Zum Beispiel die Ausbildung zum Lokführer bei der DB Regio AG Kempten. Stellenangebot Nummer 158-314314-873431, Start 1. September. Genaue Bezeichnung: "Eisenbahner im Betriebsdienst Fachrichtung Lokführer/Transport (w/m/d)." Ein Lokführer sitzt ganz vorne, steuert den Zug durch blühende Landschaften, bei Sonnenuntergang. Fährt auf Schlösser zu, an Burgen vorbei. Eisenbahner, ist das nicht ein Traumberuf?
Obwohl es in 24 Tagen losgehen könnte, steht das Job-Angebot immer noch in der Lehrstellenbörse der Industrie- und Handelskammer (IHK). Es ist eines von tausenden. Junge Leute können sich ihre erste Stelle heute oft genauso akribisch aussuchen wie früher Unternehmen ihre Azubis. Ob Kauffrau für Büromanagement in Augsburg oder Verfahrensmechaniker für Kunststoff- und Kautschuktechnik in Röthenbach im Allgäu: Wer sucht, findet meist den Job, den er möchte.
Vielleicht findet man den Job nicht in der Nähe, aber man findet ihn
Das sagt zumindest Thomas Schörg, Sprecher der IHK Schwaben: "Vielleicht findet man den Job nicht in der Nähe, aber man findet ihn." Die IHK betreut 130 verschiedene Ausbildungsberufe, die knapp 5000 Betriebe anbieten. In der IHK-Lehrstellenbörse gibt es noch 500 offene Stellen für Schwaben. "Die Chancen für Bewerber stehen unverändert gut", sagt Schörg. Bisher sind von den Unternehmen aus Handel, Industrie und Dienstleistung 6000 neue Ausbildungsverhältnisse gemeldet worden. "Die Zahl wird in den nächsten Wochen noch steigen", sagt Schörg. Trotz der pandemiebedingten Wirtschaftskrise und Kurzarbeit bei 20.000 Unternehmen in der Region sind 85 Prozent der Ausbildungsabschlüsse des Vorjahres erreicht.
Da geht in den nächsten Wochen noch mehr, sagt Schörg. Es gebe wegen Corona eine Verzögerung bei den Abschlüssen von sechs bis acht Wochen. Eine Ausbildung beginnen kann man auch noch im Oktober oder November. "Noch später anfangen wird aber schwierig. Dann hat der Unterricht in der Berufsschule schon begonnen", sagt Schörg. Besonders Absolventen einer Realschule beginnen eine Ausbildung. Regionale Unterschiede zwischen den Bezirken der IHK Schwaben (Augsburg, Donauwörth, Kempten) was die Verfügbarkeit von Ausbildungsplätzen angeht, gebe es nicht, sagt Schörg. Eher sei das von Kreis zu Kreis der Fall. Was Oberbayern angeht, sind laut IHK im Kreis Landsberg noch 285 Ausbildungsstellen unbesetzt, im Kreis Neuburg-Schrobenhausen sind es 231.
700 Stellen sind in der Lehrstellenbörse der Handwerkskammer Schwaben eingestellt
Auch im Handwerk ist die Lage für Schulabsolventen ähnlich gut. Bäcker, Friseur, Metzger, Schreiner – gut 700 Stellen sind in der Lehrstellenbörse der Handwerkskammer (HWK) Schwaben noch eingestellt. Sie ist ein Indikator des Marktes und zeigt Trends. Auch wenn Betriebe nicht verpflichtet sind, dort offene Ausbildungsplätze einzustellen. Doch wer junge Leute erreichen möchte, ist im Internet präsent. Über die App Lehrstellenradar können Jugendliche sogar Kontakt zu Betrieben aufnehmen. Die HWK bündelt 130 Handwerksberufe.
Ein Ausbildungsstart ist laut HWK bis Februar 2021 möglich. Über 2300 Azubis fangen aber überwiegend im Herbst an. Die Zahl liegt nur um gut 100 unter der des Vorjahres. HWK-Geschäftsführer Ulrich Wagner sagt: "Das ist für diese Krisenzeit ein top Ergebnis. Die HWK hat nach dem Lockdown mit digitalen Formaten gearbeitet und Schüler, Eltern sowie Schulen auf die Attraktivität der Handwerksberufe hingewiesen."
Das oberbayerische Handwerk liegt bei den Abschlüssen deutlicher unter dem Niveau des Vorjahres. Bis Juli wurden dort rund 4550 Ausbildungsverträge abgeschlossen. Das sind fast 15 Prozent weniger als zum Stichtag des Vorjahres. In den nächsten Wochen könnte sich aber noch viel tun. Also gilt auch für das Handwerk: Wer noch einen Job sucht, bekommt ihn.
Bei Feneberg in Kempten sind noch ein Drittel der Jobs zu haben
Fleischer, Florist, Schilder- und Lichtreklamehersteller: Das sind drei von acht Ausbildungsberufen, die von der Feneberg Lebensmittel GmbH mit Sitz in Kempten angeboten werden. Ein Drittel der 159 Stellen ist noch frei. Die Corona-Pandemie hat allerdings keinen Einfluss auf die Bewerberzahlen, heißt es von Unternehmensseite. Bei Feneberg, 3200 Mitarbeiter, gab es dieses Jahr die gleichen Probleme, Auszubildende zu finden, wie in Vorjahren. Etwa dass es junge Leute eher an Schulen anstatt in Betriebe zieht.
Feneberg-Mitarbeiterin Sonja Kehr, 39, sagt: "Was sich verändert hat, ist, dass wir nicht an Lehrstellenbörsen teilnehmen konnten, da diese abgesagt wurden." Die Suche nach Auszubildenden fand stattdessen online statt. Besonders Berufe, die derzeit noch unbesetzt sind – wie Fleischer, Mechatroniker für Kältetechnik – seien Berufe, die sich durch persönlichen Kontakt und Gespräche mit Schülern in der Vergangenheit gut besetzen ließen, sagt Kehr. "Das fehlt dieses Jahr."
In einem Jahr, das anders ist als viele andere. In dem sogar Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier Betriebe dazu aufrief, auszubilden. Auch die Bundesregierung versucht mit dem Programm "Ausbildungsplätze sichern", das Anfang August startete, zu helfen. Für jeden neu abgeschlossenen Ausbildungsvertrag erhalten kleine und mittelständische Betriebe, die coronabedingt in Schwierigkeiten geraten sind und gewissen Voraussetzungen erfüllen, eine einmalige Prämie von 2000 Euro. 3000 Euro gibt es für Unternehmen, die ihre Ausbildungsplatzzahl erhöhen.
Azubis einstellen, Azubis übernehmen scheint den Unternehmen trotz der Wirtschaftskrise wichtig zu sein. Eine Ausbildung ist eine Investition in die Zukunft. Ein Mittel gegen den Fachkräftemangel. Wer als Bewerber geographisch keine Einschränkungen macht, hat noch mehr Auswahl. Die deutschlandweite Lehrstellenbörse der IHK hat 30.000 freie Plätze.
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