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Batteriefabrik-Standort: Als Trostpflaster sollen Millionen nach Augsburg und Ulm fließen

Batteriefabrik-Standort

Als Trostpflaster sollen Millionen nach Augsburg und Ulm fließen

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    In Ulm wird bereits an Batteriezellen geforscht, die Stadt galt als Favorit für eine neue Forschungsfabrik. Das Haus von Bildungsministerin Karliczek entschied sich allerdings für Münster als Standort. 
    In Ulm wird bereits an Batteriezellen geforscht, die Stadt galt als Favorit für eine neue Forschungsfabrik. Das Haus von Bildungsministerin Karliczek entschied sich allerdings für Münster als Standort.  Foto: Stefan Puchner, dpa (Symbolbild)

    Die Kränkung sitzt tief in der süddeutschen Autoregion. Ausgerechnet Münster hat Augsburg und Ulm bei der Forschungsfabrik für Batteriezellen ausgestochen. Münsterland – das klingt für Bayern und Schwaben eher nach Landmaschinen denn nach der Zukunft des Automobils. Um die erhitzten Gemüter zu beruhigen, will Bundesforschungsministerin Anja Karliczek auch an die unterlegenen Städte Millionen verteilen. „Da die Batterieforschung und -herstellung nur in Deutschland gemeinsam den Aufholprozess erfolgreich abschließen kann, werden wir die anderen Kompetenzzentren fördern“, erklärte die CDU-Politikerin.

    Karliczek hat aus ihrem Etat 500 Millionen Euro für die Batterieforschung zur Verfügung. Nun soll nicht der gesamte Betrag nach Münster fließen, sondern nur der Großteil. Die anderen fünf Kompetenzzentren können ebenfalls mit Geld rechnen. Neben Augsburg und Ulm sind das Dresden, Salzgitter und Itzehoe. Wie viel sie bekommen werden, ist noch offen. Noch in dieser Woche wird Karliczek Gespräche führen. Nur mit Augsburg und dem Freistaat ist noch kein Termin gefunden.

    Ulm galt als aussichtsreichster Kandidat

    Für Karliczek ist der handfeste Streit um die Forschungsfabrik delikat, wenn nicht sogar gefährlich. Schließlich stammt sie aus dem Umland von Münster, ihr Wahlkreis liegt nur 30 Kilometer von der Universitätsstadt entfernt. Vorwürfe, sie habe ihrer Heimat den Hauptgewinn zugeschanzt, sind laut geworden. Die 48-Jährige verteidigt sich damit, dass die Fachebenen aus Forschungs- und Wirtschaftsministerium die Entscheidung gefällt hätten. „Naturgemäß konnte nur ein Bewerber den Zuschlag erhalten.“

    Als sicherer Sieger galt lange Ulm. Eine Expertenkommission hatte die Stadt noch vergangene Woche zum geeignetsten Kandidaten erklärt. Grundstück und Gebäude standen in Ulm schon bereit. Nur rund 90 Kilometer nördlich hat mit Varta der größte deutsche Batteriezellenhersteller seinen Sitz. Das Pfund der Bewerbung könnte jedoch als Nachteil gewirkt haben. „

    Karliczeks Fachleute haben einen Plan für Augsburg

    Wie aus Karliczeks Hause zu hören ist, konnte Augsburg nicht überzeugen, weil Studenten und Wissenschaftler jeden Tag aus München hätten pendeln müssen. Bislang ist die Forschung dort konzentriert. „Bayern hat nur eine alte Halle versprochen“, erklärte ein Beamter. Den Vorwurf dürfte man in Augsburg nicht gern hören. Das Konzept sah vor, das bisherige Fujitsu-Werk zu nutzen, das ab September schrittweise stillgelegt wird – ein Gelände, das bei den zuständigen Stellen in Augsburg aufgrund von Lage und Ausstattung als äußerst geeignet galt. Augsburgs Wirtschaftsreferentin Eva Weber bedauert es „sehr, dass Bayern hier nicht zum Zuge kam“. Sie wünsche sich nun, „dass der gemeinsame bayerische Aufschlag trotzdem zündet und wir gemeinsam die in Bayern und Augsburg vorhandenen Kompetenzen adäquat nutzen und weiterentwickeln“.

    Karliczeks Fachleute haben in jedem Fall schon einen Plan für Augsburg: Sie sehen am Lech künftig zwar keine direkte Forschung an den Akkus, stattdessen soll ein Zentrum für den Leichtbau von Autos entstehen. Diese Spezialisierung soll mit dem Bau von Batterien verbunden werden.

    Ministerpräsidenten fordern erneute Prüfung der Standorte

    Aus den übergangenen Ländern regt sich trotz der Versprechungen Widerstand. Die Ministerpräsidenten von Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachsen beschwerten sich in einem Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) über die Entscheidung Karliczeks. "Mit der Entscheidung für Münster, die wohl einen langwierigen Aufbau neuer Strukturen nach sich zieht, wird wertvolle Zeit im Wettlauf gegen Deutschlands Wettbewerber verloren", heißt es in dem Schreiben an Merkel, das derDeutschen Presse-Agentur vorlag. 

    Deutschland könne es sich nicht erlauben, die an den Standorten Ulm, Augsburg und Salzgitter vorhandenen Potenziale in Zukunft ungenutzt zu lassen. Die Regierungschefs Markus Söder (CSU/Bayern), Winfried Kretschmann (Grüne/Baden-Württemberg) und Stephan Weil (SPD/Niedersachsen) fordern Merkel auf, die Standortentscheidung nochmals zu prüfen und die fachlichen Gründe der Entscheidung "transparent und nachvollziehbar" darzulegen. (mit schsa/dpa)

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