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Bayern: Konjunktur stockt: Metall- und Elektroindustrie bereitet Kurzarbeit vor 

Bayern

Konjunktur stockt: Metall- und Elektroindustrie bereitet Kurzarbeit vor 

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    In der Industrie läuft es nach vielen glänzenden Jahren nicht mehr so gut. Die Metall- und Elektrobranche in Schwaben ist besorgt.
    In der Industrie läuft es nach vielen glänzenden Jahren nicht mehr so gut. Die Metall- und Elektrobranche in Schwaben ist besorgt. Foto: Monika Skolimowska, dpa (Archiv)

    US-Präsident Donald Trump streitet sich mit Chinas Staatschef Xi Jingping über Handelszölle. Der neue britische Premierminister Boris Johnson steuert sein Land auf einen Brexit ohne Austrittsabkommen zu. Die türkische Lira ist im freien Fall. Alles weit weg? Nicht wirklich. Es gibt eine Zahl, die sehr eindrücklich zeigt, warum solche Wirtschaftsnachrichten aus aller Welt gerade für die Region bedeutend sind. Die Zahl lautet 56 Prozent: Mehr als die Hälfte aller mittelständischen Unternehmen in Bayern – und auch in der Region – treiben Handel mit Firmen in anderen Ländern. Diese Zahl geht aus einer Studie hervor, die das Forschungsinstitut Forsa im Auftrag der Commerzbank erstellt hat.

    Auf Platz eins der Exportländer liegen die USA, knapp dahinter folgt China. Danach kommen Österreich und Italien und auf dem fünften Platz das Vereinigte Königreich. Eine Rangfolge, die Frank Humbach, Leiter des Firmenkunden-Geschäfts der Commerzbank in Augsburg, überrascht. In der Vergangenheit, sagt er, sei Großbritannien deutlich weiter vorne gelandet. „Da zeigt der Brexit deutliche Spuren.“ Und auch der Abstand zwischen China und den

    Viele Waren aus Bayern gehen in die USA und nach China

    Der bayerische Mittelstand – also Unternehmen mit einem Umsatz zwischen zwei Millionen und 500 Millionen Euro im Jahr – hat 2018 Waren im Wert von knapp 21,3 Milliarden Euro in die USA exportiert. In die Volksrepublik gingen Waren im Wert von knapp 16,9 Milliarden Euro.

    Kein Wunder also, dass die bayerischen Unternehmer in der Umfrage häufiger als ihre Kollegen im Bundesgebiet angaben, von den Handelskonflikten bedroht zu sein. Ähnliches trifft nach Humbachs Einschätzung für Schwaben zu. Der Grund: Das produzierende Gewerbe ist hier stärker vertreten als in anderen Regionen Deutschlands, wo etwa Dienstleistungsunternehmen überwiegen. Und wer produziert, verkauft seine Waren oft ins Ausland.

    Die bayerische Metall- und Elektroindustrie schlug am Donnerstag jedenfalls bereits Alarm. Die Konjunktur kühle sich deutlich ab, für die Zukunft überwiegt bei den Unternehmen Pessimismus. „Die bayerische Metall- und

    Markus Partik, Vbw und Bayme: „Beschäftigungsanstieg wird sich wohl vorerst nicht fortsetzen“

    Der Abschwung trifft bisher vor allem die Industrie – vor allem die Metall- und Elektroindustrie. Hier fällt die Produktion in den ersten fünf Monaten dieses Jahres über fünf Prozent niedriger aus als im Vorjahr, berichtete Partik. Besonders drastisch ist der Einbruch in der Auto- und Zulieferindustrie. Dort sei die Produktion um 16 Prozent gefallen. Interessant ist, dass die schwäbischen Unternehmen die Lage besser einschätzen als in ganz Bayern. Offenbar kommt der Region zugute, dass der Mittelstand stark ist und es einen ausgewogenen Mix an Branchen gibt. Trotzdem könnten die besten Zeiten am Arbeitsmarkt vorbei sein.

    „Der Beschäftigungsanstieg in der schwäbischen Metall- und Elektroindustrie wird sich wohl vorerst nicht fortsetzen“, sagte Partik. In den Betrieben werden Arbeitszeitkonten abgebaut, die Zeitarbeit werde massiv zurückgefahren. „In unseren Geschäftsstellen häufen sich die Anfragen zur Kurzarbeit“, berichtete er. „Der Stellenabbau hat begonnen“, fasste Partik es zusammen. Die Lage sei dabei aber gespalten: Während sich Firmen auftragsbedingt von Leiharbeitern trennen, bleibt zugleich der Fachkräftemangel ein Thema. Spezialisten, Facharbeiter und Azubis seien weiterhin heiß begehrt.

    Was ist zu tun? Das größte Problem für die Unternehmen seien nicht die internationalen Konflikte, sondern die Planungsunsicherheit, die sie mit sich bringen, sagt Commerzbank-Experte Humbach. „Unternehmer müssen wissen, auf was sie ihr Geschäft aufbauen.“ Er sieht deshalb die Politik in der Verantwortung, endlich klare Vorgaben zu machen. „Das Schlimmste, was den Unternehmen passieren könnte, wäre ein weiterer Stillstand in der Großen Koalition.“ Es müsse Bewegung ins Land kommen, sowohl bei wichtigen Infrastrukturfragen wie auch bei einer klaren Positionierung bei industriepolitischen Interessen Deutschlands. Denn: „Wenn die weltweiten Konflikte nicht gelöst werden, sind wir deutlich durch die exportgetriebene Wirtschaft angreifbar“, warnt Humbach.

    Metall- und Elektroarbeitgeber fordern flexiblere Arbeitszeiten und einfachere Tarifverträge

    Die Frage ist: Ist die momentan eingetrübte Stimmung in der Wirtschaft nur eine kleine Delle, oder steuern wir auf eine Rezession zu? Humbach hat darauf eine klare Antwort – und auch die liegt nicht in bayerischer Hand. „Das Rennen wird in China entschieden“, sagt er. Geht es in China bergauf, profitieren Unternehmen auf der ganzen Welt – auch in der Region. Verstricken sich die Wirtschaftsmächte China und USA aber immer tiefer in ihren Konflikt, wird es schwierig.

    Die Metall- und Elektroarbeitgeber haben bereits klare Vorstellungen, an welchen Stellschrauben die deutsche Regierung und die Tarifpartner drehen müssten, damit das Land wettbewerbsfähig bleibt: Die Verbände Bayme und Vbm pochen unter anderem auf weniger komplizierte Tarifverträge, den Ausbau digitaler Netze und die Absenkung der Unternehmensteuern auf international wettbewerbsfähige 25 Prozent. Sie erhoffen sich auch mehr Flexibilität bei den Arbeitszeiten. Gut wäre zudem ein niedrigerer Strompreis, der von Steuern und Abgaben entlastet wird, sagt Partik.

    Für ihn ist die Zeit gekommen, in der das Land über Reformen nachdenken müsse. „Der Standortwettbewerb nimmt wieder Fahrt auf“, sagt Partik. „Wir aber haben in den vergangenen Jahren an Wettbewerbsfähigkeit verloren.“

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