Die Enttäuschung in Ulm sitzt immer noch tief. Nicht der von vielen Experten favorisierte Standort auf dem Eselsberg, sondern Münster bekam vor über 14 Tagen den Zuschlag vom Bundesministerium für Bildung und Forschung für eine 500 Millionen Euro schwere Förderung einer Batterieforschungsfabrik. Nun besuchte Ministerin Anja Karliczek (CDU) auf Einladung der Ulmer Bundestagsabgeordneten Ronja Kemmer (CDU) verschiedene Teilbereiche der Ulmer Batterieforschung. Und hinterließ erneut enttäuschte Gesichter.
Ulms Bürgermeister Gunter Czisch: „Viele Fragen offen“
„Wir sind in der Wissenschaftswelt völlige Transparenz gewohnt“, sagte Universitätspräsident Professor Michael Weber. Und die gebe es nach wie vor nicht bei der Entscheidung über die Forschungsfabrik. „Viele Fragen bleiben offen“, kommentierte auch Ulms Oberbürgermeister Gunter Czisch. Zuvor hatte Karliczek versucht zu erläutern, warum ausgerechnet Münster den Zuschlag bekam. Eine Gründungskommission sei eingesetzt worden, um aus den sechs Kandidaten einer geschlossenen Ausschreibung – Ulm, Augsburg, Münster, Salzgitter, Dresden und Itzehoe – den besten Kandidaten auszuwählen. Eine Gründungskommission mit Vertretern der Industrie hätte ursprünglich eine Rangliste erstellen sollen. Doch dieses Vorhaben sei verworfen worden. Die Kommission habe sich dafür ausgesprochen, mehrere Standort „zusammenzubinden“. In der Gesamtabwägung habe Münster das beste Konzept gehabt. Details nannte die aus der Nähe von Münster stammende Politikerin nicht.
Batteriefabrik: Was in Münster gebaut werden muss, ist in Ulm schon da
„Eine merkwürdige Entscheidung“ kommentierte Professor Werner Tillmetz, der 14 Jahre als Vorstandsmitglied und Leiter des Geschäftsbereichs Elektrochemische Energietechnologien am Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung (ZSW) in Ulm war. Denn vieles, was in Münster noch gebaut werden müsse, sei in Ulm bereits vorhanden. Der Standort Deutschland verliere dadurch in einem Zukunftssegment, in dem es auf Monate und nicht Jahre ankomme. „Die Entscheidung für Münster ist eine Entscheidung gegen die Schnelligkeit“, sagte auch die Leiterin der ZSW-Batterieforschung, Margret Wohlfahrt-Mehrens. Eine Forschungsplattform für die industrielle Produktion von großen Lithium-Ionen-Zellen ist bereits seit fünf Jahren in Betrieb und sei einzigartig in Europa.
Ulms Stadtoberhaupt will nun in Zusammenarbeit mit der Industrie- und Handelskammer in Ulm die Kräfte bündeln und in Eigenregie das Thema Entwicklung von hochleistungsfähigen und umweltfreundlichen Energiespeichern der Zukunft fördern. Denn letztlich gehe es um die Zukunftsfähigkeit der deutschen Industrie und viele Arbeitsplätze. Ein entsprechendes Gebäude, das für die Forschungsfabrik vorgesehen war, gebe es ja schon. Ministerin Karliczek sagte Ulm eine weitere Unterstützung in Form eines „mittleren zweistelligen Millionenbetrags“ zu.
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