teils derselbe Wirtschaftsprüfer 20 Jahre lang an gleicher Stelle tätig sei. Doch wer mit dem Finger auf andere zeigt, zeigt bekanntlich mit einigen Fingern auf sich. Enge Beziehungen zur Finanzwelt kommen auch bei Spitzenpolitikern regelmäßig vor. Man erinnere sich nur an Lars Windhorst, der Mitte der 90er Jahre im Alter von 18 Jahren von Ex-Kanzler Helmut Kohl unter die Fittiche genommen wurde und zum Wirtschafts-Wunderknaben avancierte.

    Wenn die Opposition beklagt, dass Scholz sich erst mit Wirecard beschäftigt habe, als das Thema hochgekocht sei, dann gilt das mit dem Fingerzeigen auch für Grüne und FDP. Im Jahr 2002 etwa wurde öffentlich, dass die Comroad AG des gebürtigen Franken Bodo Schnabel Scheingeschäfte getätigt und den Börsenwert künstlich bis auf 1,2 Milliarden Euro aufgeblasen hatte. Liberale und die Grünen hätten während ihrer Regierungsbeteiligungen Schranken bauen können, um solche Fälle zu unterbinden.

    Im Wirecard-Skandal mehren sich bei FDP und Linksfraktion die Forderungen nach einem Untersuchungsausschuss. Wahrscheinlicher scheint aber, dass es im August eine weitere Sondersitzung des Finanzausschusses gibt.

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